Experten schätzen ein – doch einig sind sie sich nicht

Donald Trump erhebt Sonderzölle auf deutsche Autos – müssen jetzt tausende Menschen um ihren Job bangen?

Autotransport (Symbolfoto)
Autotransport (Symbolfoto)
picture alliance / dpa | Matthias Balk

Jetzt wird es ernst!
US-Präsident Donald Trump will ab dem 2. April Sonderzölle auf alle nicht in den USA gefertigten Autos in Höhe von 25 Prozent umsetzen. Was das für Folgen für die deutsche Wirtschaft haben kann, ordnen Experten ein. Einig sind sie sich nicht.

Zölle sind „Test für Europa, ob man sich weiter spalten lässt”

Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) geht davon aus, dass die Folgen für die gesamte Wirtschaft „erstmal überschaubar“ seien, sagt dessen Präsident Moritz Schularick. Die „Wirtschaftsweise“ Veronika Grimm pflichtet ihm bei: „Die Auswirkungen für Deutschland dürften sich erst einmal in Grenzen halten.“ Viele Autohersteller hätten Produktionskapazitäten in den USA. „Dadurch werden sie von den Zöllen nicht so stark getroffen.“ Die EU-Mitgliedstaaten sollten sich koordinieren, um Gegenmaßnahmen zu treffen, rät sie.

502437599.jpg
IfW-Präsident Moritz Schularick
picture alliance/dpa | Matthias Balk

Lese-Tipp: Audi streicht 7.500 Jobs und kürzt Prämie

„Die US-Zölle auf Autos treffen die deutsche Volkswirtschaft stärker als andere“, warnt der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. Er vermutet aber auch, dass sich die unmittelbaren Auswirkungen auf die deutsche Volkswirtschaft vorerst in Grenzen halten. Grund: „Viele Amerikaner werden weiter hochwertige deutsche Autos auch zu höheren Preisen kaufen.“

Playlist 50 Videos

„Strafzölle auf deutsche Autos sind ein weiterer Schlag für unsere Wirtschaft”

Mehr Sorgen bereitet dem DIW-Chef, dass Trumps Unberechenbarkeit die Unsicherheit für deutsche Unternehmen weiter erhöhen und Vertrauen zerstören werde. Er sieht in den Zöllen einen „Test für Europa, ob man nun endlich gemeinsame Sache machen will oder sich weiter spalten lässt.“ Daher solle die EU „konsequent und schnell, aber auch maßvoll reagieren, um eine Eskalation zu vermeiden“, fordert Fratzscher. Keinesfalls proportional die Zölle auf US-Autos erhöhen, „die in Europa eh kaum jemand kauft.“ Sinnvoller sind seiner Ansicht nach EU-Zölle auf Whisky und Motorräder aus den USA.

RTL–ntv–Wirtschaftskorrespondent Ulrich Reitz.
RTL–ntv–Wirtschaftskorrespondent Ulrich Reitz
Fotoagentur SVEN SIMON

„Strafzölle auf deutsche Autos sind ein weiterer Schlag für unsere Wirtschaft, die ja nach wie vor stagniert“, sagt RTL–ntv–Wirtschaftskorrespondent Ulrich Reitz. Die USA seien der wichtigste Exportmarkt. „Mehr als jedes 13. Auto, das in Deutschland vom Band läuft und im Ausland verkauft wird, landet in den USA.“ Daher bremsten die Zölle den Absatz. Weil mehrere deutsche Hersteller schon Fabriken in den USA haben, erwartet Reitz Produktionsverlagerungen nach Übersee.

Lese-Tipp: Wirtschaftsweisen-Chefin will Feiertag für Aufschwung streichen

Er hält durch die Maßnahme weitere Stellenstreichungen für wahrscheinlich. Grund: „Die Konkurrenz aus China wird immer stärker und die Wende hin zu Elektroautos verläuft schleppender als erwartet. Darunter leiden die Autobauer.“ Das führe letztlich dazu, dass Autos in Deutschland teurer würden. Die deutschen Mittel zur Gegenwehr bezeichnet Reitz als „begrenzt“. Er setzt auf kontinentale Solidarität: „Die EU hat da mehr Möglichkeiten – und will auch hinter Deutschland stehen.“

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Ifo-Chef für Digitalsteuer

Der Chef des bekannten Wirtschafts-Instituts Ifo, Clemens Fuest, rät der Politik zu einer Doppelstrategie: „Die EU sollte mit den USA das Gespräch suchen, um die US-Regierung zur Rücknahme der Zölle zu bewegen”, sagt der Münchner Wissenschaftler. Er fordert Gegenmaßnahmen: „Das könnte beispielsweise die Ankündigung einer Digitalsteuer sein, die US-Unternehmen hart treffen würde.“

Lese-Tipp: Rund 1.900 Jobs bedroht! Porsche baut Arbeitsplätze ab

Cyrus de la Rubia, Sprecher der Hamburg Commercial Bank, sagt: „Je massiver die USA in einen Handelskrieg einsteigen, desto stärker dürfte sich die neue Bundesregierung gefordert sehen, ihre Investitions- und Ausgabenpläne für Infrastruktur und Verteidigung mit Tempo voranzutreiben, um dem Nachfrageausfall etwas entgegenzusetzen.“ Der Chefvolkswirt des Instituts kann den US-Zöllen auch etwas Gutes abgewinnen: „Der nunmehr verstärkte Druck aus den USA ist auch eine Chance für Deutschland”, meint er. (mit dpa und Reuters)