Allergologe und HNO-Arzt Dr. Mark Jakob hilft

Was Heuschnupfen-Geplagte jetzt tun können, damit der nächste Sommer besser wird

Junge Frau mit Heuschnupfen, putzt sich die Nase, Pollenallergie, Allergie / niessen, niesst, niessend
Der Heuschnupfen-Sommer war schlimm? Fangen Sie jetzt schon mit der Vorbeugung fürs nächste Jahr an.
picture alliance / Arco Images, Rudolf

von Prof. Dr. Mark Jakob

Ganz klar: 2022 ist kein gewöhnliches Jahr – auch und gerade für Allergiker nicht. Als HNO-Arzt merke ich das vor allem an der hohen Zahl von Notleidenden, die mit verstopfter Nase, juckendem Rachen und tränenden Augen in meine Allergiesprechstunde kommen. Es gibt jedoch einige Dinge, die Betroffene schon ab Herbst oder Winter tun können, damit sich ihre Symptome im kommenden Jahr schon spürbar bessern.

Mastjahr 2022: Warum so viele in diesem Sommer der Allergie-Hammer traf

Viele meiner Patienten wussten bis vor Kurzem gar nicht, dass sie allergisch auf Pollen oder Gräser reagieren. Denn die anhaltenden hohen Temperaturen, die ausbleibenden Niederschläge und die Tatsache, dass es sich um ein sogenanntes Mastjahr, also ein besonders blütenreiches Jahr, handelt, haben zu ungekannt starken Reaktionen geführt. Dadurch erfahren diese Menschen zum ersten Mal, wie belastend ein Heuschnupfen sein kann.

Andere müssen feststellen, dass ihre gewohnten Medikamente nicht mehr weiterhelfen. In einigen besonders schweren Fällen musste ich den Betroffenen sogar raten, ans Meer oder in die Berge zu fliehen, wo die Pollenbelastung sehr viel geringer ist. Ihre Lebensqualität wäre sonst zu stark eingeschränkt gewesen.

Selbst der Spätsommer konnte in diesem Super-Allergiejahr 2022 vielfach noch keine Linderung bringen.

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Allergie-Therapien: Was Betroffene schon im Herbst tun können

Einfach gesprochen gibt es zwei Möglichkeiten der Therapie gegen Heuschnupfen: Zum einen können wir die akuten Beschwerden mit Medikamenten verringern, zum anderen den Körper nach und nach an das Allergen gewöhnen. Mit Letzterem, der sogenannten Hyposensibilisierung, können Patienten jetzt schon beginnen, damit sich im kommenden Jahr schon einen Besserung der Symptome zeigt.

Die Hyposensibilisierung (kurz Hypo genannt), braucht viel Zeit, hilft dafür aber langfristig für Jahrzehnte. Hierbei wird der körpereigene Abwehrmechanismus regelmäßig, über mehrere Jahre, in kleinen Dosen mit dem Allergen konfrontiert. Dadurch lernt er, ihn nicht mehr als Bedrohung aufzufassen. Meine Erfahrung zeigt, dass diese spezifische Immuntherapie bei vielen Patienten zur dauerhaften Beschwerdefreiheit führt.

Medikamente können zudem gut im akuten Fall helfen. Dabei kommen oft sogenannte Antihistaminika in Form von Tabletten oder Nasensprays zum Einsatz. Auch ich rate meinen Patienten dazu, denn diese Mittel verhindern, dass der die Reaktion auslösende Entzündungsbotenstoff Histamin sein Ziel erreicht. Bei den meisten Pollenallergikern wirken Antihistaminika schnell und zuverlässig. Wenn man mal von einer gewissen Müdigkeit absieht, haben sie normalerweise kaum nennenswerte Nebenwirkungen. Antiallergika gibt es in verschreibungspflichtiger und frei erhältlicher Form. Sie können als Augentropfen, Nasenspray und Tabletten eingenommen werden und, falls nötig, mit einem Asthma-Spray für die Lunge kombiniert werden.

Lese-Tipp: Welche Allergie-Medikamente helfen wirklich?

Wenn man diese Mittel in Absprache mit seinem Allergologen klug kombiniert und von Jahr zu Jahr die Medikation etwas abändert, kann man als Patient sein Allergieleiden stark reduzieren.

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Pollenallergie-Test am besten im Spätherbst oder Winter machen

Vor der Therapie der Allergie steht die Diagnose. Auch sie erfolgt in der Regel beim Facharzt. Meistens wird dann ein Pricktest, ein nasaler Provokationstest oder eine Blutuntersuchung mittels eines Radio-Allergo-Sorbent-Test, kurz: RAST, durchgeführt. Während wir beim Pricktest mit oberflächlichen Stichen in die Haut und dem Auftragen spezieller Allergentropfen arbeiten, reizen wir beim nasalen Provokationstest die Nasenschleimhaut mit dem Erreger, den wir als Auslöser der Krankheit im Verdacht haben. Der RAST wiederum ist ein Bluttest, mit dem sich Antikörper, die gegen ein bestimmtes Allergen gerichtet sind, nachweisen lassen.

