„Für mich ist das einfach nur ein Monster“ Hannah R. (21) erfährt fast zwei Jahre später von einer Vergewaltigung unter K.o.-Tropfen
Sie will anderen Opfern Mut machen, damit Täter nicht entkommen können!
Michel Erik R. (34) aus Erfurt steht wegen einer Reihe grausamer Vergewaltigungen vor Gericht. Über einen Zeitraum von zehn Jahren soll er Frauen mit K.-o.-Tropfen betäubt und sich an ihnen vergangen haben. Seine Taten soll er gefilmt haben. Jetzt muss er sich vor Gericht verantworten. Hannah R. ist ein Opfer, das anderen Frauen Mut machen will und mit RTL über ihre schrecklichen Erfahrungen spricht.
Studentin (21) lernt Serienvergewaltiger über Social Media kennen
Es ist eine Halloweenparty in Erfurt, an die sich Hannah R. (Name von der Redaktion geändert) nur allzu gut erinnert. Die Studentin aus Gotha in Thüringen lernt Michel Erik R. über Social Media kennen und nach Wochen des täglichen Austauschs per Nachrichten und tiefgründigen Gesprächen wollen sie sich auf der Party treffen. „Er war sehr sympathisch. Also ich hätte ihm so was tatsächlich auch nie zugetraut“, erinnert sich Hannah R. im Gespräch mit RTL.
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Der Abend verläuft wie erwartet – sie tanzen, lachen, genießen die Atmosphäre. Doch als sie am nächsten Morgen in seinem Bett aufwacht, weiß sie, dass etwas nicht stimmt. „Ich lag nur in Unterwäsche da und er saß im Wohnzimmer, hatte mir eine Nachricht geschrieben, dass es mir in der Nacht ja so schlecht gegangen wäre […] Er hat sich so fürsorglich dargestellt“, berichtet Hannah. „Er hätte mich mit nach Hause genommen, dass mir nichts weiter passiert und dass ich doch ins Wohnzimmer kommen soll, wenn ich wach bin.“ Doch anstatt sich sicher zu fühlen, ist sie von einem tiefen Gefühl des Unbehagens erfüllt.
Hannah erinnert sich daran, dass sie ein komisches Bauchgefühl hat und dass sie nie vorhatte, mit ihm nach Hause zu gehen. „Ich hatte vorher nie so viel getrunken, dass ich über Stunden einen Filmriss hatte. So was gab es vorher noch nie“, sagt sie. Hannah R. fährt mit dem Zug wieder nach Hause. Erst denkt sie darüber nach, zur Polizei zu gehen. Doch den Gedanken verwirft sie schnell wieder, „weil ich dachte, ich hätte ja eh keine Beweise“. Nach diesem Tag bricht der Kontakt zwischen den beiden ab.
Polizei zeigt Opfer Nacktfotos in seinem Bett
Die Erinnerungen an diese Nacht im Jahr 2022 sind bruchstückhaft und verwirrend, doch die Klarheit kommt erst Monate später, als Hannah von einem gemeinsamen Bekannten erfährt, dass der Mann im Gefängnis sitzt. Sie geht zur Polizei und gibt ihre Aussage ab, immer noch unsicher, was wirklich passiert ist. Doch dann habe die Polizei ihr Bilder gezeigt. Bilder von ihr, nackt, in seinem Bett. „Ich fand es einfach superekelig, mich in so einer Situation selber sehen zu müssen und davon ja auch einfach nichts mehr zu wissen. Also es war ja mein Körper und ich lag da, aber das hat einfach in meiner Erinnerung komplett gefehlt. Mir ist schlecht geworden.“

Nach der Enthüllung bricht für Hannah eine Welt zusammen. Sie beginnt eine Therapie, kämpft mit Schlafstörungen, Albträumen und einem tiefen Unbehagen gegenüber ihrem eigenen Körper. „Ich hasse meinen Körper seitdem. Ja, ich schrubbe meinen Körper ständig ab, um irgendwie dieses ekelhafte Gefühl loszuwerden“, gesteht die 21-Jährige.
Hannah R. will andere Frauen ermutigen, die Täter anzuzeigen
Trotz ihrer eigenen Kämpfe nutzt Hannah ihre Erfahrung, um andere Frauen zu ermutigen, ihre Stimme zu erheben. „Das möchte ich quasi jeder Frau mitteilen, egal ob die jetzt von ihm betroffen sind oder von anderen Männern, dass wenn sie dieses Bauchgefühl haben, dass irgendwas nicht gestimmt hat, dass sie eben diesen Sex nicht wollten, dass sie zur Polizei gehen und eben ihren Mund aufmachen und da was sagen.“
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Hannahs Geschichte ist ein erschreckendes Beispiel dafür, wie gut einige Täter ihre wahren Absichten verbergen können. „Für mich ist das tatsächlich kein Mensch mehr. Also, ich würde ihn nicht als Menschen bezeichnen. Für mich ist das einfach nur ein Monster“, sagt sie über den Mann, der ihr Leben auf so grausame Weise verändert hat.
Die schrecklichen Taten, die Hannah und viele andere Frauen durchleben, verursachen tiefe Wunden und hinterlassen eine Spur von Unverständnis und Entsetzen. Michel Erik R. soll 17 Frauen mit K.-o.-Tropfen betäubt und sich an ihnen vergangen haben, während sie bewusstlos waren. Auch Frauen aus seinem direkten Umkreis sowie ehemalige Partnerinnen gehören wohl zu seinen Opfern. Lange Zeit bleibt der vermeintliche Täter unentdeckt. Erst in der Silvesternacht 2023 sei er aufgeflogen, als er versucht habe, eine Frau auf der Straße zu überfallen. Während des Verfahrens untersucht das Gericht sein Handy und findet Aufnahmen von den Vergewaltigungen.

Im Falle einer Verurteilung könnte Michel Erik R. eine Sicherungsverwahrung erwarten. Dies würde bedeuten, dass er auch nach Absitzen seiner Haftstrafe nicht in die Freiheit entlassen wird, um so die Sicherheit der Allgemeinheit zu gewährleisten.