Meistens sind Männer die TäterIst eine Ohrfeige schon häusliche Gewalt?
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So viele Fälle häuslicher Gewalt gibt es im Schnitt täglich in Deutschland. Doch was ist häusliche Gewalt? Erst die Ohrfeige oder schon die Beschimpfungen davor? Wer sind die Opfer? Wer sind die Täter – und was tut die Politik?
155 Frauen wurden 2023 von ihrem Partner oder Ex getötet
Es ist eine Zahl, die erschreckt: 256.276 Menschen wurden 2023 Opfer häuslicher Gewalt. Ein Plus von 6,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher sein. Die Mehrheit der Opfer: Frauen. Sie machen 70,5 Prozent aller direkt Betroffenen aus. Drei Viertel der Tatverdächtigen sind Männer. Täter und Opfer stammen aus allen Gesellschaftsschichten. Das geht aus der Polizeilichen Kriminalstatistik hervor. 155 Frauen wurden 2023 sogar von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Bei den Männern waren es 24 Todesopfer.
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Häusliche Gewalt muss dabei nicht hinter verschlossenen Türen oder in der eigenen Wohnung stattfinden. Von häuslicher Gewalt ist immer dann die Rede, wenn es sich um Personen handelt, die in einer partnerschaftlichen Beziehung zueinander sind oder waren oder wenn sich die Gewalt in der Familie abspielt, beziehungsweise eine familiäre Beziehung besteht, erklärte die BKA-Vizepräsidentin Martina Link der Deutschen Presse-Agentur.
Auch Drohungen können als häusliche Gewalt gelten
Doch was genau ist häusliche Gewalt? Eine genaue Definition gibt es nicht. Das Bundesamt für Familien und zivilgesellschaftliche Aufgaben schreibt: „Häusliche Gewalt kann viele Formen haben und äußert sich nicht nur durch körperliche oder sexuelle Übergriffe“. Gewalt kann auch umfassen, wenn das Opfer beleidigt wird, vor anderen schlecht gemacht wird, wenn jemand jähzornig wird und Eigentum des Opfers beschädigt, dem Opfer droht (zum Beispiel damit, Kinder oder Haustiere zu verletzen), Kontakte zu Freunden unterbinden, es daran hindert, das Haus zu verlassen oder es stalkt.
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Häusliche Gewalt spielt sich in 65,6 Prozent aller gemeldeten Fälle (Gesamtzahl: 168.000) zwischen Partnern oder Ex-Partnern ab. Bei 79,2 Prozent der Fälle sind die Opfer Frauen. Meistens handelt es sich um einfache Körperverletzungen (59,1 Prozent), Bedrohung, Stalking oder Nötigung (24,6 Prozent) und gefährliche Körperverletzungen (11,4 Prozent). Wichtig zu verstehen ist, dass häusliche Gewalt nicht nur zwischen Partnern stattfindet – aber sie doch die Mehrheit der Fälle stellt.
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Die restlichen Betroffenen können zum Beispiel Kinder sein. Dabei kann sich ein Konflikt mit strafrechtlicher Relevanz auch zwischen Großeltern und Enkeln abspielen. Betroffen waren 2023 88.411 Menschen. Das Geschlechterverhältnis in diesen Fällen ist allerdings ausgeglichen. 54 Prozent der Opfer waren weiblich, ein Viertel jünger als 14 Jahren.
Höhere Anzeigenbereitschaft
Die steigenden Zahlen könnten damit zusammenhängen, dass mittlerweile eine höhere Anzeigenbereitschaft besteht. Immer mehr Nachbarn und Menschen aus dem Umfeld von Täter und Opfer würden sich trauen, Täter anzuzeigen.
Die Politik kennt die Problematik und versucht gegenzusteuern, etwa mit dem Gewalthilfegesetz. Damit solle „ein Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung“ sowie eine dauerhafte Finanzierung der Schutz-Angebote durch den Bund verankert werden und helfen, dringend benötigte Frauenhausplätze zu schaffen, kündigte Bundesinnenministerin Faeser an. Denn die Frauenhäuser in Deutschland können 7.786 Betroffene unterbringen. Die Gewerkschaft der Polizei geht davon aus, dass aber rund 14.000 Plätze fehlen! Ob und wann diese Lücke geschlossen wird, ist unklar. Für die Opfer keine guten Nachrichten. (eon/dpa)
Seid ihr von häuslicher Gewalt betroffen?
Gibt es auch in eurem Leben häusliche Gewalt? Unter der kostenlosen Nummer 08000 - 116 016 oder unter www.hilfetelefon.de findet ihr Menschen, mit denen ihr darüber sprechen könnt.