40 Tage lang gegen Schwangerschaftsabbrüche

Religiöse Abtreibungsgegner versammeln sich vor Beratungsstelle: "Absichten sind nicht friedlich!"

Religiöser Protest gegen Abtreibung "Absichten nicht friedlich!"
03:17 min
"Absichten nicht friedlich!"
Religiöser Protest gegen Abtreibung

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Sie stehen stundenlang da, sprechen Gebete und halten Plakate mit der Aufschrift „Wir beten für dich“ in den Händen. Während der Fastenzeit versammelt sich die Gruppe „40 Tage für das Leben“ vor der Frankfurter Beratungsstelle von „pro familia“. Ihr Anliegen ist deutlich – auch ohne Worte: Sie sind gegen Abtreibung. Und an ihnen müssen die Frauen, die für eine Beratung über einen Abbruch zu „pro familia“ kommen, erstmal vorbei. Autorin Jeanne Diesteldorf hat selbst abgetrieben und kann sich gut in die Frauen hineinversetzen: „Ich stelle mir das vor wie einen Spießrutenlauf.“ Warum Jeanne ihr Schweigen gebrochen hat, zeigen wir im Video!

Autorin Jeanne Diesteldorf über Abtreibung: "Keine Frau sucht sich das aus!"

„Es ist weder schön noch toll. Keine Frau sucht sich das aus“, erzählt Jeanne Diesteldorf über das Thema Abtreibung. Durchschnittlich 95.000 Frauen brechen pro Jahr in Deutschland eine Schwangerschaft ab – viele sprechen nicht darüber. Auch Jeanne Diesteldorf hat ihre eigene Abtreibung jahrelang verschwiegen. Mittlerweile spricht sie offen darüber, hat sogar ein Buch geschrieben: (K)eine Mutter. Darin gibt sie zwölf Frauen eine Stimme, die ungewollt schwanger waren und sich für eine Abtreibung entschieden haben.

Seit 2017 stehen die Abtreibungsgegner vor der Tür von pro familia

Laut § 218 des Strafgesetzbuches (StGB) ist die Abtreibung in Deutschland grundsätzlich verboten, außer die Schwangere möchte den Abbruch und befindet sich innerhalb der ersten zwölf Wochen nach der Empfängnis. Vor dem Abbruch muss die Schwangere zur einer Konfliktberatung, wie sie beispielsweise pro familia anbietet.

Lese-Tipp: Wann ist ein Schwangerschaftsabbruch erlaubt - und was macht er mit dem Körper?

Doch die haben seit Jahren mit den Protesten der sogenannten „Pro Life“-Bewegung zu kämpfen. „Seit 2017 steht die Gruppe regelmäßig vor unserer Tür. Bis auf den kurzen Zeitraum, wo eine hessische Verordnung umgesetzt wurde, die diese Gruppe an die Straße außerhalb der Blickrichtung hier verwiesen hat“, erzählt Beraterin Claudia Hohmann.

Mit Plakaten stehen Mitglieder der Gruppe "40 Tage für das Leben" vor der Frankfurter Beratungsstelle von pro familia.
Mit Plakaten stehen Mitglieder der Gruppe "40 Tage für das Leben" vor der Frankfurter Beratungsstelle von pro familia.
RTL

Doch wer steckt überhaupt hinter „40 Tage für das Leben“? „Das sind Mitglieder der Pro Life Bewegung. Das ist eine internationale Bewegung, die sich zum Ziel gesetzt hat, Schwangerschaftsabbrüche kategorisch zu verhindern, um die ungeborenen Kinder zu retten. Das ist ein ganz simples Prinzip“, erklärt Claudia Hohmann. Die Gruppe wolle Frauen davon abhalten, einen Abbruch durchzuführen und alle die damit zu tun haben, bekehren, so die Beraterin weiter.

Die Frauen direkt ansprechen, dürfen sie jedoch nicht. „Aber natürlich ist in dem Zeigen der Bilder, das steht zum Beispiel „Abtreibung ist keine Lösung“, oder die Marienbilder oder die Gebete, das ist schon eine Form der Einflussnahme. Da versucht man in die Intimsphäre der Frauen und in ihr Gewissen einzudringen und sie da auf einen anderen Weg zu bringen. Und ja, das ist das Mittel, das sieht friedlich aus, aber die Absichten sind nicht friedlich“, so Claudia Hohmann.

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Autorin Jeanne Diesteldorf: "Ich stelle mir das vor wie einen Spießrutenlauf!"

Autorin Jeanne Diesteldorf hat diese Erfahrung nicht machen müssen – zum Glück, wie sie sagt: „Wenn ich mich rein versetzte in eine Frau die jetzt heute in Frankfurt zur Beratungsstelle gehen möchte oder gehen muss, ich stelle mir das vor wie einen Spießrutenlauf. Und finde das ein extrem scheußliches Gefühl.“

Beraterin Claudia Hohmann ist natürlich dafür, dass ungeborenes Leben geschützt werden muss, aber: „Wir stehen eben auch für das Selbstbestimmungsrecht der Frau. Und das ist ein fundamentales Recht. Und das schließt eben ein, dass eine Frau eben auch entscheiden kann, ob sie eine Schwangerschaft austrägt oder nicht. Man kann ihr das nicht aufzwingen.“

Autorin Jeanne Diesteldorf gibt in ihrem Buch zwölf Frauen eine Stimme, die abgetrieben haben.
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Bundesfamilienministerin Paus: Mahnwache sind Grenzüberschreitung!

Bundesfamilienministerin Lisa Paus will diesen Protesten nun den Riegel vorschieben. Mahnwachen vor diesen Einrichtungen seien eine Grenzüberschreitungen nicht hinnehmbare Eingriffe in höchstpersönliche Entscheidungen von Frauen, so die Familienministerin zum RedaktionsNetzwerk Deutschland. Auch die hessische Linke hat einen Gesetzentwurf für Schutzzonen vorgelegt, über den der Landtag nun berät. Bis dahin gehen die Proteste weiter… (kas/dpa/dgö)