Was Reisende jetzt wissen müssen
Reform der Fluggastrechte geplant – Verbraucherschützer sind empört!

80 Prozent der Entschädigungen könnten wegfallen!
Wenn ein gebuchter Flug mehr als drei Stunden Verspätung hat, haben Passagiere Anspruch auf finanzielle Entschädigung. Möglicherweise gibt es in Zukunft für Betroffene jedoch deutlich seltener Geld.
Fluggastrechte in der EU: Was gilt bisher?
Von Verspätungen betroffene Fluggäste könnten laut Verbraucherschützern in Zukunft deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung haben. Die EU-Staaten beraten derzeit nämlich über einen Vorschlag der Europäischen Kommission, der unter anderem Entschädigungen erst bei deutlich längeren Verspätungen als bisher vorsieht.
Derzeit gilt nach der Flugastrechteverordnung von 2004 (EG 261), dass Fluggäste ab drei Stunden Verspätung Anspruch auf eine pauschale Entschädigung zwischen 250 und 600 Euro haben:
Flüge bis 1.500 Kilometer Entfernung = 250 Euro
Flüge zwischen 1.500 km und 3.500 km = 400 Euro
Flüge über mehr als 3.500 km = 600 Euro.
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Fluggastrechte-Reform: Entschädigungen erst ab fünf Stunden Verspätung
Nach dem Vorschlag der Kommission soll diese Schwelle auf fünf bis zwölf Stunden angehoben werden und jeweils von der Flugdistanz abhängig sein. Laut Deutscher Presseagentur peilt die EU die folgenden Richtlinien an:
250 Euro erst ab fünf Stunden Verspätung (bis 3.500 km)
400 Euro ab neun Stunden Verspätung (mit mehr als 3.500 km innerhalb der EU)
400 Euro ab neun Stunden Verspätung (mit mehr als 6.000 km bei Flügen außerhalb der EU)
600 Euro ab zwölf Stunden Verspätung (mit mehr als 6.000 km)
Sollten die Reform tatsächlich bewilligt werden, würden Verbraucherschützern zufolge rund 80 Prozent der Entschädigungen entfallen.
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Neue EU-Fluggastrechte: Kritik von Verbraucherschutzbeauftragter
Bundesjustizministerin Stefanie Hubig hat sich deutlich gegen die diskutierte Änderung der Entschädigungsvorschriften ausgesprochen. „Verbraucherrechte sind kein Luxus, den man in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten einfach abschaffen kann”, sagte die SPD-Politikerin, die in der Bundesregierung für den Verbraucherschutz verantwortlich ist. Sie werde sich deshalb dafür einsetzen, dass Flugreisende auch weiterhin ab einer Verspätung von drei Stunden entschädigt werden.
Diese Anpassung wäre ein gravierender Rückschritt, meinte die Co-Leiterin des Europäischen Verbraucherzentrums Deutschland (EVZ), Karolina Wojtal. Die meisten Verspätungen im Luftverkehr lägen zwischen zwei und vier Stunden. „Airlines könnten dazu verleitet werden, Flüge gezielt zu verspäten, anstatt sie zu annullieren, um Entschädigungen zu umgehen.”
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Werden die neuen Richtlinien wirklich kommen?
Die europäische Lobbyorganisation „Airlines for Europe” (A4E) befürwortet eine Reform mit verlängerten Zeitschwellen. „Wenn etwas schiefgeht, braucht es Zeit, um ein Ersatzflugzeug oder eine Ersatzcrew zu finden”, schreibt A4E auf der eigenen Website. Durch verlängerte Schwellenwerte hätten die Airlines gute Chancen, eine Lösung zu finden, die den Flugplan wiederherstelle und Passagiere ans Ziel bringe. Das käme schließlich den Fluggästen entgegen.
Die Reform ist bisher nicht beschlossen. Noch ist unklar, inwieweit die EU-Staaten dem Vorschlag der Kommission folgen oder noch Änderungen vornehmen. Zudem muss ein endgültiger Kompromiss mit dem EU-Parlament gefunden werden. Das Ergebnis dieser Verhandlungen wird darüber entscheiden, wie die endgültige Reform aussieht. (mit dpa)