Sie hat Hannovers Wahrzeichen orange beschmiert
Klimakleberin Lilli weint im Gerichtssaal - auch Zuschauer brechen in Tränen aus
von Jessica Sander und Marian Rösner
Erst beschmiert sie ein Denkmal, dann weint sie vor Gericht!
Klimakleberin Lilli G. aus Lehre (Niedersachsen) hat im Februar ein wichtiges Hannoveraner Denkmal mit orangener Farbe beschmiert. Im Gerichtssaal wird applaudiert, es fließen Tränen und das nicht nur bei der Angeklagten.
Sekundenkleber-Ohrringe als Protest
Als Lilli G. zum Gericht kommt, stehen ihre Unterstützer der Letzten Generation schon bereit. Die Angeklagte wirkt relativ gelassen, posiert mit Plakat für die Presse. Was sofort ins Auge sticht: Die 23-Jährige trägt Sekundenkleber-Ohrringe. Es sieht zunächst so aus, als ob die Studentin den Prozess auf die leichter Schulter nimmt.
Im Gerichtssaal ist jedoch nichts mehr zu spüren: Die junge Frau wirkt unsicher und angespannt. Von dem Selbstbewusstsein, welches sie am 6. Februar an den Tag legt, kaum eine Spur.
Damals klettert sie auf das Ernst-August-Denkmal auf dem Bahnhofsvorplatz von Hannover und beschmiert den Schwanz des riesigen Pferdes und die Säule mit orangener Farbe. Der Schaden: 9000 Euro. Dafür steht sie am Freitag vor dem Amtsgericht Hannover.
Und diese Bühne will sie nutzen. Ihre Einlassung liest sie selbst vor, trotz leicht gebrochener Stimme. Immer wieder macht sie auf die Klimaproblematik aufmerksam, begründet so ihr Handeln und kämpft dabei mit den Tränen. Aber nicht nur Sie, auch bei den Zuschauern kochen die Emotionen hoch.
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Es wird immer wieder geweint
Im Publikum herrscht Unruhe, es wird getuschelt und zwischendurch applaudiert. Immer wieder stehen die Aktivisten auf, halten ihr Plakat in die Höhe. Aus einer Zuschauerin bricht es plötzlich heraus, als Lilli vom Zustand des Klimas berichtet. Lautstark fängt diese an zu weinen.
Die Richterin, sicher ein Glücksfall für die Angeklagte. Sie habe Verständnis für Klimasorgen, auch wenn das die Straftaten nicht entschuldige, so Richterin Riedel. Man merkt aber, sie geht sanft mit der Studentin um, diskutiert sogar mit dem Publikum über den Klimanotstand.
Lilli G. ist einsichtig, sie stehe zu dem, was sie getan hat, so die Angeklagte in ihrer Einlassung. Die Beweise sind erdrückend. Es geht um eine empfindliche Geldstrafe. Die, egal in welcher Höhe, die Studentin kaum aufbringen könne, gesteht sie. Die junge Frau hat kein Einkommen, lebt bei ihren Eltern und erhält auch kein Bafög. Trotz der Angst vor dem Urteil, sie würde es immer wieder tun, so die 23-Jährige weiter. Ihre Hoffnung, erzählt sie, dass die Klimakatastrophe noch verhindert werden könne. Und wieder kämpft sie mit den Tränen.
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Lilli G. wird trotz Strafe weitermachen
Laut Staatsanwalt habe sich Lilli G. der Sachbeschädigung schuldig gemacht. Ursprünglich hat er eine Strafe von 25 Tagessätzen zu 30 Euro gefordert. Aber auch er, wie die Richterin, hat anscheinend Mitgefühl mit der Angeklagten. Der Staatsanwalt geht runter auf 50 Tagessätze zu je 10 Euro und bleibt damit deutlich unter den Kosten der Reinigung.
Am Ende bestätigt die Richterin die geforderte Strafe. Die 23-Jährige nimmt das Urteil gelassen entgegen. Zahlen wolle Lilli G. diese jedoch nicht, erzählt sie im Gespräch mit RTL. Sie nehme dafür sogar Ersatzhaft in Kauf. Und vielleicht wird daraus in den nächsten Wochen doch noch eine höhere Strafe, denn weitere Prozesse stehen der Studentin bevor.
Erst am Donnerstag (21. September) erhielt eine andere Klimakleberin eine Rekordstrafe. Sie muss mehrere Monate ins Gefängnis, weil sie an drei Straßenblockaden teilgenommen hat. Zum ersten Mal ohne Bewährung. Möglich, dass das auch Lilli G. blüht.
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