„Wie konnten wir das alles nicht sehen?“
Schwiegertochter Aurore (37) vertraute Dominique P. – und wurde selbst zum Opfer

Wie groß ist das ganze Ausmaß an Widerlichkeit wirklich?
Es ist der fünfte Verhandlungstag im entsetzlichen Missbrauchfall von Avignon. Der Vorwurf: Dominique P. soll seine Frau Gisèle mit Medikamenten betäubt haben, dann habe er sie dutzenden Männern zur Vergewaltigung angeboten. Der 72-Jährige steht mit 50 mutmaßlichen Mittätern vor Gericht. Nachdem bereits Tochter Caroline Darian vor Gericht erklärte, ebenfalls ein Opfer ihres Vaters zu sein, meldet sich eine weitere Frau vor Gericht zu Wort. Die eigene Schwiegertochter gibt an, Dominique P. habe heimlich Nacktaufnahmen von ihr gemacht.
Über 100 Bilder der nackten Schwiegertochter!
Es nimmt einfach kein Ende. Wie weitreichend die perversen Handlungen des 72-Jährigen reichen, zeigt der heutige Prozesstag (6. September). Nachdem Tochter Caroline in den Zeugenstand gerufen wird, werden Experten angehört. Anschließend spricht die Schwiegertochter Aurore. Die 37-Jährige ist sichtlich angespannt und nervös. Als damals sie vom schrecklichen Missbrauch an ihrer Schwiegermutter erfährt, ist sie im vierten Monat schwanger.
Dann offenbart Aurore während ihrer Aussage, dass auch sie Opfer ihres Schwiegervaters sei. „Die Polizisten haben gesagt, dass es auch Bilder von mir nackt unter der Dusche gibt“, erzählt sie. Über 100 Aufnahmen sollen es sogar sein. Darunter auch ein Bild von einem ihrer Badeanzüge, Dominique P. lege seinen Penis darauf ab, bevor er den Auslöser gedrückt habe. „Ich schäme mich, will mich verstecken, obwohl es nicht an mir ist, mich zu verstecken“, so die 37-Jährige. Ihre Welt bricht ebenso zusammen wie die ihrer Schwiegermutter Gisèle.
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Aurore hat Angst um ihre Kinder
Aurore sorgt sich um ihre drei Kinder, sagt: „Ich habe Angst um meine Kinder, die in so einer Welt aufwachsen.“ Denn auch ihnen habe sich der Großvater offenbar mit sexuellen Hintergedanken genähert, erinnert sich die 37-Jährige: „Ich hörte einmal meinen Schwiegervater, wie er zu meinem Sohn sagt: ‘Willst du Doktor spielen? Du willst nie Doktor spielen?’“, gibt Aurore an. Da sie selbst als Kind von ihrem Opa missbraucht worden ist, sei es ihr schwergefallen, ihren Schwiegervater zur Rede zu stellen. Viel mehr habe sie geglaubt, in allem gleich das Böse zu sehen – und geschwiegen.
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Heute wisse sie, „dass da was war.“ Doch Zweifel bleiben. „Ich frage mich, hätte man mir geglaubt? Ich fühle mich schuldig“, sagt sie weiter aus. Aber: „Wenn man missbraucht wurde, lebt man in einer Kultur des Schweigens“, wie sie zugibt. Doch ihr Schweigen hat endlich ein Ende gefunden. „Heute ist alles, was wir erleben, mit dieser Frage verbunden. Ich will nicht mehr schweigen. Ich will reden“, so Aurore.
Sie mache sich Vorwürfe, all die Jahre nichts von den Vergewaltigungen ihrer Schwiegermutter bemerkt zu haben. „Wie konnten wir das alles nicht sehen? Aber das ist auch so unglaublich. Welcher normale Mensch denkt an sowas? Wir vertrauten ihm“, resümiert sie und versucht sich zu erklären: „Er hat eine Leichtigkeit, zu manipulieren.“ Doch heute hätte sie einen anderen Blick auf die Dinge. Zum Ende ihrer Aussage umarmt Aurore ihre Familie. Ihr Schwiegervater hat der 37-Jährigen aufmerksam zugehört. Emotionen zeigt Dominique P. dabei nicht ein einziges Mal.