Für ein neues und sicheres Zuhause
Wie finde ich ein gutes Pflegeheim? Wichtige Tipps und Infos
von Rachel Kapuja
Die Entscheidung ist weder für Betroffene noch für ihre Angehörigen einfach: Wenn eine richtige Versorgung aufgrund von Altersbeschwerden, Krankheit oder einem Unfall nur noch in einem Pflegeheim möglich ist, ist das nicht nur emotional eine Herausforderung. Wo beginnt man mit der Suche? Was macht eine gute Einrichtung aus, und wie kann man sichergehen, dass Bewohnerinnen und Bewohner dort gut und kompetent behandelt werden? Wir erklären, wo Sie die nötigen Infos bekommen und welche Dinge Sie beachten sollten.
1. Vorsorge
Es gibt angenehmere Themen im Leben – doch dieses kann sich von einem Tag auf den anderen für immer verändern, etwa durch einen Unfall. Und auch ab einem gewissen Lebensalter sollte man sich wichtigen Fragen stellen, wie es später weitergeht. Dazu gehört das offene Gespräch mit der Familie ebenso wie das Auseinandersetzen mit den finanziellen Möglichkeiten und Dokumenten, die Angehörigen im Ernstfall Entscheidungen erleichtern – zum Beispiel eine Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung. Viele entscheiden sich außerdem für eine Pflegezusatzversicherung, um sich und die Familie vor hohen Kosten im Alter zu schützen.
Sich frühzeitig Gedanken darüber zu machen, welche späteren Pflegeformen denkbar sind ( betreutes Wohnen, voll- oder teilstationäre Tages-/Nachtpflege, ambulante Pflege, Pflege zu Hause durch Angehörige), sorgt nicht nur für Klarheit unter Familienmitgliedern – oft sind die regionalen Kapazitäten begrenzt und die Wartelisten der Einrichtungen lang. Zeichnet sich also ab, dass früher oder später Hilfe nötig sein wird, ist es sinnvoll, vorzusorgen.
Lese-Tipp: So viel kostet ein Pflegeheimplatz 2022 im Durchschnitt
2. Beratung, Recherche und Vorauswahl
- Offline
In Deutschland hat jeder Versicherte gesetzlich Anspruch auf eine kostenlose und neutrale Pflegeberatung – dies gilt sowohl für Pflegebedürftige selbst als auch für deren Angehörige. Dabei bekommen Sie neben Informationen über mögliche Pflegeoptionen und Einrichtungen in Ihrer Nähe, nötigen Antragsformularen und Co. auch Auskunft über den zu erwartenden Pflegegrad und damit darüber, mit welcher finanziellen Unterstützung durch die Pflegekassen Sie rechnen können.
Erste Anlaufstelle sollte immer Ihre Kranken- bzw. Pflegekasse sein. Die Beratung kann zum Beispiel in regionalen Pflegestützpunkten erfolgen; sie werden von den Kranken- und Pflegekassen auf Initiative eines Bundeslandes eingerichtet. Stützpunkte in Ihrer Nähe finden Sie in der Datenbank der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege. Telefonisch bietet das Pflegetelefon des Bundesfamilienministeriums eine erste Anlaufstelle – unter der Nummer 030 20179131 beraten Experten Sie anonym und vertraulich montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr. Das Pflegetelefon ist auch per E-Mail an info@wege-zur-pflege.de zu erreichen.
Auch die private Pflegeberatung compass bietet montags bis freitags von 8 bis 19 Uhr und samstags von 10 bis 16 Uhr unter der Nummer 0800 - 101 88 00 kostenlos und unabhängig Hilfe an. Ebenso gibt es Beratungsangebote von Kirchen und Wohlfahrtsverbänden wie der Caritas. In einigen Bundesländern erhält man bei der Verbraucherzentrale Pflegeberatung rund um rechtliche Themen, diese ist allerdings kostenpflichtig.
Neben der Beratung durch diese Hilfsangebote ist zudem das Gespräch mit Verwandten, Freunden und Bekannten besonders wertvoll. Kennen Sie jemanden, der selbst pflegebedürftig ist, Angehörige von Pflegebedürftigen oder sogar eine Person, die selbst in einer Pflegeeinrichtung arbeitet? Fragen Sie sie nach ihren persönlichen Erfahrungen und Tipps. Auch in sozialen Netzwerken, etwa Facebook-Gruppen, werden Sie fündig.
Beachten Sie allerdings immer, dass sowohl Pflegebedürfnisse als auch persönliche Ansprüche eine sehr individuelle Angelegenheit sind – was für den einen Mensch zum Beispiel eine große Einschränkung darstellt, kann für den anderen dringend notwendige Sicherheit und Struktur bieten.
