Frau ist doch nicht die Mörderin
Freispruch! Mutter 218 Tage unschuldig in Haft - ohne ihr Baby

Sieben Monate sitzt Yulady L. im Gefängnis, getrennt von ihrem neugeborenen Sohn. Das alles, weil sie einen Mann aus Habgier brutal ermordet haben soll. Doch jetzt ist klar: Die 38-Jährige ist unschuldig und hat ein Alibi!
Erklärung für DNA-Spuren und Alibi
Die Staatsanwaltschaft war sich doch eigentlich sicher: Yulady L. war im neunten Monat schwanger, als sie im Mai 2022 einen 67-jährigen Restaurantbesitzer in seinem eigenen zu Hause ausgeraubt und getötet haben soll. Zum Prozessauftakt heißt es, dass die damals schwangere Frau den Mann zu Boden gebracht haben soll. Dabei hätte sie dem 67-Jährigen mehrere Rippen gebrochen und ihn letztendlich erstickt.
Doch schon am ersten Prozesstag spricht viel gegen die Kolumbianerin als Täterin: In der Wohnung des Toten findet die Polizei Wertgegenstände und Bargeld. Habgier als Motiv scheidet also aus! Und die Frau hat zur Tatzeit ein Alibi, denn sie hat als Reinigungskraft in einem Hostel gearbeitet. Für die DNA-Spuren am Tatort hat die Verteidigung ebenfalls eine Erklärung: Yulady L. hat fünf Tage vor der Tat in der Wohnung des Ermordeten zur Probe gearbeitet, um sich als Haushälterin zu bewerben. Doch trotz der vielen Ungereimtheiten wird Yulady L. nicht aus der Untersuchungshaft entlassen.
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Mutter von Sohn getrennt: Baby sei traumatisiert
Dabei dachte die Mutter, dass sich alles schnell als ein Irrtum herausstellen würde. Als die Frau in die Untersuchungshaft gebracht wird, wird ihr sechs Monate alter Sohn dem Jugendamt übergeben. Schon beim Prozessauftakt heißt es im Protokoll, dass der Junge seit der Trennung von seiner Mutter traumatisiert sei und mit dem Kopf gegen die Gitterstäbe des Bettes schlagen würde.
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Daher möchte die 38-Jährige ihr Baby zu sich holen. „Wir haben die entsprechenden Anträge gestellt und die wurden zurückgewiesen mit der Begründung, es entspricht nicht dem Kindeswohl in die JVA zu seiner Mutter zu kommen“, erklärt Verteidigerin Fenna Busmann. Stattdessen kommt der Sohn in vier verschiedene Betreuungseinrichtungen.
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Yulady L. bekommt eine Haftentschädigung
Die Wende im Verfahren bringt schließlich ein Privatgutachten, das die Verteidigerinnen in Auftrag geben. Und das bestätigt: Die am Tatort gefundene DNA könnte tatsächlich fünf Tage vor der Tat dorthin gelangt sein.
Daher hat das Landgericht Hamburg die 38-Jährige jetzt freigesprochen. Der zuständige Richter bedauere, dass die Angeklagte unschuldig in Haft saß und sagt, es sei beängstigend, dass der Täter immer noch auf freiem Fuß ist. Yulady L. bekommt für die Zeit in der Untersuchungshaft eine Entschädigung von rund 16.000 Euro. Aber das Vertrauen in den deutschen Rechtsstaat habe die Mutter verloren, sagen ihre Verteidigerinnen.
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