Dr. Specht klärt auf!Dramatischer Atem-Stopp: Was Eltern beim Affektkrampf unbedingt beachten müssen
Sie schreien, weinen – und plötzlich hören sie auf zu atmen, werden teilweise bewusstlos und laufen blau an. Dramatische Sekunden und Szenen, die einigen Eltern sicher bekannt vorkommen. Dabei handelt es sich nämlich um das Phänomen „Affektkrampf“, auch „Schreikrampf“ genannt – das bei Kleinkindern gar nicht mal so ungewöhnlich ist. Immer mehr Menschen machen darauf jetzt im Netz aufmerksam. Wie die Eltern in so einer Situation handeln, sehen Sie in unserem Video. Es sind Momentaufnahmen, die wohl jedem den Atem rauben.
Allgemeinmediziner Dr. Christoph Specht klärt im Gespräch mit RTL auf, was hinter diesem Phänomen steckt und wie Sie sich wirklich verhalten sollten.
Lese-Tipp: Plötzlicher Kindstod – welche Rolle spielen Gene?
Mediziner: Affektkrampf "ist nicht dramatisch für das Kind"
Für viele Eltern ist es eine Horrorvorstellung: Das eigene Kind atmet ganz plötzlich nicht mehr, obwohl es gerade noch geweint hat. Die Eltern bangen um sein Leben, weil sie nicht wissen, was hier passiert. Genau diese Anzeichen sind laut Dr. Specht typisch für den Affektkrampf, bei dem sich das Kind eben beim Weinen im Affekt verkrampft. Aber der Allgemeinarzt gibt Entwarnung: „Es ist ein dramatisches Geschehen, was zum Glück nicht dramatisch ist für das Kind, sondern nur für die Umstehenden.“
Denn das Kind selbst habe durch so einen erschreckenden Anfall keinerlei Folgen. „Die Kinder brauchen keine Behandlung. Sie haben keine zerebrale Störung.“ Heißt also, es liegt keine Störung im Gehirn vor. „Sie regen sich über irgendetwas auf und dann kommt es zu diesem Affektkrampf“, erklärt Dr. Specht. Trotzdem rät er Eltern, solch einen Anfall immer beim Arzt abklären lassen: „Einfach nur um sicher zu gehen, dass nichts anderes die Ursache ist. Weil es gibt natürlich auch Kinder mit echten epileptischen Anfällen. Das ist hier aber nicht der Fall. Wenn die Kinder hier in Ohnmacht fallen, ist es aufgrund des Sauerstoffmangels.“
Lese-Tipp: Baby hört auf zu atmen und wird blitzschnell gerettet!
Obwohl es kein seltenes Phänomen sei, wüssten viele Eltern gar nichts davon. Deshalb sei „das Wichtigste hierbei, überhaupt zu wissen, dass so etwas vorkommen kann.“ Wichtig sei in dem Moment aber auch das Handeln der Eltern.
So müssen sich Eltern während eines Affektkrampfes verhalten
In den Videos im Netz ist zu sehen, dass die Mütter ihre Kinder während des Krampfes anpusten. Aber auch, dass sie sehr ruhig sind und nicht überreagieren. Das sei sehr wichtig, erklärt der Allgemeinmediziner: „Als allererstes gilt es Ruhe bewahren. Das Kind Atemwege freihaltend halten oder hinlegen, beobachten, beim Kind bleiben und es sollte natürlich innerhalb der ersten Minute wiederkommen. Wenn das nicht der Fall wäre, dann wäre es ein Notfall, dann müsste man auf jeden Fall die 112 rufen.“
Anpusten sei laut Dr. Specht nicht verkehrt, aber auch nicht wirklich notwendig. „Man möchte mit dem Pusten einen Reiz setzen, um das Kind wieder aufzuwecken. Wenn man es nicht macht, wacht es aber auch auf.“ Auch über die Wange streichen, wäre beispielsweise möglich. Die Gründe für solch einen Schreikrampf seien bisher aber noch unbekannt. „Es gibt ein paar Vermutungen. Man hatte es mal untersucht und festgestellt, dass es bei etlichen dieser Kinder einen Eisenmangel gab. Ich selber bin skeptisch, ob es diese Ursache ist“, sagt der Mediziner im Gespräch.
Einen Affektkrampf könne aber jedes Kind bekommen, „typischerweise im Alter von einem halben Jahr bis zum 6. Lebensjahr.“ Es würde sich in den Jahren auswachsen.
Sohn von RTL-Kollegin betroffen: "Es ist immer schrecklich"
Unsere RTL-Kollegin Claudia und ihr Mann Niklas sind betroffen von diesem Phänomen. Ihr mittlerweile 2-jähriger Sohn Oscar hatte seinen ersten Affektkrampf im Alter von zwei Monaten. „Gott sei Dank ist es beim Arzt passiert“, erzählt Claudia im Gespräch. Denn bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie noch nie etwas davon gehört.
Mittlerweile hat der kleine Oscar immer weniger solcher Krämpfe. Aber sie treten vor allem auf, „wenn er sich erschreckt, zum Beispiel beim Hinfallen oder beim Stoßen des Kopfes. Häufig ist es eine Kombination aus Übermüdung und negativen Reizen“, sagt Claudia. Obwohl es in den zwei Jahren öfter passiert ist, „ist es immer schrecklich“, erzählt sie. „Jetzt ist es halt so, wenn wir sehen, dass er sich in einen Affektkrampf begeben könnte, also Anzeichen sehen, dann pusten wir ihm vorher ins Gesicht. Das haben wir auch dem Kindergarten als Tipp gegeben. Das hilft.“
Außerdem rät die betroffene Mutter allen anderen Eltern, „ruhig zu bleiben und nicht hektisch zu sein“. Claudia weiß, auch wenn es sich schwer anhört, aber die Ruhe zu bewahren sei das allerwichtigste. Denn eine sanfte Stimme, die immer wieder dem Kind zuredet mit Wörtern wie „Atme!“, sei beruhigend für den erschöpften Körper. Sie und ihr Mann wünschen sich jedenfalls, dass über dieses Phänomen mehr Menschen aufgeklärt werden, denn „es ist ein Thema, das viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommt bisher.“