"Da blutet mir auch das Herz"
Zu warm! Kaum Schnee! Biathlon-Weltcup in Ruhpolding steht auf der Kippe

Die Zeichen für den Biathlon-Weltcup in Ruhpolding stehen unfassbar schlecht! Die zu hohen Temperaturen im Chiemgau machen die Rennen kaum und nur mit einem großen Kraftakt möglich. Sollte das Wetter weiter so warm bleiben, könnte sogar eine Absage drohen. Sportler und Verband sind deshalb längst alarmiert.
Schnee kommt aus den Depots
Die Helfer haben die Strecke trotz Regens und Wärme mit viel Mühe so vorbereitet, dass es am Mittwoch (14.10 Uhr/ARD und Eurosport) mit dem Männer-Einzel losgehen kann. Schnee gab es nur aus den Depots, eingelagert aus dem Vorjahr. In der ansonsten grünen Region liegt nun ein weißes Band, auf dem die Skijäger bis Sonntag sechs Rennen bestreiten sollen. Ob das wirklich klappt, hängt aber auch davon ab, wie sich das Wetter entwickelt. Es soll wieder regnen und bis zu acht Grad warm werden.
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„Es ist wirklich schlimm, da blutet mir auch das Herz, wenn ich da bin und sehe, wie die Natur gerade erwacht, als wäre es schon Frühling“, sagte Olympiasiegerin Denise Herrmann-Wick und ergänzte: „Wir zittern alle und fiebern auf den Heim-Weltcup hin. Wir hoffen, dass coole Bedingungen sind, aber es sieht wirklich traurig aus.“



Training in der Heimat ist unmöglich
Oft schon glich Ruhpolding in der Vergangenheit im Januar einem Winter-Wunderland, tief verschneit, manchmal fiel sogar zu viel vom Himmel. Jetzt ist das anders. Und so wird es auch schwer für den professionellen Wintersport in Mitteleuropa. Herrmann-Wick und Co. hätten um die Feiertage gerne in Ruhpolding trainiert, doch es war zu warm, gab keine Loipe. Genau wie in Oberhof, wo in einem Monat die Biathlon-WM stattfindet. Im Thüringer Wald fehlt es ebenso an Schnee, auch am Rennsteig werden die Strecken mit Reserven aus den großen Depots belegt und für die Wettkämpfe vorbereitet.
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Die Austragung der WM soll aktuell aber genauso wenig in Gefahr sein wie die Ruhpolding-Rennen, bestätigte der Weltverband IBU auf Anfrage. Lange zittern mussten zuletzt auch die Organisatoren des Alpin-Weltcups in Garmisch-Partenkirchen, in Oberstdorf sah es zudem bei Tour de Ski oder Vierschanzentournee mehr trist als winterlich aus.

„Ich habe die Flucht ergriffen"
Was also tun? „Wir sind uns der Thematik bewusst und natürlich diskutieren wir, wie ein Biathlon-Kalender der Zukunft aussehen kann“, sagte IBU-Mediendirektor Christian Winkler: „Das sind sehr viele Stellschrauben, das ist kein einfaches Unterfangen.“ Bis zur Saison 2025/2026 steht das Programm fest, erst in der Periode bis 2030 wird es wohl erste Anpassungen geben. Ob die Länge der Saison verändert wird, neue Regionen erschlossen werden müssen oder Ausrichter ihren Weltcup-Status verlieren werden, ist noch völlig offen.
„Es geht jetzt gerade so schnell, und es gibt so absurd warme Temperaturen“, sagt Athlet Roman Rees. In seiner Freiburger Heimat trainierte der 29-Jährige um den Jahreswechsel bei bis zu 19 Grad fast wie im Sommer. Herrmann-Wick musste ihre Ruhpoldinger Wahlheimat verlassen. „Ich habe die Flucht ergriffen, den Schnee und die besseren Trainingsbedingungen gesucht“, sagte die 34-Jährige. In Südtirol und der Schweiz wurde sie fündig, Deutschlands bester Biathlet Benedikt Doll verzichtete auf das Ski-Training und wich notgedrungen auf Skiroller aus. „Es ist wirklich zum Schreien, das macht wirklich überhaupt keinen Spaß», sagte der Schwarzwälder angesichts wenig winterlicher Bedingungen: „Man muss sich Gedanken machen im Wintersport, denn man braucht einfach den Schnee.“ (jlu/dpa)