"Nur für drei Monate"
Umweltministerin Steffi Lemke erteilt Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke eine Absage
Die zuständige Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) hält es für vernünftig, die Atomkraftwerke für drei Monate weiterlaufen zu lassen. Alles darüber hinaus sei aber nicht verantwortbar, erklärt sie im Video. Ihr Koalitionspartner, die FDP, fordert aber genau das.
"Vernünftig, diese beiden Atomkraftwerke noch für einige Monate am Netz zu halten“
Die grüne Bundesumweltministerin Steffi Lemke stimmt der Ankündigung ihres Kabinettskollegen Robert Habeck zu, die Atomkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim im Frühjahr 2023 weiter zur Stromproduktion zu nutzen. Die Grünen hätten sich schon immer daran orientiert, was notwendig und was verantwortbar sei. „Ich habe schon früher gesagt, wenn diese beiden Atomkraftwerke in diesem Winter gebraucht würden, weil wir auf eine Netzinstabilität (…) hinzulaufen, dann halte ich es für vernünftig, diese beiden Atomkraftwerke noch für einige Monate am Netz zu halten“, sagte Lemke im RTL/ntv Frühstart. Das gelte natürlich nur, solange die Sicherheit gewährleistet werden könne.
Lemke: "Mehrere Jahre halte ich für nicht verantwortbar"
Wenn die Betreiber und die Atomaufsicht der Länder die Sicherheit für drei Monate gewährleisten können, dann seien drei Monate verantwortbar. Im RTL/ntv Frühstart fügte Lemke aber hinzu: „Mehrere Jahre halte ich für nicht verantwortbar, und daran orientieren wir uns, und das sollte die gesamte Bundesregierung meiner Meinung nach tun.“ Die FDP ignoriere an dieser Stelle, dass es einen relevanten Unterschied mache, ob vorhanden Brennelemente aufgebraucht würden, oder neue bestellt werden müssten. Das gelte auch, weil bei einem Weiterbetrieb eine aufwändige Sicherheitsüberprüfung anstünde.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr hatte am Abend noch gefordert, auch einen längeren Weiterbetrieb zu ermöglichen. Es brauche jetzt vor allem eine Erhöhung des Angebots auf dem Strommarkt. Dürr hatte dies zuletzt auch mit der grünen Forderung nach einer Gaspreisbremse in Zusammenhang gestellt. Im Gegenzug zur Gaspreisbremse erwarte man, dass die Grünen sich bei der Frage der Kernenergie endlich bewegten.
Umweltministerin Lemke will sich auf diesen Handel nicht einlassen. Deutschland sei nicht in der Situation, in der die Bundesregierung „ich mache nur mit, wenn du mitmachst“-Spiele zu spielen. Die grüne Seite habe unideologisch alle vernünftigen Lösungen vorbereitet. Ich denke, dass die FDP diesen Weg auch mitgehen wird“, so Lemke.
Lecks in Nordstream-Pipeline sind „extrem klimaschädlich“
Mit Blick auf die Sicherheit der Atomkraftwerke bereiten auch die Lecks an der Ostseepipeline Nord Stream 2 der Umweltministerin Sorge. Die Lecks hätten nicht auf natürliche Art und Weise entstehen können, so Lemke. Zudem wüssten wir heute, „dass Atomkraftwerke in der Ukraine Kriegsziel geworden sind“, auch das müsse bei der Frage nach der Atomsicherheit berücksichtigt werden. „Deshalb, ein kurzfristiger Weiterbetrieb ja, eine Laufzeitverlängerung nein“, sagt Lemke.
Die Lecks seien aber auch unmittelbar besorgniserregend. Eine direkte Gefährdung der Meeresumwelt gebe es bei Gas, anders als bei Öl, zwar nicht, „dieses Gas ist aber extrem klimaschädlich“, so Lemke im RTL/ntv „Frühstart“. Es trete Methan aus, das eine hohe Auswirkung auf die Klimabilanz habe. Die direkte Meeresumwelt wäre aber nur dann unmittelbar gefährdet, wenn Schiffe in Mitleidenschaft gezogen würden. Durch die weiträumige Absperrung für den Schiffsverkehr sei sie da aber „ein bisschen beruhigt.“
Über die Schuldenbremse wird weiter diskutiert
Eine direkte Konsequenz der Lecks war heute aber schon spürbar: der sprunghafte Preisanstieg für Gas. Ministerin Lemke geht davon aus, dass die drei bereits von der Bundesregierung beschlossenen Hilfspakete kurzfristig die schlimmsten Spitzen für die Bürgerinnen und Bürger abfedern können. Es werde aber permanent geprüft, ob es weitere Notwendigkeiten gebe, auch für Unternehmen.
Mit Blick darauf werde auch über die Schuldenbremse innerhalb der Bundesregierung diskutiert werden müssen. Dazu gebe es „unterschiedliche Ansichten zwischen den Koalitionspartnern“, so Lemke. Einig sei man sich aber darin, dass die Entlastungen in Form von direkten Beihilfen kommen müssten.
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