Nachgefragt beim Reiseexperten
Kann ich meinen Urlaub wegen extremer Hitze stornieren?

Am Strand liegen bei 45 Grad?
In Südeuropa und Nordafrika sind diese Temperaturen immer öfter Realität. Doch ist das vermutlich nicht der Sommerurlaub, den sich die meisten von uns vorstellen. Also doch lieber stornieren - wenn das überhaupt geht?
Immer öfter kommt es zu Hitzewellen
Wer im Juli und August nach Südeuropa reist, freut sich auf warme Temperaturen. Doch immer öfter kommt es zu Hitzewellen, die eine angenehme Wärme bei weitem überschreiten und Reisenden eher Anstrengung als Entspannung bescheren. Da würden viele Menschen spontan vielleicht doch lieber im eigenen Land bleiben.
Urlaub stornieren wegen Brandgefahr und Hitze - geht das?
Will ich meine Reise stornieren, mindern und mein Geld zurückbekommen, sei das immer ein Anspruch, der sich gegen den Reiseveranstalter richte, erklärt Rechtsanwalt Paul Degott im RTL-Interview. Dieser müsse immer dann Geld zurückzahlen, wenn er eine Leistung nicht erbracht habe, für die man als Reisender jedoch bezahlt hat.
Das gelte allerdings nicht für eine Hitzesituation, da dies ein Umweltrisiko betreffe. „Wenn ich als Reisender im Juli oder August nach Spanien reise, will ich gerade in die Sonne fliegen und wenn die Sonne jetzt zu heiß ist, ist das nichts, was man dem Reiseveranstalter vorhalten könnte“, erklärt Degott.
Trotzdem müsse man sich immer den Einzelfall anschauen: Wurde mir beispielsweise ein vollklimatisiertes Hotel versprochen und die Klimaanlage sei ausgefallen, ergebe sich wiederum ein Gewährleistungsanspruch bzw. ein Minderungsanspruch, so der Rechtsanwalt weiter. Dass die Sonne scheine, sei aber kein Grund.
Bekomme ich trotzdem Geld zurück, wenn ich VOR Reiseantritt storniere?
„Wenn sich jemand entscheiden sollte, wegen der Hitzesituation am Urlaubsort, welche für den Urlaubsort aber typisch ist, die Reise gar nicht anzutreten, dann wird der Reiseveranstalter sofort mit einer Storno-Rechnung kommen“, erklärt Degott.
Selbst wenn man eine Reiserücktrittsversicherung habe, käme die nur zum Tragen, wenn z. B. eine plötzliche schwere Erkrankung aufgetreten sei. „Allein, dass es heiß ist, ergibt keinen Versicherungsfall“, so der Reiserechts-Experte. Habe man aber eine Vorerkrankung, die sich bisher nicht dramatisch ausgewirkt habe und plötzlich gerate man in große Gesundheitsgefahren, sei das durchaus eine Möglichkeit, um die Reiserücktrittsversicherung in Anspruch zu nehmen. Allerdings müsse sich das gesundheitliche Risiko über ärztliche Atteste belegen lassen, so Degott weiter.
Im Video: Mängel im Urlaubs-Hotel? Diese Rechte habt ihr als Reisende
Mit welchen Kosten muss ich rechnen, wenn ich vor Reiseantritt storniere?
„Wenn ich jetzt mit meiner Familie vor der Urlaubsreise nach La Palma (wo [2023] ein großer Waldbrand ausgebrochen ist) stehe und ich feststelle, dass mein Urlaubsort in diesem Bereich mit Hitze, Rauch und Löscharbeiten liegt, dann kann ich den Rücktritt vom Reisevertrag wegen außerordentlicher Umstände am Urlaubsort erklären, die es mir unmöglich machen, meine Tage am Urlaubsort zu verbringen“, erklärt Degott.
Jetzt gebe es zwei Möglichkeiten, wie der Reiseveranstalter reagieren könnte:
Akzeptiere der Reiseveranstalter den Rücktrittsgrund als außergewöhnlichen Umstand, müsse er den Reisepreis unverzüglich, spätestens innerhalb von 14 Tagen zurückzahlen. Wie kulant sich Reiseveranstalter zeigen, sei dem Rechtsanwalt zufolge aber höchst unterschiedlich.
Sage der Reiseveranstalter hingegen, es brenne an einem ganz anderen Ende der Insel und der urlaubsmäßige Hotelaufenthalt sei nicht beeinträchtigt, müsse man mit einer Storno-Rechnung rechnen. „Die Stornopauschalen sind nach den AGB-Regeln der Veranstalter gestaffelt, je nachdem, wie viel Zeit zwischen Rücktrittserklärung und Reiseantritt lag“, so der Reiserechts-Experte weiter. Die Staffelung fange meistens bei 25 Prozent des Reisepreises an und höre bei 90 Prozent auf. „Das ist das Risiko, was man zu tragen hat und möglicherweise auch ausstreiten sollte. Denn diese Storno-Pauschalen sind nicht gottgegeben, sondern die hat sich der Reiseveranstalter ausgedacht.“ Dass eine Storno-Pauschale zu dem bestimmten Prozentsatz angemessen sei, müsse der Veranstalter dann gegebenenfalls nachweisen, der Reisende hat ein gesetzliches Auskunftsrecht.
Wegen der Hitze: Wer hilft, wenn mir im Urlaub etwas passiert?
Gut zu wissen: Wenn ihr euch am Urlaubsort befindet und ihr euren Urlaub hitzebedingt abbrechen müsst, seid ihr nicht allein: „Verantwortlich zur Unterstützung ist der Vertragspartner, also der Reiseveranstalter“, weiß Degott. Dieser habe nach dem Gesetz sogar, wenn alles schon gescheitert ist, eine nachfolgende Fürsorgepflicht.
So müsse der Reiseveranstalter Urlauber auch weiterhin betreuen, wenn diese nicht sofort nach einer Reiseabbruchserklärung zurückfliegen können. Bedeutet: Euch steht für längstens drei Tage eine Unterkunft auf Kosten des Veranstalters zu. Zudem müsse er Kontakte herstellen zu Behörden, Konsulaten, Krankenhäusern und Ähnlichem, erklärt der Reiserechts-Experte weiter. „Sie sind da nicht hilflos, sondern Sie haben jemanden vor Ort, der betreuen muss.“
Meldet euch bei den RTL-Urlaubsrettern!
Ihr benötigt noch mehr konkrete Hilfe bei euren Reise-Problemen oder wollt uns Fotos/Videos schicken? Dann macht das ganz einfach per Mail an urlaubsretter@rtl.de oder WhatsApp an 0170/4564949.