Erschütternder Prozessauftakt in Gießen

„61 Tage Martyrium!“ Anja (55) wurde versklavt und misshandelt

Ein 58-jähriger Mann und seine 44-jährige Lebensgefährtin sollen eine frühere Mieterin monatelang gequält und schließlich getötet haben.
Ein 58-jähriger Mann und seine 44-jährige Lebensgefährtin sollen eine frühere Mieterin monatelang gequält und schließlich getötet haben.
Christine Schultze/dpa

Was haben sie dieser Frau angetan?
Der gewaltsame Tod einer 55-jährigen Frau im hessischen Lauterbach beschäftigt jetzt das Landgericht Gießen. Die beiden früheren Vermieter von ihr sind wegen gemeinschaftlichen Mordes angeklagt. Zudem wird ihnen gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.

Opfer hatte Down-Syndrom

Die 109 Seiten umfassende Anklageschrift sowie 90 benannte Zeugen lassen einen umfangreichen Prozess erwarten. Die beiden Angeklagten – ein 59-jähriger Mann und eine 44-jährige Frau – wohnten nach Angaben der Ermittler mit der 55-jährigen Anja in einem Haus in der Stadt im Vogelsbergkreis. Sie sollen die Frau seit Ende November 2023 laut Polizei und Staatsanwaltschaft mehrfach körperlich misshandelt und schließlich Anfang 2024 getötet haben. Oberstaatsanwalt Thomas Hauburger spricht beim Prozess-Auftakt laut Bild von „61 Tagen Martyrium.“

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Die Staatsanwaltschaft Gießen geht davon aus, dass die Frau getötet wurde, um vorangegangene mutmaßliche Straftaten zu verdecken. Darauf sollen tausende Chatnachrichten auf dem Mobiltelefon der Angeklagten hinweisen. Die beiden Angeklagten hätten bestritten, für den Tod der Frau verantwortlich zu sein, die das Down-Syndrom gehabt habe.

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Verbale Erniedrigungen und körperliche Übergriffe

Regelmäßig sollen die Angeklagten das Opfer eingesperrt und ihre Tür mit Panzertape verklebt haben. Beim Duschen oder bei Toilettengängen habe die Frau unter permanenter Beobachtung gestanden. Zu den verbalen Erniedrigungen hätten Ausdrücke wie „Missgeburt“ und „Drecksvieh“ gehört, der Frau sei Hundefutter zu essen gegeben worden.

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Auch körperlichen Übergriffen wie Schlägen gegen den Kopf sei die 55-Jährige ausgesetzt gewesen, sagt Hauburger. Sogar ein Hund sei auf die Frau gehetzt worden, die dadurch Bissverletzungen und Hämatome davongetragen habe. Der Vermieter habe die Frau nach Bild-Informationen auch zur Prostitution gezwungen. Zudem sollen die Angeklagten der Frau immer wieder starke Neuroleptika verabreicht haben, wodurch es zu Kot- und Urinabgängen gekommen und die Frau zeitweise in apathische Zustände gefallen sei.

Zwei Vermieter eines Hauses in Lauterbach (Vogelsbergkreis) sollen eine 55 Jahre alte Frau getötet haben.
Zwei Vermieter eines Hauses in Lauterbach (Vogelsbergkreis, Hessen) sollen eine 55 Jahre alte Frau getötet haben.
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Zu einem solchen Vorfall soll es auch am 20. Januar vergangenen Jahres gekommen sein. Weil die Angeklagten zum Schwimmen hätten gehen wollen, sollen sie der Frau mindestens 47 Tabletten verschiedener Psychopharmaka gegeben haben. Die Frau habe dadurch das Bewusstsein verloren. Das Paar habe jedoch entschieden, keine ärztliche Hilfe zu holen, so der Oberstaatsanwalt. Die Frau sei daraufhin am 23. Januar 2024 gestorben.

Zerstückelte Leiche im Keller aufbewahrt

Die Leiche sollen die Angeklagten zunächst im Keller untergebracht haben, wo der 58-Jährige sie zerteilt und in ein Fass gepackt haben soll. Den Kopf und die Extremitäten habe der Mann später in ein Waldstück bei Schlitz in Osthessen gebracht, so Hauburger. (uvo, fkl, mit dpa)