Überraschung in Frankreich
Wahlsieger gilt als Deutschlandhasser - was erwartet uns jetzt?
Wahlsieger mag Deutschland nicht!
Das kam unerwartet: Lag bei der ersten Runde der Parlamentswahl noch die extreme Rechte vorne, hat jetzt in der Stichwahl das linke Bündnis gewonnen. Ein Grund zum Aufatmen? Nicht wirklich - denn nun droht unserem Nachbarn erst einmal viel Chaos. Und was bedeutet das Wahlergebnis für Deutschland? Immerhin gilt der Wahlsieger - vorsichtig formuliert - nicht gerade als Deutschland-Fan.
In der Nacht kommt es in Paris zu Ausschreitungen
Um einen Rechtsruck abzuwenden, hatten die Parteien von Mitte bis Links zusammengearbeitet - sie unterstützten in der Stichwahl zum Teil Kandidaten des jeweils anderen. Offenbar mit Erfolg: Das Linksbündnis hat die Stichwahl gewonnen, zweiter wird das Mitte-Lager von Präsident Macron und Le Pens rechtsnationale Partei wird nur drittstärkste Kraft. Am Abend feierten tausende Menschen auf dem Place de la Republique friedlich den Wahlsieg des linken Lagers, in der Nacht kippt dann die Stimmung in Paris allerdings. Es kommt zu Ausschreitungen, brennenden Barrikaden. Demonstranten greifen Ordnungskräfte an - die Polizei antwortet mit Tränengas.
Präsident Macron hatte die Neuwahl nach dem Triumph des rechtsextremen RN bei der Europawahl ausgerufen. „Alles in allem hat Emmanuel Macrons riskante Wette keine klare Parlamentsmehrheit hervorgebracht. Er befindet sich nun in der gleichen Situation wie zuvor, in der seine Partei keinen Rückhalt hat, um ehrgeizige Gesetzesvorhaben durchsetzen zu können“, so die Einschätzung von Cornelia Woll, der Präsidentin der Hertie School in Berlin. Es sei somit weiter nicht sicher, dass er im September seinen Haushalt durchbringen könne, ohne dies durch Sonderregelungen zu erzwingen und ein Misstrauensvotum zu riskieren.
RTL-Politikchef Nikolaus Blome: „Ein bisschen wie Asterix und Obelix”
Die extreme Rechte wurde in Frankreich immerhin verhindert – können wir in Deutschland jetzt aufatmen? Dazu RTL-Politikchef Nikolaus Blome: „Ja, das kann man schon. Zumindest für den Moment. Denn man muss sich vorstellen, was gekommen wäre, wenn Le Pen tatsächlich eine absolute Mehrheit gemacht hätte, dann hätte das sofort in Deutschland auch eingeschlagen. Und zwar richtig bei den Portemonnaies der Leute und der Zuschauer. Denn dann wäre es auch ganz schnell um den Euro gegangen. Dann wäre es ganz schnell um die Frage gegangen: Hält die EU eigentlich zusammen? Da geht es dann um Jobs in Deutschland. Das wäre wirklich hier angekommen. Das ist erst mal abgeblasen und trotzdem ist die Lage ganz schön kompliziert.“
Und das liegt auch an dem linken Wahlsieger Jean-Luc Mélenchon, denn der gilt als Deutschlandhasser. „Der ist wirklich relativ krass. Das ist so ein bisschen wie Asterix und Obelix, also seine Partei. Seine Gruppe heißt „Die unbeugsamen Franzosen.“ So ein bisschen das kleine gallische Dorf - und so versteht er sich auch. Er definiert sich auch ganz stark gegen Deutschland.“, erklärt Nikolaus Blome.
„Als Deutschland in der WM 2018 rausflog, hat er getwittert: „Hurra, super, pure Freude, dass die Deutschen draußen sind.“ Er empfindet uns als langweilig, miesepetrig und irgendwie dem Leben abgeneigt und hat daraus eine echte Politik gemacht. Wenn der Premier würde, würde es mindestens so kompliziert werden wie mit Frau Le Pen. Auch, weil er die EU und den Euro genauso kritisch sieht wie die Rechtsextremen.“ Doch dass Mélenchon Premier wird, ist relativ unwahrscheinlich. Auch wenn seine Partei die meisten Stimmen innerhalb des Linksbündnisses geholt hat.
Aber wie geht es nun weiter in Frankreich? Nikolaus Blome: „Man wird etwas lernen müssen, was witzigerweise aus Deutschland kommt, nämlich Koalitionen bilden. Das haben die Franzosen mit ihrem Wahlrecht bislang nicht gemusst.“ (eku, mit reuters)