Wirtschaftliche Folge der Corona-Pandemie

Privatpleiten nahezu verdoppelt: Besonders häufig im Norden

Privatinsolvenz
Nach Daten der Wirtschaftsauskunftei Crif gab es bundesweit 109.031 Privatinsolvenzen, 93,6 Prozent mehr als 2020. Foto: Fernando Gutierrez-Juarez/dpa-Zentralbild/dpa
deutsche presse agentur

Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit und wenig Hoffnung. Die Corona-Pandemie hat viele Menschen zum Verzweifeln gebracht – besonders finanziell. Rücklagen sind aufgebraucht. Der letzte Schritt: Privatinsolvenz. Dieses Schicksal trifft die Menschen im Norden Deutschlands besonders hart.

Hamburg: 172 Privatpleiten pro 100.000 Einwohner

Erstmals seit zehn Jahren ist die Zahl der Privatpleiten in Deutschland wieder gestiegen und hat sich 2021 nahezu verdoppelt. Besonders ausgeprägt ist diese Entwicklung in Teilen des Nordens. Nach Daten der Wirtschaftsauskunftei Crif gab es bundesweit 109.031 Privatinsolvenzen, 93,6 Prozent mehr als 2020. In Mecklenburg-Vorpommern (plus 132,2 Prozent) und Hamburg (plus 135 Prozent) liegt der Zuwachs deutlich über dem Durchschnitt. Schleswig-Holstein (plus 87,9 Prozent) liegt beim Zuwachs der Insolvenzzahl leicht unterm Schnitt.

Betrachtet man die Häufigkeit von Privatinsolvenzen gemessen an der Einwohnerzahl, liegen alle drei Bundesländer im Norden deutlich über dem Bundesschnitt. Den Crif-Zahlen zufolge gab es in Schleswig-Holstein 163 Privatinsolvenzen je 100.000 Einwohner, in Mecklenburg-Vorpommern waren es 170 und in Hamburg 172. Die bundesweite Vergleichszahl ist 131.

Reserven vieler Betroffener sind aufgebraucht

Eine Frau mit offenen Rechnungen hat viele Schulden. Arbeitslosigkeit und Privatkonkurs
Arbeitslosigkeit und steigende Kosten führen zur finanziellen Verzweiflung.
Gina Sanders - Fotolia, Erwin Wodicka - wodicka@aon.at

In diesem Jahr werden nach Einschätzung von Crif-Geschäftsführer Frank Schlein vor allem die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie viele Verbraucher in Bedrängnis bringen. Crif hält daher bundesweit bis zu 110.000 Privatpleiten für möglich. Dass die Zahlungsunfähigkeit Privatleute im Norden häufiger ereilt, könnte laut Crif mit dem Arbeitsmarkt zusammenhängen. "Hauptgrund für eine Privatinsolvenz ist die Arbeitslosigkeit", sagte Schlein. "Es lässt sich daher auch ein Zusammenhang zwischen der Arbeitslosigkeit und dem Nord-Süd-Gefälle bei den privaten Insolvenzen ableiten."

Viele Menschen, die Einkommenseinbußen durch Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit erlitten hätten, hätten versucht mit eigenen Rücklagen oder privat geliehenem Geld durchzuhalten. "Die finanziellen Reserven vieler Betroffener sind aufgebraucht. Dazu kommen die stetig steigenden Miet- und Energiepreise", sagte Schlein. "Daher gehen wir auch 2022 von weiter hohen Privatinsolvenzzahlen aus." Ohne milliardenschwere Hilfspakete des Staates hätte es wahrscheinlich noch mehr Privatinsolvenzen gegeben, vermutet die Auskunftei. (dpa/cto)