Steuerrabatt für ausländische Fachkräfte

Super Plan oder ein Schlag ins Gesicht für alle anderen?

Ist es gerecht, wenn einer bei gleichem Lohn weniger Steuern zahlen muss als der andere?
Diese Frage kann man sich stellen, wenn man die aktuellen Pläne der Ampelregierung liest. Man kann sich aber auch fragen: Ist das vielleicht eine gute Möglichkeit, dringend benötigte Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben?

Elektriker Zülow findet Idee „von vorne bis hinten grottig“

Elektriker David Zülow sucht dringend rund 100 neue Mitarbeiter, aber dass er mit diesem Plan besser Mitarbeiter findet, glaubt er nicht. Er hält ihn für „totalen Blödsinn.“ Die Kollegen würden sich doch so an den Kopf fassen, wenn man für die gleiche Arbeit, die gleich brutto bezahlt wird, am Ende unterschiedliche Nettolöhne ausgezahlt bekommt, glaubt er. „Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Gewerkschaften so eine Idee super finden. Gleiche Arbeit, gleicher Lohn. Also muss am Ende das gleiche Netto für die Leute herauskommen. Wenn das Prinzip gilt, dann ist das ein Schlag ins Gesicht von jedem, der jetzt schon die ganze Zeit arbeiten geht und es im Übrigen über seine viel zu hohen Beiträge und viel zu hohen Abgaben quer finanzieren muss. Die Idee ist von vorne bis hinten grottig.“

Klare Worte. Aber was ist denn überhaupt geplant? Die Idee ist Teil der sogenannten Wachstumsinitiative, den Kanzler Olaf Scholz (SPD) und seine beiden Vizes Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) und Christian Lindner (FDP) ausgehandelt haben. Ausländische Fachkräfte sollen mit diesen Steueranreizen ins Land gelockt werden:

  • Im ersten Jahr bleiben 30 Prozent des Bruttogehalts steuerfrei.

  • Im zweiten sind es 20 Prozent.

  • Im dritten Jahr dann 10 Prozent.

Danach sind sie ihren Kollegen in Deutschland gleichgestellt.

Es droht mal wieder ein politisches PR-Debakel für die Ampel. Der Arbeitsminister rudert bereits kräftig zurück: „Das müssen wir uns noch mal genauer angucken. Das gehört zu den Dingen. Jetzt sage ich doch mal, die ich da nicht hereingeschrieben hätte in das Papier. Es ist ein Vorschlag von Herrn Lindner und wohl auch von Herrn Habeck”, so Hubertus Heil im RTL-Interview.

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Experte Albrecht von Lucke: Steuerrabatt wichtig!

Dabei wäre der Steuer-Rabatt wichtig für die deutsche Wirtschaft, meint der Politik-Experte Albrecht von Lucke: „Denn ohne Fachkräfte, die wir jetzt gewinnen müssen, wird die deutsche Wirtschaft Schaden leiden. Deswegen ist es fatal, wenn jetzt hier eine völlig verquere Neid-Kampagne aufgezogen wird.”

Doch diese Debatte über Steuer-Gerechtigkeit ist in vollem Gange und könnte dafür sorgen, dass aus den Plänen nichts wird. „Einmal-Prämien hat es in der Vergangenheit und in anderen EU-Ländern auch schon gegeben, aber diese steuerliche Regelung könnte mehr Aufwand und Ärger produzieren, als dass sie gut bezahlte Fachkräfte tatsächlich nach Deutschland lockt. Also: ob das wirklich im Bundestag beschlossen wird, ist fraglich”, so RTL-Politikchef Nikolaus Blome.

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Steueranreize für ausländische Fachkräfte sind seit Jahren ein Thema: Die Bundesregierung hatte bereits 2018 in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage 15 EU-Länder mit solchen Steuervorteilen benannt. Der Schwerpunkt lag dabei allerdings auf Führungskräften in Unternehmen und anderen hoch qualifizierten und gut bezahlten Zuwanderern. Höhere Steuersätze als in ihrer Heimat schrecken gerade solche Zielgruppen oft von einem Wechsel ins Ausland ab. In den Niederlanden ist seit Jahresbeginn eine ähnliche Regelung wie die von der Ampel-Koalition geplante in Kraft. (eku, mit dpa)