Vor 15 Jahren schockierte dieses Verbrechen die ganze Welt Josef Fritzl ein „wirklich guter Mensch“? RTL-Reporter: Wie das Monster von Amstetten wirklich tickt

Für Elisabeth, die Tochter, die Josef Fritzl jahrelang in einen Keller einsperrte und missbrauchte, wird der 26. April wohl ihr Leben lang ein ganz besonderes Datum sein: An diesem Tag im Jahr 2008 ließ ihr Vater sie erstmals nach knapp 24 Jahren aus ihrem Verlies. In den nächsten Tagen, Wochen und Monaten schockierten die Details über das „Monster von Amstetten“ die Menschen weltweit. Doch Fritzl versucht 15 Jahre nach dem Verbrechen, sich der Welt in einem anderen Licht zur präsentieren.
Josef Fritzl: Biographie eines Schwerverbrechers macht „fassungslos“
Sein Blick wirkt eiskalt, sein Gesicht vollkommen emotionslos auf dem Bild, das 2008 von Josef Fritzl um die Welt ging. Damals war eines der grauenvollsten Verbrechen der österreichischen Kriminalgeschichte bekannt geworden: Knapp 24 Jahre hatte das „Monster von Amstetten“, wie der heute 87-Jährige in zahlreichen Medien getauft wurde, seine Tochter Elisabeth in einem unterirdischen Versteck unter seiner eigenen Wohnung gefangen gehalten, sie tausendfach missbraucht und sieben Kinder mit ihr gezeugt.
Ausgerechnet dieser Schwerverbrecher hat im Frühjahr 2023 zusammen mit seiner Anwältin Astrid Wagner eine Biographie verfasst. Seine Sicht auf die Dinge und wie sich der Österreicher darin darstellt, lassen nicht nur die RTL-Reporter Britta Hasselmann und Andreas Merkel, die seit Bekanntwerden des Verbrechens immer wieder über den Fall Fritzl berichtet haben, irritiert zurück: „Man sollte nicht vergessen, dass er der Täter war und nicht das Opfer.“
RTL-Reporterin sicher: Josef Fritzl empfindet keine Reue

„Wie kann ein Vater seine eigene Tochter 24 Jahre lang im Keller einsperren?“, sei einer der Gedanken gewesen, die RTL-Reporterin Britta Hasselmann durch den Kopf gingen, als sie an einem Wochenende im Frühjahr 2008 in Amstetten ankam, um über diese unfassbare Geschichte zu berichten.
„Fassungslos“ ist die erfahrene RTL-Reporterin auch fast 15 Jahre später über „das Buch und die Art, wie sich Josef Fritzl die Welt zurechtlegt“. „Es zeigt einmal mehr, wie wenig Unrechtsempfinden er hat, wie wenig empathisch er agiert und dass er nach der Zeit im Gefängnis noch immer keine Reue empfindet – auch wenn er das bei seinem Geständnis vor Gericht damals so geäußert hat“, meint Britta Hasselmann. „Es wirkt noch immer so, dass es ihn schlimmer getroffen hat, dass sein Konstrukt mit der geheimen Inzestfamilie im Keller wie ein Kartenhaus zusammen gebrochen ist, als dass es ihm wirklich Leid tut, was er Elisabeth und den mit ihr gezeugten Kindern angetan hat.“
Als sie elf Jahre alt war, hat Fritzl seine Tochter Elisabeth das erste Mal missbraucht. Mit 18 sperrte er sie in das Verlies im Keller ein. Jahrelang hielt er sie dort gefangen, missbrauchte und schwängerte Elisabeth. Sieben Kinder brachte die junge Frau dort zur Welt, eines überlebte nicht. Drei der Kinder holte Fritzl aus dem Versteck und zog sie, gedeckt durch Lügengespinste, zusammen mit seiner Frau Rosemarie in seiner Wohnung auf. Die drei anderen mussten mit Elisabeth im Keller leben, hatten bis zu ihrer Befreiung 2008 noch nie Tageslicht gesehen.
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Josef Fritzl wird als herrschsüchtig und gewalttätig beschrieben
Aus dem Buch „Die Abgründe des Josef F.“, das Fritzl zusammen mit seiner Anwältin Astrid Wagner geschrieben hat, zitieren österreichische Medien. Laut „oe24.at“ bezeichnet sich Fritzl selbst als jemanden, der „in Wirklichkeit ein guter Mensch“ sei und ein „verantwortungsvoller Familienmensch“. Er könne nicht verstehen, warum seine Frau Rosemarie nach Bekanntwerden der Tat den Kontakt zu ihm abgebrochen habe.
„Als wir damals recherchiert haben, beschrieben ihn Nachbarn und Weggefährten als herrschsüchtig, manchmal auch gewalttätig. Er wollte alles unter Kontrolle haben“, erinnert sich RTL-Reporterin Britta Hasselmann. Das bestätigt auch die Schwägerin des „Monsters von Amstetten“, die RTL-Reporter Andreas Merkel zum Interview getroffen hat: „Er war wie der Teufel, wie man immer so sagt. Die Augen! Wie wenn man den Teufel anschaut.“
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Josef Fritzl und die Frauen
Josef Fritzl selbst beschreibt in seiner Biographie laut der österreichischen „Krone“ eine ganz andere Wirkung auf Frauen: so habe er angeblich dutzende Affären gehabt, aus denen weltweit zahlreiche Kinder entstanden sein sollen. Er behauptet beispielsweise: „Mit mehreren Inderinnen habe ich Kinder.“ Nachprüfen lassen sich diese Angaben kaum.
Auch heute erhalte Fritzl zahlreiche Briefe von Frauen, die in ihn verliebt seien, ins Gefängnis, behauptet der 87-Jährige.
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RTL-Reporterin Britta Hasselmann erinnert sich, dass der gelernte Elektrotechniker vor seiner Verhaftung „immer gepflegt, in schmucken Anzügen“ unterwegs gewesen sein soll. Er habe den Ruf gehabt, bei Frauen gut angekommen zu sein. Aber es habe „auch Gerüchte um eine mögliche Strafe wegen einer Vergewaltigung in Fritzls Vergangenheit“ gegeben. „Weil die Strafe verjährt war, ließ sich aber nichts in den Akten finden. Mit einem verantwortungsvollen Familienmenschen hat das alles allerdings nichts zu tun“, meint Hasselmann.

