Arzt beantwortet die wichtigsten Fragen zu Männergesundheit
Es geht nicht um die Penis-Größe! Diese Frage stellen die meisten Männer dem Urologen

Da kommt MANN einfach nicht drum herum!
Der Gang zum Urologen ist für viele Männer eine Herausforderung. Das geht soweit, dass viele Männer sogar gesundheitliche Probleme ignorieren, und auch in Sachen Vorsorge hinkt ein Großteil mächtig hinterher. Dabei können vernachlässigte Check-ups schwerwiegende Folgen haben. Was Männer beim Urologenbesuch erwartet, wie oft man sich untersuchen lassen sollte und welche Fragen er in seiner Praxis besonders oft hört, verrät Urologe und Autor Dr. Christoph Pies.
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Warum haben so viele Männer Angst vorm Besuch beim Urologen?
Dr. Christoph Pies: „Drei von vier Männern haben zwar laut Befragungen ausgeprägte Krankheitsängste, lassen aber dennoch die angebotenen Untersuchungen aus Angst vor einer schlimmen Diagnose und den daraus folgenden Konsequenzen nicht durchführen. Krankheit bedeutet schließlich Schwäche, und das passt nicht in das Rollenverständnis eines starken Mannes.“
Laut Pies entwickeln viele Männer deshalb Vermeidungsstrategien. „Auf der Arztbesuch-Ausredenliste findet sich Zeitmangel auf Platz eins, gefolgt von Angst vor einer schlechten Diagnose und Respekt vor der Prostatauntersuchung mit dem Finger.“ Das zeigt sich auch in Zahlen: Während die Vorsorgequote bei Frauen bei über 40 Prozent liege, sei sie bei Männern nur bei gut 20 Prozent.
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Was genau passiert bei einer urologischen Standarduntersuchung?
Viele Männer haben auch deshalb Angst vorm Besuch beim Urologen, weil sie unsicher sind, was dort genau passiert. Dr. Pies: „Die Untersuchung beinhaltet das Abtasten der Hoden und der Leisten und die Inspektion des Genitalbereiches auf Entzündungen und Veränderungen der Haut, sowie eine Beurteilung der Harnröhrenmündung und (ab dem 45. Lebensjahr) das Abtasten der Prostata mit dem Finger vom After her.“
Bei letzterem tastet der Urologe mit dem Finger die Prostata und den Enddarm ab, um herauszufinden, ob sich dort Tumoren befinden könnten. „„Kleine Hafenrundfahrt“ ist der umgangssprachliche Begriff für diese rektale Untersuchung. Damit entdecken wir von zehn vorhandenen Prostatatumoren statistisch gesehen aber nur einen. Nämlich jene, die außen an der Prostata sitzen.“
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Wer sollte wie oft zur Vorsorge zum Urologen gehen?
Dr. Pies: „Die von den Krankenkassen empfohlenen und bezahlten Routinekontrollen halte ich für unbedingt sinnvoll!“
Aktuell stehen einem Mann die folgenden Untersuchungen gesetzlich zu:
Jungs zwischen 9 und 17 Jahren sollten sich gegen HPV impfen lassen, denn humane Papillom-Viren können beim Mann Viruswarzen und bei der Frau auch Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs auslösen. Die Impfung machen normalerweise die Kinderärztinnen und -ärzte. Bei einem Mann führen die Viren zwar nur zu unangenehmen Warzen, aber mit der Impfung schützt er seine Sexualpartnerinnen vor Gebärmutterhalskrebs.
Männer ab etwa 20 Jahren sollten regelmäßig ihre Hoden abtasten. In den frühen Erwachsenenjahren kommt es statistisch am häufigsten zu Hodentumoren. Zum Glück ist das ein Krebs, der sich in den meisten Fällen vollständig heilen lässt. Eine planmäßige Kontrolle auf Hodentumore seitens der Krankenkassen gibt es derzeit nicht. Daher sollten junge Männer regelmäßig die Hoden selbst abtasten! Eine Anleitung findet sich beispielsweise auf www.hodencheck.de.
Ab 35 erfolgt dann alle drei Jahre ein Gesundheits-Check-up beim Hausarzt (Herz-Kreislauf, Diabetes und Nieren, Urinkontrolle und erweiterte Blutuntersuchung mit Fettwerten), ebenso ein Hautkrebs-Screening alle zwei Jahre.
Mit 45 beginnt die eigentliche urologische Vorsorge. Es wird eine körperliche Untersuchung mit Abtasten von Leistenregion, Penis, Hoden und Prostata, jährlich empfohlen. Bei familiärer Belastung mit Prostatakrebs sollte man schon mit 40 damit beginnen.
Ab 50 startet die Darmkrebsvorsorge, die wahlweise einen jährlichen Test auf verstecktes Blut im Stuhl oder zwei Darmspiegelungen im Abstand von zehn Jahren beinhaltet.
Ab 60 sollte man die Grippeschutzimpfung und Pneumokokken-Impfung nicht vergessen und mit 65 wird im Ultraschall nach Erweiterungen der Bauchschlagader gesucht.
Was sind typische Symptome, mit denen Männern zu Ihnen kommen?
Dr. Pies: „Ob und wann man eine Urologin oder einen Urologen aufsucht, ist auch eine Generationenfrage. Insbesondere die über 50-Jährigen haben meist noch die Einstellung: Wenn etwas kaputt ist im Körper, dann lasse ich es reparieren. Vorher ignoriere ich viele Anzeichen von Krankheit. Und wenn ein akutes Problem auftaucht, dann kann ich ja immer noch zum Arzt.“
Das fehlende Gesundheitsbewusstsein beruhe laut Dr. Pies auf einer Mischung aus fehlender Risikokompetenz, kurzsichtigem Denken und Verdrängungsmechanismen. Besonders psychische Erkrankungen würden weggedrückt und sind unterdiagnostiziert.