Lese-Tipp: Probleme im Pflegeheim: Das können Angehörige tun
- Online
Das Internet bietet eine Vielzahl von Informationen zur Pflege im Allgemeinen. Im Bezug auf einzelne Einrichtungen gibt es aber je nach Bundesland teilweise große Lücken, wie die Bertelsmann Stiftung nach einer Erhebung kritisierte: Obwohl alle von ihnen durch die jeweiligen Aufsichtsbehörden über relevante Qualitätsdaten verfügen, stellen sie nur sechs Bundesländer online für Pflegeheimsuchende zur Verfügung. Über verschiedene Hilfsangebote und Datenbanken können Sie Einrichtungen und ihre Kosten in ganz Deutschland und in Ihrer Umgebung aber miteinander vergleichen, etwa hier:
- Weisse Liste der Bertelsmann Stiftung
- Heimverzeichnis der gemeinnützigen Gesellschaft zur Förderung der Lebensqualität im Alter und bei Behinderung GmbH
- AOK-Pflegenavigator
- Pflegelotse des Verbands der Ersatzkassen e. V. (TK, Barmer, DAK und Co.)
- Pflegefinder der BKK
- Online-Suche für Träger des Deutschen Roten Kreuzes
Achten Sie bei der Recherche immer darauf, dass nicht alle Internetportale zum Thema Pflege unabhängig sind.
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3. Besichtigung vor Ort
Haben Sie eine Vorauswahl an möglichen Unterkünften getroffen, ist es unabdingbar, sich vor Ort einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Dabei sind nicht nur grundlegende Infos wichtig, etwa die Anzahl von Pflegekräften im Verhältnis zu Bewohnern und ihre Qualifikation sowie die genaue Aufschlüsselung von (Zusatz-)Kosten. Auch alle Sinneseindrücke zählen: Wie sieht das Heim aus? Was hören und riechen Sie? Vertrauen Sie auf Ihr Bauchgefühl. Viele der oben genannten Info-Portale wie die Weisse Liste bieten Checklisten zum Ausdrucken an, damit Sie bei der Besichtigung nichts Wichtiges vergessen. Unten haben wir zentrale Fragen daraus zusammengefasst.
Manche Pflegeheime bieten ein befristetes Probewohnen an – eine gute Möglichkeit für einen Eindruck, wie der Alltag dort abläuft. Auch eine Kurzzeitpflege, etwa nach einem Krankenhausaufenthalt, kann ein Einstieg sein. Beachten Sie außerdem: In jeder Einrichtung haben Sie das Recht, den Vertrag in den ersten vierzehn Tagen nach Abschluss ohne Einhaltung einer Frist zu kündigen.
Im Video: Pflege-Expertin Andrea Würtz erklärt, worauf Angehörige von Pflegebedürftigen achten sollten
Checkliste für die Pflegeheim-Suche
- Sind alle Kosten transparent und nachvollziehbar? Sind alltägliche Serviceleistungen wie Wäscheservice, Getränke oder Fahrdienste inklusive?
- Werden verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten besprochen?
- Wie ist die Umgebung und die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel? Gibt es ausreichend Parkplätze? Sind Geschäfte, Restaurants, Ärzte etc. leicht zu erreichen?
- Wirkt die Einrichtung wohnlich und sauber, riecht es angenehm? Wie sehen die Zimmer aus, wie sind sie ausgestattet? Sind sie groß genug, auf welchem Stand ist die Technik (z. B. Telefon, Aufzüge, Sanitärbereich)?
- Dürfen persönliche Möbel und Gegenstände mitgebracht werden?
- Wie viele Pflegekräfte sind insgesamt im Einsatz? Gibt es feste Ansprechpartner – auch für Beschwerden?
- Wird die Pflege auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt (insbesondere bei Demenz)? Wie verhält sich das Personal gegenüber den Bewohnerinnen und Bewohnern?
- Wirken Bewohnerinnen und Bewohner zufrieden und gepflegt?
- Wie abwechslungsreich ist das Essensangebot, welche Qualität hat es? Sind Speisen und Getränke auch außerhalb fester Zeiten verfügbar? Wird auf Unverträglichkeiten geachtet?
- Wie ist der Tag strukturiert? Können Aufstehen, Zubettgehen und Aktivitäten selbst bestimmt werden?
- Welche Freizeitaktivitäten werden angeboten? Z. B. Bibliothek, Singen, Ausflüge…
- Werden dort regelmäßig Sprechstunden und Visiten von Haus- und Fachärzten angeboten?
- Kann die Behandlung durch vertraute bisherige Ärzte fortgeführt werden?
- Gibt es weitere Gesundheitsangebote wie Gymnastik, Massage oder Fußpflege?
"Team Wallraff – Jetzt erst recht" bei RTL+
Das „Team Wallraff“ hat nach seiner Sendung im Februar zu Missständen in deutschen Pflegeheimen Hunderte neue Hinweise bekommen - und daraufhin weiter recherchiert. Mit den heftigen Ergebnissen hat Günter Wallraff Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach konfrontiert, damit sich endlich etwas ändert. Die neue Sendung „Team Wallraff – Jetzt erst recht“ – jetzt auf RTL+.