RKI gibt "Unsicherheit" bei Impfquote zu

Sind doch schon mehr Menschen geimpft als gedacht?

Impfzentrum
Zahlreiche Impflinge warten in einer Schlange in den Messehallen in Hamburg auf ihre Impfung.
deutsche presse agentur

Mehr als die Hälfte der Deutschen ist bereits durchgeimpft, hat also seine zweite Covid-19-Impfung erhalten und ist immunisiert. 62,5 Prozent (Stand: 10. August 2021) haben eine erste Dosis verabreicht bekommen. Trotzdem stehen Zweifel beim Thema Herdenimmunität im Raum: Erreichen wir diese in Deutschland überhaupt? Das Robert Koch-Institut (RKI) hat neue Daten vorgelegt. Das Ergebnis: Die Impfquote könnte doch schon höher sein als gedacht.
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Wird die tatsächliche Impfquote unterschätzt?

Das RKI gibt bei der Interpretation von Impfquoten-Daten „eine gewisse Untersicherheit“ zu. Mehrere Überlegungen legten nahe, dass die Meldungen im sogenannten Digitalen Impfquotenmonitoring (DIM) die Impfquoten vermutlich unterschätzen, wie aus einem aktuellen RKI-Report hervorgeht. Vor allem in der Altersgruppe der jungen Erwachsenen und auch bei Erwachsenen im mittleren Alter könnten schon mehr Menschen eine erste Impfung bekommen haben, als offiziell verzeichnet.

Das DIM berücksichtig Meldungen von Impfzentren, Krankenhäusern, mobilen Impfteams und mittlerweile auch Betriebsmedizinern. Laut RKI fließen zudem Daten der niedergelassenen Ärzte und Privatärzte ein. Zusammen sind sie Grundlage für das sogenannte Impfdashboard. Daneben gibt es noch eine weitere RKI-Erhebung namens Covimo, für die Impfquoten anhand von Befragungen hochgerechnet werden.

In der jüngsten Covimo-Erhebung, die von Ende Juni bis Mitte Juli durchgeführt wurde, hat sich unter rund 1000 Erwachsenen laut Report eine Diskrepanz zum DIM ergeben. Die Quote der mindestens einmal Geimpften fiel dabei „um einiges höher“ aus, besonders in der Altersgruppe der 18- bis 59-Jährigen: Während in der Befragung 79 Prozent angaben, geimpft zu sein, waren es laut Meldesystem 59 Prozent. Die Autoren des Reports schreiben, dass die tatsächliche Impfquote voraussichtlich zwischen den Werten beider Quellen liege.

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Die Zahl der Erstgeimpften könnte deutlich höher sein

„In Bezug auf die Impfquoten zu vollständig Geimpften lag hingegen kein wesentlicher Unterschied vor“, heißt es im Report. Eine gewisse Untererfassung in solchen Überwachungssystemen gilt für Fachleute auch als erwartbar.Es werden verschiedene Erklärungsansätze angeführt. Ein Punkt ist die Erfassung der Impfungen mit Johnson & Johnson, bei denen nur eine Dosis für den vollen Schutz vorgesehen ist. Vertragsärzte meldeten diese Immunisierungen ausschließlich als zweite Impfdosen, zudem sei keine Zuordnung von Impfstoff und Altersgruppe möglich, erläutert das RKI. Inzwischen ist in den DIM-Daten ein Hinweis zu finden, dass die Impfquoten der mindestens einmal geimpften Erwachsenen nach Altersgruppe „systematisch zu niedrig ausgewiesen“ werden.

Im Report heißt es darüber hinaus, dass bisher nur etwa die Hälfte der beim Meldesystem registrierten Betriebsärzte Impfungen über die Webanwendung meldeten. „Dies könnte ein Hinweis auf eine Untererfassung der Impfquoten durch DIM sein.“

Die RKI-Fachleute diskutieren weitere denkbare Einflussfaktoren: etwa potenzielle Verzerrungen in der Befragung, die zu einer Überschätzung der Quote führen könnten. So sei etwa anzunehmen, dass Menschen, die Impfungen befürworten, eher mitmachen als Verweigerer. Auch Menschen ohne ausreichende Deutschkenntnisse hätten nicht an den Interviews teilnehmen können. Für beide Aspekte geben die Autoren aber zu bedenken, dass dann auch bei den vollständig Geimpften eine größere Abweichung zwischen den Quellen hätte auftreten müssen.

Was Mut macht: In dem Bericht zur Befragung heißt es, dass demnach 91,6 Prozent impfbereit oder bereits geimpft seien. „Die Covid-19-Impfbereitschaft der Bevölkerung liegt auf einem hohen Niveau.“

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CDU-Gesundheitspolitiker Erwin Rüddel bezeichnet die neuen RKI-Daten im ntv-Interview als „positive Meldung.“ Dass „wahrscheinlich mehr Menschen geimpft sind, als wir geglaubt haben“, könne er – anhand einer persönlichen Begegnung – quasi so unterschreiben: „Ich hab das selber letzte Woche in meinem Wahlkreis erlebt, dass ich von einem Arzt gefragt worden bin, wohin er die Impfungen melden müsste. Das hat mir gezeigt: eigentlich sind wir besser, als wir glauben.“

Nicht nur die Tatsache, dass mehr Menschen bereits eine erste Impfdosis erhalten haben, ist ermutigend: Rüddel geht davon aus „dass wir auch mehr Genesene haben als derzeit statistisch angegeben wird.“ Somit wären in der deutschen Bevölkerung noch mehr Menschen gegen Covid-19 immunisiert. „Meiner Meinung nach – mit den Entscheidungen der Ministerpräsidenten-Konferenz und den Informationen des RKI – können wir uns auf den Weg machen, die Pandemie im September auslaufen zu lassen.“ (dpa/vdü)

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