Fall des Horror-Hofs von RuinerwoldStaatsanwaltschaft: Kinder über neun Jahre eingesperrt, geprügelt und vergewaltigt

Eingesperrt und mit Kameras überwacht

Gut drei Monate nach der Entdeckung einer isolierten Familie auf einem niederländischen Bauernhof ist der bizarre Fall heute vor Gericht gekommen. Bei der ersten öffentlichen Sitzung in Assen hat die Anklage über den Stand der Ermittlungen informiert. Der Niederländer Gerrit Jan van D. habe seine Kinder neun Jahre lang "psychisch gefangen gehalten", erklärte Staatsanwältin Diana Roggen. "Es sind Straftaten gegen Kinder in einer extrem abhängigen Situation."

So sollen die Kinder von ihrem Vater dazu gezwungen worden sein, sich untereinander zu bestrafen, ihnen wurde die Kehle zugedrückt, manchmal mussten sie stundenlang unter der kalten Dusche ausharren. Sie seien nicht nur mit einem Stock geschlagen worden, sondern auch mit den Fäusten. An seinen beiden ältesten Kinder, einer Tochter und einem Sohn im Alter von damals 12 und 15 Jahren, soll Gerrit Jan van D. sich mehrfach sexuell vergangen haben. Den Missbrauch habe er damit gerechtfertigt, dass ein "weiblicher Geist" oder der Geist ihrer toten Mutter in die Kinder gefahren sei.

Er habe die Kinder hinter verschlossener Tür gehalten und mit Kameras überwacht. Wenn sie den Hof verlassen oder mit anderen reden würden, würde die Welt untergehen, habe er ihnen eingebläut. Auch der zweite Angeklagte, Josef B., der den Hof gemietet hatte, soll die Kinder geschlagen, manipuliert und getreten haben, wenn sie versucht haben, nach draußen zu gehen, berichtet RTL-Reporter Heikrodt.

Schläge auf Körper und Kopf, Entzug von Essen, von Trinken, keine Medizin, keine ärztliche Versorgung bei Krankheiten oder Verletzungen - das war nach Überzeugung von Staatsanwältin Roggen jahrelang Alltag für die Kinder. Inzwischen sind sie erwachsen, doch noch immer hätten sie Schwierigkeiten damit, sich von den Glaubenssätzen zu befreien, die ihnen über Jahre hinweg eingetrichtert worden seien. Offenbar hatte ihr Vater eine Art Natur-Sekte entwickelt und seine religiösen Botschaften im Internet verbreitet, wie aus Videos und Beiträgen hervorgeht. Sein Bruder sagte RTL über Josef B: "Er ist sich vorgekommen wie der Jesus."

Angeklagter wirkt vor Gericht "total entspannt"

Es sind schlimme Vorwürfe, die die Anklage am heutigen Dienstag vorbringt. Doch der Angeklagte Josef B. wirkt "total entspannt, als wäre das, was auf dem Hof passiert ist und was den Kindern dort widerfahren ist, gar nicht schlimm", berichtet RTL-Reporter Heikrodt. Der nach einem Schlaganfall gelähmte Gerrit Jan van D. erschien nicht vor Gericht.

Die Staatsanwaltschaft will nun beide Männer psychologisch untersuchen lassen. Besonders der Gesundheitszustand von Gerrit Jan van D. bereitet Probleme. Seit einer Gehirnblutung vor drei Jahren kann der Mann nicht mehr sprechen. Noch ist unklar, wie er befragt werden kann. Das Gericht verlängerte die U-Haft von Josef B. unterdessen um drei Monate.

Der Vater und Josef B. werden der Freiheitsberaubung und Geldwäsche beschuldigt - wie RTL-Reporter Jan Heikrodt berichtet, hatte die Polizei auf dem Hof 70.000 Euro in bar gefunden. Das Hauptverfahren wird möglicherweise erst nach dem Sommer eröffnet.

Video: Nachbar erzählt, wie er die Familie erlebt hat

Die Polizei hatte die Familie im letzten Oktober in einem geheimen Raum hinter einem Schrank entdeckt. Die Nachricht hatte weit über die niederländischen Grenzen hinaus für Aufsehen gesorgt. Vater und sechs Kinder hatten in Ruinerwold neun Jahre lang völlig isoliert gelebt. Keines der Kinder war jemals bei den Behörden gemeldet worden. Der entscheidende Hinweis kam vom ältesten Sohn Jan Z. (25).

Er hatte sich eines Abends in der Dorfkneipe gemeldet und um Hilfe gebeten. Kurz danach wurden der Vater und der Österreicher, der den Hof gemietet hatte, festgenommen. Eine mysteriöse Facebookseite des jungen Mannes gab Rätsel auf.