Spektakulärer Vergewaltigungs-Prozess in Frankreich
Richter stellt Missbrauchsopfer Gisèle P. unfassbare Frage

„Sind Sie eine Komplizin Ihres Ex-Mannes?”
Im spektakulären Missbrauchsprozess in Avignon muss sich Gisèle P., Opfer jahrelanger Vergewaltigungen, eine unfassbare Frage gefallen lassen. Doch dass der Richter sie stellt, hat einen nachvollziehbaren Grund.
Mann soll Ehefrau jahrelang mit Medikamenten betäubt haben
Gisèle P. wirkt mutig und entschlossen, als sie am Donnerstagmorgen den Gerichtssaal betritt. Ausführlich schildert sie das, was ihr über einen Zeitraum von rund zehn Jahren widerfahren ist. Ihr Ehemann Dominique P. (72) soll sie unter Medikamente gesetzt und fremden Männern zum Sex überlassen haben. Gisèle P. bekam davon nichts mit und erfuhr erst später von der Polizei, dass sie immer wieder vergewaltigt worden war.
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Frankreich: Anwälte einiger Angeklagter zweifeln an Gisèle P.s Schilderung
Plötzlich warnt der Richter Gisèle P. nach Angaben des französischen Senders BFMTV: Seine nächste Frage könne schockieren. Der Richter will wissen, ob Gisèle P. möglicherweise eine Mitschuld trage und eine „Komplizin” ihres damaligen Mannes sei. Hintergrund der Frage: Anwälte einiger Angeklagter hatten am Vortag angezweifelt, dass Gisèle P. während der Taten bewusstlos war.
Ihre Antwort ist eindeutig: „Ich bin absolut kein Komplize und habe nie so getan, als würde ich schlafen.”
Ein Gutachter fragt Gisèle P. zu ihren Medikamenten – insbesondere zu Temesta, mit dem ihr Mann sie betäubt haben soll. Sie habe das Mittel tatsächlich „aus freien Stücken” genommen, berichtet sie. Allerdings nur einen Monat lang wegen ihrer Schlafstörungen; sie habe es dann schnell wieder weggelassen.
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Prozess in Avignon: Missbrauchsopfer nennt intime Details
Gisèle P. hat sich offenbar vorgenommen, im Prozess auch unbequeme Fragen zu beantworten und kein Detail auszulassen. „Mein Intimleben liegt gerade offen vor allen da”, sagt sie an einer Stelle.
Dominique P. blickt auf den Boden, als seine Ex-Frau vom gemeinsamen Sexleben erzählt, verschwindet fast unter dem Tisch. Ihm und den weiteren 50 Angeklagten drohen bis zu 20 Jahre Haft. Der Prozess ist auf vier Monate terminiert und soll Freitag fortgesetzt werden.