Ergebnisse der Ministerpräsidentenkonferenz

Bund beteiligt sich mit zwei Milliarden Euro an Flüchtlingskosten

Deutschland will ukrainischen Flüchtlinge helfen. So viel war schnell klar. Weniger klar und heftig umstritten: Wer was bezahlen soll. Jetzt gibt es eine Verständigung zwischen Bund und Ländern.
Lese-Tipp: Alle aktuellen Informationen rund um den Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit im Liveticker

Flüchtlinge bekommen ab 1. Juni staatliche Grundsicherung

 L-R Ministerpraesident von Nordrhein-Westphalen Hendrik Wuest, Bundeskanzler Olaf Scholz, die Regierende Buergermeisterin von Berlin Franziska Giffey wahrend einer Pressekonferenz nach der Beratungen mit den Chefinnen und Chefs der Laendern zur aktuellen Lage der Corona-Pandemie im Kantleramt in Berlin am 7. April 2022. PK nach der Beratung mit den Laender zur aktuellen Lage der Corona-Pandemie *** L R Minister President of North Rhine-Westphalia Hendrik Wuest, Chancellor Olaf Scholz, the Governing Mayor of Berlin Franziska Giffey during a press conference after the consultations with the heads of the states on the current situation of the corona pandemic at the Kantleramt in Berlin on April 7, 2022 PK after the consultations with the sta
Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen Hendrik Wüst, Bundeskanzler Olaf Scholz und die Regierende Bürgermeisterin von Berlin informieren über die Beschlüsse.
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Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sollen ab dem 1. Juni staatliche Grundsicherung erhalten, also die gleichen Leistungen wie etwa Hartz-IV-Empfänger. Darauf haben sich Bund und Länder am späten Donnerstagabend nach zähen Verhandlungsstunden geeinigt. Sie werden damit anerkannten Flüchtlingen gleichgestellt, ohne eine Asylverfahren durchlaufen zu müssen. „Das ist auch folgerichtig“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Für die Kriegsflüchtlinge hat das Vorteile:

  • Sie erhalten höhere Leistungen und eine bessere Gesundheitsversorgung.

  • Außerdem bekommen sie früher Unterstützung bei der Integration in den Arbeitsmarkt und haben mit den Jobcentern eine zentrale Anlaufstelle für ihre Belange.

Für diese Lösung hatten sich unter anderem die Kommunen auch stark gemacht, weil der Bund die Ausgaben für die Grundsicherung trägt. Der Bund wird sich auch maßgeblich an den Kosten für die Unterkunft beteiligen. Bislang und bis Juni erhalten Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die sich an die Behörden wenden, auch schon Unterstützung - nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Mit der Entscheidung für die Grundsicherung seien nicht alle finanziellen Belastungen für Länder und Kommunen abgegolten, sagte Scholz. „Deshalb werden wir den Ländern pauschal zwei Milliarden Euro für dieses Jahr zur Verfügung stellen, wovon 500 Millionen gedacht sind für die Kommunen, um ihre zusätzlichen Kosten für die Unterkunftsfinanzierung abzusichern, die nicht bereits abgedeckt sind durch die Grundsicherung für Arbeitssuchende.“

Der Bund fühle sich auch verantwortlich für bereits angefallene Kosten bei Ländern und Gemeinden, so Scholz. Mit 500 Millionen will der Bund sich an bereits entstandenen Ausgaben für die Lebenshaltung der Geflüchteten beteiligen. Eine Milliarde Euro des Bundes ist vorgesehen als Beteiligung an den übrigen Kosten der Länder, etwa für Kinderbetreuung und Schule sowie Gesundheits- und Pflegekosten.

Bund und Länder wollen sich für schnelle Anerkennung von Berufsabschlüssen einsetzen

ARCHIV - 09.03.2022, Bayern, München: Ein Schild in den Farben der Ukraine mit der Aufschrift "Welcome" ist am Hauptbahnhof zu sehen. Im Hintergrund werden Flüchtlinge aus der Ukraine nach ihrer Ankunft von Mitarbeitern der Caritas und freiwilligen Helfern empfangen. Doch auch im vermeintlich sicheren Deutschland drohen Gefahren. Hilfsorganisationen warnen, dass geflüchtete Frauen Opfer von Zwangsprostitution oder Ausbeutung werden könnten und  setzen deshalb auf Aufklärung. (zu dpa «Ausbeutung oder gar Gewalt - Wenn geflüchtete Frauen zu Opfern werden») Foto: Sven Hoppe/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Die Zahl der Ukraine-Flüchtlinge in Deutschland liegt deutlich über 300.000. Allein die Bundespolizei hat nach Angaben des Bundesinnenministeriums bisher 316.453 erfasst. Allerdings können Ukrainer visumsfrei einreisen, so dass die tatsächliche Zahl der Schutzsuchenden höher liegen dürfte.
shp exa cor, dpa, Sven Hoppe

Die Europäische Union hat entschieden, für die Aufnahme der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine erstmals die sogenannte Massenzustrom-Richtlinie zu aktivieren. Diese sieht vor, dass die Schutzsuchenden keinen Asylantrag stellen müssen, sondern erst einmal einen Aufenthaltstitel für ein Jahr erhalten und arbeiten dürfen. Eine Verlängerung auf bis zu drei Jahre ist möglich.

Bei reglementierten Berufen, für deren Ausübung also eine bestimmte in Deutschland anerkannte Qualifikation nötig ist, wollen sich Bund und Länder für eine schnelle und einheitliche Anerkennung ukrainischer Abschlüsse einsetzen. Bei anderen Tätigkeiten soll eine Selbsteinschätzung der Geflüchteten zu ihren Qualifikationen ausreichen.

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Scholz: "Niemand von uns ist gegenwärtig in der Lage eine realistische Vorhersage zu machen"

Eine Prognose, wie viele Flüchtlinge aus der Ukraine letztlich nach Deutschland kommen werden, sei nach wie vor schwierig, sagte der Kanzler. Es könne sein, dass der “heiße Krieg“ nicht lange weitergehe und viele Menschen zurückkehrten. „Es kann aber auch ganz anders kommen. Und niemand von uns, überhaupt niemand, ist gegenwärtig in der Lage, darüber eine realistische Vorhersage zu machen. Deshalb müssen wir uns für alle Fälle wappnen. Und das haben wir heute gemacht.“

In dem Beschluss hieß es, Bund und Länder wollten die Registrierung derjenigen, die in Deutschland blieben, beschleunigen und „optimieren“. Dazu gehöre auch, technische Probleme der IT schnellstmöglich zu beheben. Der Bund will die Länder bei der Registrierung mit Personal und Ausstattung unterstützen. Bei der Erfassung gehe es neben Ukrainern auch um Angehörige anderer Staaten, heißt es in dem Papier. „Eine Registrierung ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Gewährleistung nationaler Sicherheitsinteressen geboten.“

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Zügige Verteilung der Geflüchteten innerhalb von Deutschland

Bund und Länder halten laut Beschluss eine zügige Verteilung der Geflüchteten innerhalb Deutschlands für nötig. „Das gilt auch für die Verteilung von den Städten in ländliche Regionen.“ Der Bund soll die Verteilung koordinieren und die Zielländer informieren.

Auf die Frage, ob diese Versorgung der Flüchtlinge eine Verteilung in Europa erschweren werde, sagte der Kanzler: „Natürlich bemühen wir uns um eine solidarische Verteilung der Flüchtlinge in Europa.“ Er sehe auch Bereitschaft der Staaten dazu. (eku mit dpa)

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