Erzieher gehen auf die Straße„Die Kollegen laufen wirklich am Limit, pfeifen aus dem letzten Loch”

Es fehlt die Wertschätzung!
Die öffentlichen Kitas bleiben im Norden zu – Eltern müssen also umplanen, denn die Erzieher ihrer Kinder streiken am Donnerstag (13. Februar). Die Arbeitgeberseite hat allerdings wenig Verständnis für den Streikaufruf. Um sich Gehör zu verschaffen, gehen Erzieherinnen wie Sina Hermann trotzdem auf die Straße. Sie haben klare Forderungen.
Erzieher fühlen sich überlastet
Mit Stirnband und dicker Winterjacke läuft Sina Hermann am Donnerstag (13. Februar) bei Temperaturen um null Grad durch die Straßen von Hannover. Die Erzieherin streikt mit hunderten weiteren Mitarbeitern aus öffentlichen Kitas. An diesem Tag betreut sie keine Kinder, sondern schwingt die Verdi-Fahne und bläst in die Trillerpfeife – damit man sie und ihre Forderungen hören kann. Zu wenig Wertschätzung und zu viel Belastung, das soll sich durch den Streik ändern. „Die Kollegen laufen wirklich am Limit, pfeifen aus dem letzten Loch. Wir brauchen Entlastung, egal ob in Tagen oder in Geld”, erzählt sie im Gespräch mit RTL. Dass damit auch die Kinderbetreuung ausfällt und Eltern ihre Kinder nicht in die Kita bringen können, scheint laut der 34-Jährigen kein Problem zu sein: „Es gab keinen Widerstand, die können das alle sehr gut nachvollziehen.“ Insgesamt 41 staatliche Kitas bleiben heute allein in der Region Hannover geschlossen.
Lese-Tipp: Kita schon wieder dicht? Diese Rechte könnt ihr jetzt geltend machen!
Sogar die Eltern haben Verständnis
Auf den Straßen von Hannover gibt es Zuspruch für die Streikenden. „Ich finde das total nachvollziehbar, weil die Erzieher ja immer am laufenden Band unterbesetzt sind und sowieso immer versuchen den Betrieb, den alltäglichen Betrieb so am Laufen zu halten. Und dazu haben sie auch noch zu wenig Geld und zu wenig Anerkennung von der Gesellschaft”, findet eine Passantin. „Auf der anderen Seite ist es natürlich für Eltern, speziell die, die nicht wie in unserer Familie jetzt das Glück haben, Oma und Opa in der Nähe zu haben, ein Problem. Weil was sollen die machen”, sagt eine weitere Passantin.
Lese-Tipp: „Nicht nur Spiel und Spaß!“ Erzieherin findet klare Worte zu neuen Kita-Leitlinien
Video-Tipp: Mädchen wollte die erste in der Kita sein
Das fordern die Beschäftigten
Zum Streik hat wieder die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi aufgerufen. Neben den Kitas streiken auch andere Beschäftigte aus dem öffentlichen Dienst, wie einige Bürgerämter. Auch in anderen norddeutschen Städten gehen Beschäftigte am Donnerstag auf die Straße. Die Forderungen sind klar: Die Beschäftigten verlangen mehr Geld und mehr Entlastung. Bundesweit werden acht Prozent mehr Lohn, mindestens aber 350 Euro mehr Gehalt und drei zusätzliche Urlaubstage verlangt. „In diesen Punkten, da müssen wir aufeinander zukommen. Natürlich ist ein Tarifergebnis immer ein Kompromissergebnis. Aber es müsste auf jeden Fall ein deutliches, ein sehr starkes aufeinander Zugehen, also ein Zugehen seitens der Arbeitgeber auf uns geben, was bislang nicht geschehen ist”, sagt Olaf Hartmann, Gewerkschaftssekretär bei Verdi in Niedersachsen und Bremen.
Laut der Gewerkschaft Verdi haben in Hannover und Hamburg jeweils 5.000 Teilnehmer an den Streiks teilgenommen. In Hamburg haben laut Polizei rund 3.700 Menschen demonstriert.
Die Verhandlungen laufen weiter
Von dem Arbeitgeberverband gibt es wenig Verständnis dafür, bereits vor richtiger Verhandlung zu streiken. Das hindert Sina und ihre Kollegen aber nicht daran, auf die Straße zu gehen. „Nur so können wir darauf aufmerksam machen unter welchen Bedingungen ich und meine Kollegen arbeiten.“
Die Verhandlungen sollen am Montag und Dienstag in Potsdam fortgesetzt werden. Geplant sind drei Verhandlungsrunden.
In München ist bei einer Verdi-Demonstration am Vormittag ein Auto in die Menschenmenge gerast.