40-Jähriger drohte, Baby zu missbrauchen

Urteil gegen Sexterror-Anrufer geplatzt: Anwalt fordert trotz Geständnis plötzlich Freispruch

Sex-Anrufer
Sebastian M. (40) während des Prozesses vor dem Döbelner Amtsgericht.
RTL

Im Gerichtssaal ist Sebastian M. (40) Dauergast. Schon zweimal saß der Mann aus Döbeln (Sachsen) im Knast, am Freitag sollte gegen ihn das Urteil in zwei weiteren Fällen gesprochen werden – schon wieder ging es um sexuelle Droh-Anrufe. Doch sein Anwalt ließ das Urteil vor dem Amtsgericht Döbeln platzen. Offenbar mit voller Absicht, wie RTL-Reporter Frank Vacik berichtet.

Mann aus Döbeln ist seit 24 Jahren polizeibekannt

Sebastian M. füllt die Polizeiakten schon seit fast 24 Jahren. 1998 wird er das erste Mal wegen Beleidigung verurteilt, es folgen eine Vorstrafe wegen Exhibitionismus und ab 2016 unzählige Fälle von Sex-Anrufen. Er belästigt Frauen und deren Kinder am Telefon sexuell und droht ihnen mit Vergewaltigung. In einem Fall geht es sogar um ein Baby.

Nach der Haft macht Sebastian M. mit den Terror-Anrufen weiter

Vor Gericht räumt Sebastian M. alle Tatvorwürfe ein, erntet dafür sogar ein Lob von der Richterin. "Positiv ist zu werten, dass der Angeklagte mit seinem Geständnis vielen Geschädigten die Aussage erspart hat", sagt sie damals. Doch die Haft zwischen Herbst 2020 und Sommer 2021 bringt nicht die erhoffte Besserung – im Gegenteil: Der 40-Jährige greift erneut zum Hörer und ruft nachts etwa bei Apotheken und Krankenkassen an, bedroht unbekannte Frauen.

"Eine Zeugin hat geschildert, Geräusche wahrgenommen zu haben, die darauf schließen lassen, dass der Angeklagte an sich herummanipulierte", erklärt die Richterin im Prozess vor dem Döbelner Amtsgericht. Und auch dieses Mal sucht der Sex-Anrufer keine Ausreden, gesteht die Taten. Die Anrufe seien ein Hilferuf, weil er als Kind missbraucht worden sei, sagt M. zu einem Gutachter.

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Richterin: Anwalt hat Geständnis des Sex-Anrufers widerrufen

Die Urteilsverkündung am Freitag – nur ein Routinetermin? Keineswegs, denn Sebastian M.s Anwalt fordert überraschend einen Freispruch für den 40-Jährigen. "Die Taten sind nicht erweisen. Ich fordere Freispruch beziehungsweise die Einstellung des Verfahrens", erklärt der Verteidiger. Die Staatsanwaltschaft hat zuvor drei Jahre und zehn Monate Haft gefordert.

Die Folge: Es gibt kein Urteil. Drei neue Prozesstage (ab 29. Juli) werden festgesetzt und alle 24 Zeugen aus dem gesamten Bundesgebiet noch einmal geladen. Mit der Forderung habe der Verteidiger das Geständnis seines Mandanten widerrufen, argumentiert die Richterin.

Prozess in Döbeln: Verteidiger spielt offenbar auf Zeit

Sex-Anrufer Döbeln Prozess Anwalt
Ließ der Anwalt des Sex-Anrufers das Urteil mit Absicht platzen? Er behauptet, sein Vorgehen sei "Verteidigung, nicht Masche".
RTL

"Die Prozessbeteiligten sind richtig sauer", berichtet der RTL-Reporter. "Mit der Masche will der Verteidiger offensichtlich nur auf Zeit spielen. Er kam morgens bereits lächelnd in den Gerichtssaal, wollte anfangs ein Rechtsgespräch führen und möglicherweise ausloten, ob es noch mal eine Bewährungsstrafe geben kann." Der Anwalt scheitert und will daraufhin den Prozess unterbrechen lassen, doch die Richterin weist auch diesen Antrag ab. "Danach hat er im Plädoyer plötzlich Freispruch gefordert", erklärt Frank Vacik.

Äußern will sich der Verteidiger zu seiner Strategie nicht und zischt dem Reporter nur einen Satz entgegen: "Das ist Verteidigung, nicht Masche."