„Auf organischer Ebene haben Männer mittleren Alters häufig Entzündungen der Prostata und ab 50 Beschwerden auch beim Wasserlassen durch eine Prostata-Vergrößerung. Junge Männer hingegen zeigen ein zunehmend besseres Gesundheitsbewusstsein“, so Dr. Pies. Doch das könne auch ins Gengeteil umschlagen.
„Ich sehe fast täglich das Krankheitsbild einer „overtreatment balanitis". Das ist eine Eichelentzündung, die durch zu viel Hygiene entstanden ist. Meist bei jüngeren Männern, die durch eine intensive, mehrmals tägliche Waschung mit Seife oder Duschgel die normale Hautflora zerstört haben, also den Schutzmantel der Haut“, sagt Dr. Pies.
Er erklärt weiter: „Auf der Eichel leben normalerweise viele Arten von Bakterien, Viren und Pilzen friedlich miteinander. Durch zu viel Hygiene wird deren Gleichgewicht zerstört und die Pilze gewinnen die Überhand, weil sie am resistentesten sind. Dann entsteht die typische Rötung mit weißlichem Belag. Dann denkt der Mann, ich habe mich nicht genug gewaschen. Und er wäscht dann noch intensiver. Damit wird alles nur noch schlimmer.“
Junge Männer kämen auch oft aus Angst vor Geschlechtskrankheiten oder der Sorge vor Hodenkrebs.
Potenzstörungen hingegen treten in allen Altersgruppen auf, nehmen aber laut Experte mit dem Alter deutlich zu. Potenzstörungen haben oft ein Mosaik von Ursachen, organische wie psychische Faktoren spielen eine Rolle. „In den letzten Jahren sehe ich zunehmend junge Männer, die Potenzprobleme durch zunehmenden Leistungsdruck im Job, durch Paarprobleme und durch zu hohe sexuelle Erwartungen bekommen haben“, so Dr. Pies.
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Welche Fragen hören Sie von Ihren Patienten besonders häufig?
„Die häufigste Frage lautet: ‚Ist das etwas Schlimmes?‘ Besonders im Hinblick auf Hoden- und Prostatakrebs. Aber oft tritt - begründet durch Scham und Unsicherheit - das eigentliche Problem, weshalb der Mann bei mir in der Sprechstunde ist, erst im Laufe eines vertrauensvollen Gespräches zutage ...“, so Dr. Pies.
Junge Männer seien oft verunsichert, was eine „normale Sexualfunktion“ angeht. „Zum Beispiel was Größe und Aussehen des Penis’ angeht – die Krümmung oder solche Sachen. Es bestehen überhöhte Erwartungen und falsche Einschätzungen in vielerlei Hinsicht.“ Dr. Pies erklärt, dass der durchschnittliche Geschlechtsverkehr in Deutschland zum Beispiel nur fünf Minuten dauert. Doch das ist vielen Männer nicht bekannt. „Wenn Männer befragt werden, schätzen sie diesen rückblickend aber auf bis zu 30 Minuten ein. Und jeder fünfte Mann stuft seinen Samenerguss als zu vorzeitig ein“, so der Urologe.
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Zweites große Thema ist die Potenz. „Potenzprobleme führen viele Männer erstmals zum Urologen - allerdings erst, wenn der Leidensdruck hoch genug ist. Manchmal ist es auch der Leidensdruck der Partnerin, der letztlich zum Urologenbesuch führt. Meist öffnet sich der Mann erst dann, wenn er vom Arzt aktiv darauf angesprochen wird.“
Sei dieser Einstieg einmal geschafft, kann sich eine große Offenheit und auch Dankbarkeit entwickeln. Denn der Patient spüre, dass seine Beschwerden ernst genommen werden und auch behandelt werden.
Größe und Form - wie zufrieden sind Männer mit ihrem Penis?
Dr. Pies: „Zur Information: Im Mittel ist der Penis im Ruhezustand durchschnittlich neun Zentimeter und in voller Größe etwa 13 Zentimeter lang. Man sollte sich dabei immer bewusst machen, dass bei einem Mittelwert naturgemäß die eine Hälfte der Bevölkerung unterhalb dieses Wertes rangiert. Nur, dass niemand zu dieser Hälfte gehören möchte!“ I
In einer Befragung von über 25.000 Männern seien nur 55 Prozent zufrieden mit ihrer Penisgröße gewesen, 45 Prozent wünschten sich einen größeren Penis. Pornographische Darstellungen würden falsche Vorstellungen einer vermeintlichen „Norm“ vermitteln. Und: „Die Nachfrage nach Penisvergrößerungen hat in den letzten Jahren spürbar zugenommen.“
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In ihrem Buch „Keine Angst vorm Urologen" beschreiben Sie den Penis als die „Antenne des Herzens". Was genau meinen Sie damit?
Dr. Pies: „Es ist als Metapher gemeint: Eine Potenzstörung kann ein erster wichtiger Hinweis auf die Entwicklung von Durchblutungsstörungen sein, woraus sich dann auf Gefäßschäden an anderen Organen wie Herz oder Gehirn schließen lässt. Die Erektionsstörung geht nämlich mit ihren Symptomen einem Herzinfarkt oder Schlaganfall im Mittel zwei bis drei Jahre voraus. Der Penis ist also ein sehr effektives Frühwarnsystem für Durchblutungsstörungen! Dieses Alarmsignal muss sehr ernst genommen werden, insbesondere bei Rauchern! Daher die Metapher mit der Antenne.“ (lkö/spot on news)