Soziale Isolation statt Folter
Angeblicher Folterfall von Forbach entpuppt sich als Liebes-Tragödie

Für kurze Zeit glaubten alle an einen furchtbaren Kriminalfall – doch es kommt alles anders.
Ein Deutscher (55) wird von seiner Frau (53) beschuldigt, sie über zwölf Jahre misshandelt zu haben. Gefangen in der gemeinsamen Wohnung im französischen Forbach. Doch Ermittlungen zeichnen viel mehr das Bild einer sozialen Tragödie.
Frau offenbar psychisch krank
Alle dachten, er sei ein fürchterlicher Folterknecht: In Wirklichkeit hat sich der 55-jährige Thorsten S. jedoch all die Jahre aufopferungsvoll um seine schwer kranke Frau gekümmert.
Rückblick: Nachdem sie beim Opfertelefon des Weißen Rings in Deutschland einen Notruf absetzt, stürmen Polizisten die Wohnung, nehmen den Ehemann in Gewahrsam.
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Es beginnen Vernehmungen, die Frau wird zur Behandlung in eine Klinik gebracht. Ursprünglich war von Knochenbrüchen und Vergewaltigungen die Rede. Doch nach und nach erschließt sich den Ermittlern, was tatsächlich geschehen sein muss.
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Forbach: Folter-Vorwurf ausgeschlossen
Der ermittelnde Staatsanwalt, Olivier Glady, gibt inzwischen an: „Die geschilderte Freiheitsberaubung ist eine nicht existente Situation.“ Gynäkologische Untersuchungen fördern keinerlei Beweise zutage, dass die Frau weder nicht einvernehmlichen noch einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gehabt hat. Es gibt keine Blutspuren, keine Verletzungen.
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Bei der Polizei sagt der Mann aus, seine Frau habe eine Autoimmunkrankheit, dazu schweres Rheuma mit Haarausfall. Woran die Frau genau leidet, ist weiterhin Bestandteil der Ermittlungen. Fakt ist: Trotz der schlimmen Erkrankungen der Frau, sollen sie in Frankreich nie einen Arzt aufgesucht haben. Beide sprechen kein Französisch, sind zudem im Nachbarland nicht krankenversichert.
Frau hält Vorwürfe aufrecht
„Sie befinden sich in einer Situation großer sozialer Isolation“, so Staatsanwalt Glady. Thorsten S. ist seit einiger Zeit arbeitslos, bezieht Sozialhilfe in Frankreich. Gestern Abend wird er schließlich aus der Haft entlassen und an einen geheimen Ort gebracht.
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Seine Ehefrau erfährt unterdessen hoffentlich die medizinische Hilfe, die sie offenbar dringend benötigt. Derzeit ist sie in einem Krankenhaus in Metz – die Vorwürfe gegen ihren Mann hält sie aufrecht. Auch ein Psychiater kümmert sich um sie. (xes)