"Nicht als Abkehr zu verstehen"
Bundesregierung will Inzidenz auch in Zukunft im Blick behalten

Mehr als ein Jahr lang entscheidet die Höhe der 7-Tage-Inzidenz schon über Corona-Maßnahmen, Lockdowns und Einschränkungen. Doch das RKI bereitet laut eines Medienberichts eine Kehrtwende in der Einstufung des Infektionsgeschehens vor. Die Bundesregierung bekräftigt aber, dass die Inzidenz auch in Zukunft ein wichtiger Faktor bei der Bewertung der Corona-Lage sein wird.
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Hospitalisierungsrate soll jetzt auch beurteilt werden
Die 7-Tage-Inzidenz soll ausgedient haben – zumindest wenn es darum geht, mit einem einzigen Wert das gesamte Infektionsgeschehen zu beurteilen. Laut „Bild“ überlege das RKI intern, seine Empfehlung nicht mehr nur allein von der bundesweiten Inzidenz abhängig zu machen. Dieser Vorschlag findet sich auch auf der Homepage des Robert-Koch-Instituts.
Es seien "weiterhin mehrere Indikatoren zur Bewertung notwendig, aber die Gewichtung der Indikatoren untereinander ändert sich", heißt es laut Bericht in dem RKI-Papier. Künftig wolle man auch die Hospitalisierungsrate, also die Zahl der Corona-Patienten, die in einem Krankenhaus behandelt werden müssen, miteinbeziehen.
Das RKI wolle auf den aktuellen Stand der Pandemie eingehen. Daher sei ein Grund für die veränderte Gewichtung die zunehmende Grundimmunisierung durch immer mehr Geimpfte.Dadurch gebe es immer weniger schwere Verläufe und es sei wichtig, auch die Folgen der tatsächlichen Infektionen zu bedenken.
"Inzidenz bleibt ein wichtiger Parameter"
Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums weist derweil darauf hin, dass die Sieben-Tage-Inzidenz weiter berücksichtigt werden müsse: „Die Inzidenz war nie einziger Parameter, um das Pandemiegeschehen zu beurteilen. Aber sie ist und bleibt ein wichtiger Parameter“, das sei aber „nicht als eine Abkehr von der Sieben-Tage-Inzidenz zu verstehen“.
Richtig sei aber auch, dass die Inzidenz bei steigender Impfquote an Aussagekraft verliere, fügte der Sprecher hinzu. Zumal dann, wenn die besonders vulnerablen Gruppen bereits geimpft seien. So hatte sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bereits mehrfach geäußert, zuletzt am Wochenende.
FDP-Generalsekretär Wissing für Kurswechsel
FDP-Generealsekretär Volker Wissing fordert im RTL-Frühstart, dass politische Entscheidungen nicht nur an den Inzidenzwert gekoppelt werden: „Die Inzidenzen sind natürlich ein Hinweis darauf, wie sich die Pandemie entwickelt, aber allein auf die Inzidenz zu schauen, das ist sicher nicht richtig“, sagt Wissing. In Zukunft müsse zusätzlich auf die Intensivbetten-Belegung geachtet werden. Aber auch das reiche noch nicht: „Wir müssen auch darauf achten, wie viele Menschen überhaupt hospitalisiert werden müssen“, so der FDP-Politiker.
Zudem sollten die Eigenschaften der aktuell dominanten Virus-Varianten berücksichtigt werden. „Die Ansteckungsgefahr durch die Delta-Variante ist wohl höher. Aber gegenwärtig, sagen die Fachleute, steigen die schweren Fälle nicht.“ Das müsse einfach beachtet werden.
Viele Delta-Infizierte im Krankenhaus
Das schätzt das RKI anders ein: Die Delta-Variante des Virus zieht nach Erkenntnissen des Instituts deutlich häufiger Krankenhaus-Aufenthalte nach sich als frühere Mutanten. Bei der Delta-Mutante liege die Quote der Hospitalisierung nach den vorliegenden Zahlen bei elf Prozent, sagt RKI-Präsident Lothar Wieler. Bei der Alpha-Variante liege die Quote in vergleichbaren Altersgruppen bei fünf Prozent. Dieser Unterschied sei in der Altersgruppe von 15 bis 34 Jahren besonders ausgeprägt.
RKI-Chef Lothar Wieler mahnt daher, den vollen Impfschutz in Anspruch zu nehmen. Die aktuelle Inzidenz von 6,2 sei zwar eine "sehr gute, erfreuliche Entwicklung", sagt er auf einer Pressekonferenz mit Gesundheitsminister Jens Spahn. Auf der anderen Seite verbreite sich die hoch ansteckende Delta-Variante des Coronavirus aber weiter. Daher sei es wichtig, den vollständigen Impfschutz zu haben. "Wir wissen, dass voll Geimpfte gegen schwere Erkrankungen von Delta geschützt sind", sagt Wieler. Daher sei es sehr wichtig, auch wirklich den vollen Impfschutz zu erlangen. (dpa/lra)
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