Alle Tests werden am besten im Spätherbst oder Winter – und damit außerhalb der Pollensaison – durchgeführt. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass zwei Wochen vor dem Testtermin die Antiallergika abgesetzt werden sollten. Das Ergebnis könnte sonst verfälscht sein. Außerdem kommt es in Ausnahmefällen zu einem Allergieschock, wenn die sowieso schon belastete körpereigene Abwehr mit den Allergenen aus dem Test überfordert ist.

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Gibt es auch Hausmittel gegen eine Pollenallergie?

Im weiteren Sinne: Ja. Schließlich können Allergiker mit einem vorausschauenden Verhalten viel zu ihrem Wohlbefinden beitragen. In erster Linie geht es natürlich darum, den Kontakt mit den Erregern zu vermeiden. So schwer es also auch fällt: Bei starkem Pollenflug kann es klüger sein, den Tag daheim zu verbringen, als mit Freunden in der freien Natur unterwegs zu sein.

Zur Einschätzung des Risikos für Aktivitäten an der freien Luft kann ich Allergiker-Apps empfehlen. Sie zeigen das Ausmaß der Belastung in der eigenen Region für jede einzelne Pollenart an.

Da Pollen sich gerne in der Kleidung oder den Haaren festsetzen, bietet es sich außerdem an, zu Hause einen Bereich, idealerweise das Schlafzimmer, zu isolieren. Schlüpfen Sie bei Ihrer Rückkehr also am besten schon im Flur in Sachen, die Sie nur zu Hause tragen, und waschen Sie sich kurz die Haare ab oder nehmen Sie gleich eine Volldusche.

Daneben raten wir Allergologen unseren Patienten gerne dazu, ihre Wäsche drinnen zu trocknen und Pollenschutzgitter vor den Schlafzimmerfenstern anzubringen. Auch eine Nasendusche, mit der sich die Pollen aus Nase und Nasennebenhöhlen herausspülen lassen, ist ein wirksames Hilfsmittel. Und: Lüften Sie kurz den isolierten Bereich am besten abends oder am frühen Morgen, wenn die Pollenlast am geringsten ist.

Wir wissen heute außerdem, dass es Faktoren gibt, die einen negativen Einfluss auf den Ausbruch und den Verlauf einer Allergie haben. Zu denen, die Allergiker selbst in der Hand haben, zählt das Rauchen. Setzen Sie sich also bitte weder aktiv noch passiv dem Zigarettenqualm aus.

Das effektivste Mittel, für das es weder Arzt noch Apotheker braucht, entzieht sich allerdings unserem Einfluss, denn kaum etwas hilft Allergikern besser als ein kräftiger Regenschauer, der die Pollen zu Boden spült und unschädlich macht.

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Doktor Jakobs Hausmittel-Tipps für Allergiker

  • Meiden Sie bei starkem Pollenflug Aktivitäten an der frischen Luft
  • Kontrollieren Sie die Pollenbelastung mit einer Allergiker-App
  • Duschen Sie sich kurz ab, wenn Sie nach Hause kommen oder zu Bett gehen
  • Spülen Sie die Pollen mit einer Nasendusche aus der Nase und den Nebenhöhlen
  • Halten Sie daheim einen Bereich, am besten das Schlafzimmer, so pollenfrei wie möglich
  • Betreten Sie diesen Bereich nicht mit Straßenkleidung
  • Lüften Sie das Schlafzimmer am besten kurz abends oder am frühen Morgen

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Warum wird das mit den Allergien immer schlimmer?

Dass immer mehr Menschen immer stärker unter Allergien leiden, ist leider nicht bloß ein Eindruck, sondern eine Tatsache, mit der meine Kollegen und ich im Praxisalltag konfrontiert sind. Allergien können außerdem in jedem Alter neu auftreten. Es ist gar nicht selten, dass Frauen und Männer jenseits der 60 zu mir kommen, die mir glaubhaft versichern, nie zuvor mit einer Pollenallergie zu tun gehabt zu haben.

Umwelteinflüsse und der Klimawandel spielen dabei sicherlich eine Rolle. Die Blütephasen der Pflanzen haben sich verlängert und die Pollen sind aggressiver geworden. Dass die Atemwege, etwa durch Feinstaub, permanent einer starken Belastung ausgesetzt sind, macht sie außerdem anfälliger.

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Hinzu kommen hochallergene eingewanderte Pflanzen wie die ursprünglich in Nordamerika beheimatete Ambrosia. Zu allem Überfluss blüht dieses Kraut bis in den Oktober hinein. Ambrosia sorgt also nicht nur für besonders starke Beschwerden bei Allergikern, sondern auch dafür, dass die Zeit des Jahres, in der sich die Atemwege erholen können, kürzer ist.

Bei diesen verstärkenden Entwicklungen ist erst mal keine Besserung in Sicht. Dennoch sollten Betroffene nicht verzweifeln. Früh und vorausschauend therapiert, lässt sich ein Heuschnupfen meist gut in den Griff bekommen.

Prof. Dr. med. Mark Jakob ist Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde sowie Spezialist für Allergologie, Schlafmedizin und plastische Operationen. Im Bereich der plastischen Gesichtschirurgie liegen seine Schwerpunkte auf ästhetischen Nasenkorrekturen und funktionellen Nasen-OPs, etwa an Nasenscheidewand und Nasennebenhöhlen. Für RTL schreibt er in seinen regelmäßigen Kolumnen über die Gesundheitsthemen, die ihm in seinem Praxisalltag begegnen.