Produktionsfirma zieht Konsequenzen: Schauspielerin verliert Rolle, weil sie Impfung verweigert

Darf mein Arbeitgeber verlangen, dass ich mich gegen Corona impfen lasse?

Darf mein Arbeitgeber mich zur Impfung zwingen? Rechtsanwältin schätzt ein
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Rechtsanwältin schätzt ein
Darf mein Arbeitgeber mich zur Impfung zwingen?

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Nachteile für Ungeimpfte - ist das rechtlich möglich?

Betriebsärzte dürfen Arbeitnehmer nun ebenfalls impfen. Seitdem am 7. Juni die Impfpriorisierung aufgehoben wurde, dürfen auch sie Patienten das Vakzin gegen das Coronavirus verabreichen. Doch dürfen Arbeitgeber ihre Angestellten damit auch dazu zwingen, sich impfen zu lassen?

Ein Zahnarzt aus Pfaffenhofen in Bayern etwa machte für sich und seine Angestellten einen Impftermin und erklärte diesen, die Impfung sei für das gesamte Team verpflichtend. Wer sich nicht impfen lasse, werde ohne Gehalt von der Arbeit freigestellt, schrieb der Zahnarzt seinen Mitarbeitern laut „Donaukurier“.

Die Produktionsfirma des „Steirerkrimi“ etwa zog Konsequenzen, weil sich eine Schauspielerin nicht impfen lassen wollte: Eva Herzig verlor ihre Rolle, das Drehbuch der Fernsehfilmreihe wird überarbeitet. Doch darf mein Chef mich zu einer Corona-Impfung zwingen? Das und mehr erklärt Rechtsanwältin Nicole Mutschke im Video.

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von Lauren Ramoser

In Restaurants und Bars gilt das Hausrecht

Eine Impfpflicht wird es nicht geben, das hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mehrfach betont. Dennoch könnte es sein, dass ungeimpfte Menschen erhebliche Einschränkungen im öffentlichen Leben erfahren, wenn sie sich nicht gegen Corona impfen lassen wollen.

Zwar dürfen Menschen nicht gezwungen werden, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen, es gibt für privatwirtschaftliche Unternehmen aber durchaus Möglichkeiten, die Freiheit von Ungeimpften einzuschränken. „Ja, das ist tatsächlich möglich“, bestätigt die Anwältin Nicole Mutschke im RTL-Interview. „Soweit es die Privatwirtschaft ist, können die über das Hausrecht bestimmen, wer reindarf.“

Das betrifft beispielsweise Restaurants und Kneipen, die sagen könnten: Wir bedienen hier nur Geimpfte. Das hätte für die betreffenden Einrichtungen möglicherweise den Vorteil, dass sie sich an weniger Hygienevorschriften halten müssten. Die Anwältin wirft aber ein, dass das nur der Fall sein, wenn die Bundesregierung eine entsprechende Regelung verabschieden würde.

Gegen ein solches Vorgehen könnte natürlich auch geklagt werden. „Dann ist die Frage, ob es sich um Diskriminierung handelt“, so Mutschke. „Im Diskriminierungsgesetz wird auch der Punkt Weltanschauung aufgezählt.“ Sie schätzt ein, dass man aufgrund dieses Aspekts am ehesten Aussicht auf Erfolg einer Klage hätte.

Öffentliche Verkehrsmittel: Beförderungspflicht in Deutschland

Laut Mutschke gibt es für öffentliche Verkehrsmittel in Deutschland eine generelle Beförderungspflicht. Bei Zugfahrten oder Linienflügen werde es deshalb schwierig sein, Nichtgeimpfte komplett auszuschließen. „Es ist eher die Ausnahme, dass die Bahn oder öffentliche Verkehrsmittel jemanden nicht mitnehmen dürfen. Da ist es schwieriger für die Unternehmen, das einzuschränken und zu sagen: ‘Nur wer geimpft ist, darf mitfahren.’“

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Darf mein Arbeitgeber mich zur Impfung zwingen?

"Grundsätzlich nein", sagt Anwältin Nicole Mutschke. Eine Impfung sei ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, weswegen sie sich einen Impfzwang arbeitsrechtlich nicht vorstellen könne. Handfeste Gesetze dazu gebe es allerdings noch nicht. Warum Juristen über diese Frage besonders im Zusammenhang mit medizinischen Berufen und Pflegekräften streiten, erklärt die Anwältin hier.

Arbeitgeber dürfen nach Corona-Impfung fragen

Im Vorstellungsgespräch dürfe man aber schon fragen, ob ein Bewerber geimpft sei, erklärt Nicole Mutschke. Der Arbeitgeber trage eine Fürsorgepflicht für seine anderen Arbeitnehmer. Mutschke betont, dass es sich bei diesen Einschätzungen um gesetzliches Neuland handele. „Gegen alles kann man klagen, am Ende wird ein Gericht entscheiden“, so die Anwältin.

"Medizinisch halte ich das für fragwürdig"

Privatwirtschaftliche Unternehmer können also von ihrem Hausrecht Gebrauch machen, um nur geimpfte Menschen zu bedienen. Doch Mediziner Dr. Christoph Specht stellt in Frage, ob das im kommenden Jahr wirklich sinnvoll sei. „Medizinisch gesehen halte ich das für sehr fragwürdig. Momentan können wir noch gar nicht sagen, ob der Impfstoff in der Lage ist, eine Infektion zu verhindern“ so Specht.

Selbst wenn der Impfstoff einen schweren Verlauf der Viruserkrankung verhindere, sei schlicht noch nicht klar, ob er sterile Immunität auslöst. „Das bedeutet, dass das Virus zu keinerlei Infektion führt. Genau das können wir jetzt noch nicht sagen, weil die Studie nur so angelegt war, dass sich die Testpersonen melden, wenn sie Symptome entwickeln. Wer keine Symptome hatte, wurde auch nicht getestet. Es kann aber sein, dass sie trotzdem infektiös seien“, erklärt der Mediziner die Testphase des Biontech-Impfstoffs.

Eine Sonderregelung für das öffentliche Leben mache also vorerst keinen Sinn, sagt der Mediziner. Frühestens in sechs Monaten sei klar, ob der Impfstoff eine Infektion mit dem Coronavirus tatsächlich verhindern könne. Sollte das sicher sein und sollten Millionen Menschen bereits geimpft sein, dann würden Sonderregelungen auch im Alltag sinnvoll sein, so Dr. Specht.

Darf der Arbeitgeber mir kündigen, wenn ich mich impfen lasse?

Für Anwältin Nicole Mutschke ist der Fall klar: "Das ist letztendlich mein Privatbereich. Genausowenig, wie er seine Mitarbeiter zwingen kann, sich impfen zu lassen, kann er erst recht nicht seine Mitarbeiter dazu auffordern, sich nicht impfen zu lassen", erklärt die Rechtsexpertin. Denn hier gehe es um die Freiheit und Gesundheit der Mitarbeiter. "Da sehe ich auch kein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers". Da der Forderungen, sich nicht impfen zu lassen, die rechtliche Grundlage fehle, würden dem Arbeitnehmer auch keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen drohen, so Nicole Mutschke.