„Ein Kitz lag im Straßengraben, komplett durchnässt!”

„Erschreckende” Entwicklung − Immer mehr Autofahrer fahren einfach an Wildunfällen vorbei!

Diese Kitze konnten gerettet werden und werden jetzt aufgepäppelt.
Diese Kitze konnten gerettet werden und werden jetzt aufgepäppelt.
Wildtierhilfe kleine Waldwesen e.V.

„Wir haben 100 bis 200 Prozent mehr Verkehrsunfälle mit Kitzen!”
Es sei einfach nur erschreckend, erzählt Marion Lutz vom schleswig-holsteinischen Verein Kitzrettung Hüttener Berger. Viele Autofahrer würden einfach ignorant an einem Wildunfall vorbeifahren. Das Problem: Häufig kämpfen hilflose Rehkitze ganz in der Nähe dann um ihr Überleben!

Lutz: „Jeder sagt: Oh nö, da werde ich aufgehalten”

„Ganz in der Nähe unseres Vereins, da muss nachts oder morgens ein Unfall passiert sein und erst am Nachmittag hält ein Radfahrer an. Da liegt ein Reh, deutlich sichtbar für Autofahrer, keiner hat das gemeldet”, beschreibt Marion Lutz einen Vorfall vor wenigen Tagen, den sie so schnell nicht vergessen wird. Im Gespräch mit RTL erzählt sie, dass immer weniger Autofahrer solch einen Unfall melden würden: „Jeder sagt: Oh nö, da werde ich aufgehalten”. Dabei seien Hunderte an der Unfallstelle auf der Kreisstraße vorbeigefahren. „Die Ricke war steif, total kalt, sie lag da also schon länger.”

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Im Video: Reh kollidiert mit Bus

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Die Kitzretter finden Zwillinge nach Wildunfall

Wenn ein Kitz alleine in der Natur ist, dann läuft die Zeit.
Wenn ein Kitz alleine in der Natur ist, dann läuft die Zeit.
Wildtierhilfe kleine Waldwesen e.V.

Lutz und ihr Team von der Kitzrettung werden zu dem Unfallort dazu gerufen, denn irgendwo in der Nähe muss der Nachwuchs des Mutterrehs sein. „Wir werden benachrichtigt von den Jägern und wenn es eine Ricke ist mit Gesäuge, dann weiß der Jäger, dass es Kitze gibt”, erklärt Marion Lutz. Und so ist es auch in diesem Fall: „Ein Kitz lag im Straßengraben, komplett durchnässt!”

Mithilfe einer Drohne mit einer Wärmebildkamera suchen die Kitzretter nach den Kleinen und fangen sie ein − das kann teilweise Tage dauern. Gleichzeitig sinken die Überlebenschancen des hilflosen Nachwuchses mit jeder Minute. Im Fall des Kitzes aus dem Straßengraben finden die Retter sogar noch ein Zwillings-Kitz. Schnell bringen die Helfer die Wildtiere zu ihrem Vereinssitz in Ahlefeld-Bistensee.

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Kitzretter stabilisieren die Kleinen, dann gehts zur Wildstation

In der Wildstation werden die Kitze aufgepäppelt.
In der Wildstation werden die Kitze aufgepäppelt.
Wildtierhilfe kleine Waldwesen e.V.

„Wir gucken, ob sie dehydriert sind, ob sie unterkühlt sind”, erklärt die Retterin. Nur wenige Stunden nach dem ersten Check-Up geht es für die Kitze in eine Wildtierstation, wo sie aufgepäppelt werden. „Die kämpfen momentan noch um ihr Leben, das eine im Straßengraben hat Fieber bekommen”, erklärt Marion Lutz. Rund 70 Prozent der Kitze in der Aufzucht würden überleben. „Wenn Wildtiere den Lebenswillen verlieren, dann kannst du auch nichts machen”, sagt Lutz im Gespräch mit RTL.

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Verhalten bei Wildunfall: Polizei anrufen!

Was Marion Lutz ärgert, ist die Ignoranz der Autofahrer: „Eine Rücksichtslosigkeit: Ich will mich nicht kümmern müssen, es wird sich schon jemand anderes kümmern”, beschreibt die Vereinsvorsitzende ihre Wahrnehmung. „Wenn eine Ricke totgefahren wird, dann sind immer mehr Leben bedroht”, ergänzt Lutz. Dabei könne jeder Autofahrer Leben retten, indem er einen Wildunfall bei der Polizei meldet: „Einfach anrufen, egal ob das Tier verletzt oder tot ist. Und es ist auch egal, ob eventuell schon vorher jemand bei der Polizei angerufen hat − lieber einmal mehr melden.” Und ein absolutes No-Go: „Kitze auf jeden Fall nicht anfassen oder mitnehmen.” Um die Tiere kümmern sich die Jäger und Kitzretter wie Marion Lutz.

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