Fritzl geprägt von Narzissmus
Nach seiner Verurteilung zu lebenslanger Haft lebt der 87-Jährige in der Justizanstalt Stein. Laut Fritzls Aussagen, die in den österreichischen Medien zitiert werden, meide er Mitgefangene. Zum einen läge das daran, dass es „einige Gefangene gibt, die nur darauf warten, mich zu verprügeln“, behauptet er. Zum anderen wolle sich der Schwerverbrecher „nicht mit den meisten auf eine Stufe stellen.“ Ihm fehle das Verständnis für deren Morde, heißt es.
„Fritzls Leben nach der Inhaftierung war aus meiner Sicht geprägt von einem ungeheuerlichen Maß an Narzissmus“, meint RTL-Reporter Andreas Merkel, „Alles war fast so, als hätte er eine eigene Marketing-Maschinerie, die sein Monster-Image aufpolieren sollte. Die Ankündigung, Jura studieren und promovieren zu wollen zum Beispiel, Pressemitteilungen aus dem Knast raus – und jetzt dieses Buch. Das passt natürlich absolut ins Bild.“
Im Video: Inzest-Vater Josef Fritzl in ein paar Monaten frei?
Fritzl plant seinen Lebensabend außerhalb der Knastmauern

Laut Biographie rechnet Fritzl damit, nicht im Gefängnis zu sterben. Er möchte seine letzten Jahre „natürlich in Freiheit verbringen“, wolle zurückkehren nach Amstetten, also an den Ort, wo er seine Tochter Elisabeth jahrelang bestialisch gequält hat.
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RTL-Reporterin Britta Hasselmann ist sich sicher, dass das ein frommer Wunsch bleiben wird: „Sollte Fritzl tatsächlich frei kommen, wird er in Amstetten keinen Fuß auf den Boden bekommen. Die Gemeinde kämpft seit Jahren gegen den Makel, den Fritzl dem Ort aufgedrückt hat. Dass Amstetten plötzlich ein Synonym für ein unfassbares jahrelanges Martyrium war und so auch international traurige Berühmtheit erlangt hat, war schon damals bei unserem Einsatz vor Ort ein Problem für die Bewohner“, sagt sie. Man wolle vor Ort vergessen. „Und vor allem sicher nicht mehr Josef Fritzl in der Nachbarschaft haben“, so die RTL-Reporterin.