"Mit einem Fingerschnipsen stand sein Leben auf der Kippe"
Sanitäter hielt sterbendem Unfallopfer die Hand – Pressefotograf schildert bewegenden Moment

Es sind Bilder, die unter die Haut gehen – und deren Bedeutung dem Blaulicht-Fotografen erst auf den zweiten Blick bewust werden!
Sanitäter eilen noch zu dem Schwerverletzten hin, der Augenblicke später sterben wird. Sie halten seine Hand, reden ihm gut zu. Es ist ein tragischer, wenn auch alltäglicher Einsatz - auch für den Blauchlicht-Fotografen Morris Pudwell. Dennoch lässt ihn der Horror-Unfall auf dem Müggelheimer Damm bei Berlin-Köpenick nicht gleich los. Im RTL-Interview schildert er, warum ihn der Unfall so sehr bewegt hat – und wie sich Unfälle mit Toten und Schwerverletzten auf sein Leben auswirken.
Sanitäter halten Sterbendem die Hand: „Mit einem Fingerschnipp stand sein Leben auf der Kippe“
Morris Pudwell kommt oft er erst dann zum Einsatz, wenn es für viele Menschen bereits zu spät ist. Immer mit dabei: seine Kamera. Sie ist sein wichtigster Begleiter – nimmt auf, was man später mit Entsetzen in der Zeitung oder in der Nachrichten-App auf dem Smartphone liest. Schwere Unfälle, Brände, Mord und Totschlag sind sein Geschäft. Leichen, ausgebrannte und in Teile gerissene Autowracks: Routine. Und doch – es gibt Fälle, die mehr unter die Haut gehen als andere. Wie der Unfall auf dem Müggelheimer Damm in Berlin-Köpenick. „Das Auto stand mitten im Wald. Ich bin ein bisschen zur Seite gegangen – aus Pietätsgründen und um den Einsatzkräften nicht im Weg zu stehen. Dann habe ich wie immer meine Arbeit gemacht“, schildert der Berliner. Er knipst Bilder vom Autowrack, hält die Szenen des Unfalls fest. Dann fängt er einen sehr bewegenden Moment mit der Kamera ein. Es ist ein Schnappschuss, die Bedeutung wird ihm erst später klar. Ein Helfer hält die Hand des Schwerverletzten. Er spricht dem Unfallopfer Mut zu – da ist der Autofahrer offenbar noch bei Bewusstsein.
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„Bis dahin war es für mich ein normaler Einsatz. Als der Schwerverletzte dann aber aus dem Auto herausgeholt wurde und auf der Trage lag, ging es ihm von Sekunde zu Sekunde schlechter. Mit einem Fingerschnipsen stand sein Leben auf der Kippe. Die Einsatzkräfte haben eine Herzdruckmassage gemacht. Und dann bekomme ich mit, wie plötzlich alles vorbei ist“, sagt Pudwell im RTL-Interview. Nach dem Einsatz sichtet er die Fotos auf seinem Computer – wählt das aus, auf dem zu sehen ist, wie der Helfer dem Mann die Hand hält. Diese Szene, die Empathie der Rettungskräfte – bei dem erfahrenen Blaulicht-Fotografen löst das etwas aus. Ob der Sanitäter da schon wusste, dass der Mann sterben wird, wisse er nicht, sagt Pudwell. Und: „Dass man das so mitbekommt, wie schnell alles vorbei sein kann, das hat mich berührt. Das war ein emotionaler Moment.“
Im Video: Helfer hält sterbendem Unfallopfer die Hand!
Horror-Unfall in Berlin: „Man muss auch ein bisschen gefestigt sein“
Über diesen Vorfall denkt Pudwell ein bisschen länger nach, als sonst. Seit inzwischen sieben Jahren arbeitet er als Blaulicht-Fotograf. „Vor Ort mache ich meinen Job. Ich knipse die Bilder, schließe dann aber damit ab. Würde ich alle Schicksale und Verkehrsunfälle im Kopf behalten und mit nach Hause nehmen, wäre das nicht gut. Man muss in seinem Job auch ein bisschen gefestigt sein“, sagt er im Gespräch mit RTL.
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Sanitäter oder Feuerwehrleute können bei schweren Einsätzen psychologische Hilfe in Anspruch nehmen – für ihn als Blaulicht-Fotografen gibt es diese Option von berufswegen nicht. Mit den tragischen Bildern kann Pudwell aber dennoch gut umgehen – er hat sie vor Augen, behält sie aber nicht im Kopf. Und doch hinterlässt die Arbeit auch bei ihm Spuren. „Ich würde sagen, dass ich mich dadurch bewusster durch die Stadt und im Verkehr bewege. Vor allem wenn ich meine Tochter an der Hand habe“, erzählt er. Dass also von einem auf den anderen Moment alles vorbei sein kann – darüber denkt er manchmal nach, wenn er an der Ampel steht, wenn er spazieren geht. Ängstlich ist er deswegen aber nicht, es gehört zum Leben dazu.