Urteil gegen Krzysztof P.

Neun Jahre Haft für Vater, weil er Baby Filip totgeschüttelt hat

Krzysztof P. (52) vor dem Landgericht Flensburg.
Krzysztof P. (52) am Tag der Urteilsverkündung vor dem Landgericht Flensburg.
RTL Nord

von Katharina Steinhöfel und Sina Schlink

Es war Totschlag. Der Angeklagte Krzysztof P. (52) ist heute vor dem Landgericht Flensburg zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Aufgrund der Verfahrensverzögerung gelten sechs Monate davon bereits als verbüßt. Das Gericht ist sich sicher: Er hat seinen vier Monate alten Sohn Filip im September 2016 zu Tode geschüttelt.

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Mit dieser Begründung fordert die Verteidigung Freispruch

Nach mehr als sechs Jahren ist die tragische Odyssee um den Tod des kleinen Filip nun endlich beendet. Der erst vier Monate alte Säugling ist an einem schweren Schütteltrauma gestorben, heißt es in der Urteilsverkündung. Schuld daran ist der Vater des Kindes, Krzysztof P.

Als der vorsitzende Richter das Urteil verkündet, hält der Angeklagte sich die Hände vors Gesicht, vergießt Tränen. Seine Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert, ein Tatnachweis sei nicht gegeben, es sei ein tragischer Unfall gewesen. Laut Verteidigung habe der Angeklagte den Säugling retten wollen als er sich an seiner Milch verschluckt habe. Dem folgte die Kammer nicht. Ein Verschlucken an der Milch als Todesursache sei ausgeschlossen sagten Rechtsmediziner. Zudem zeige die Intensität des Schüttelns schwerste Gewaltanwendung.

Die Eltern ließen einen Krankenwagen rufen

Vater soll Sohn auf Sylt zu Tode geschüttelt haben.
Krzysztof P. am ersten Prozesstag vor dem Landgericht Flensburg.
RTL Nord

Rückblick: Weil es dem Jungen nicht gut ging, lassen die Eltern am 6. September 2016 laut damaliger Mitteilung der Polizei über einen Bekannten den Krankenwagen rufen. Beide stammen aus Polen, leben zu dem Zeitpunkt in Westerland auf Sylt, sprechen aber kaum Deutsch. Doch dem Säugling kann nicht mehr geholfen werden, er stirbt. Die Obduktion in der Rechtsmedizin Kiel gibt Hinweise darauf, dass es sich um eine Gewalttat handeln kann. Die Mordkommission Flensburg leitet die Ermittlungen gegen Krzysztof P. ein.

Bis zum Prozessstart Anfang Januar hat es rund sechs Jahre gedauert. Weil dem Angeklagten die Ladung unter seiner Anschrift in Polen nicht zugestellt werden konnte, ist im März ein Haftbefehl erlassen worden. Vier Monate später, im Juli 2022, hat die Polizei Krzysztof P. in Polen festgenommen. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft.

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Krzysztof P. war nicht bei der Beerdigung seines Sohnes

Das Paar kennt sich seit 2015. Am ersten Prozesstag erzählt die Mutter, sie habe in Westerland auf Sylt 2016 als Reinigungskraft gearbeitet. Das Paar habe dort damals beengt in einer 1-Zimmer-Wohnung gelebt. Nachdem ihr Sohn Filip im Mai geboren wurde, sei es immer öfter zu Konflikten gekommen. Das Kind soll viel geweint haben. Das soll die Nerven des Vaters strapaziert haben. Weiter sagt sie, sei er jähzornig und ihr gegenüber gewalttätig gewesen. Deshalb sei sie auch kurz nach der Geburt ausgezogen. Im September 2016 passte Krzysztof P. dennoch auf den gemeinsamen Sohn auf, weil sie arbeiten musste und keinen Babysitter gefunden hatte, sagt sie. Am letzten Prozesstag erscheint sie nicht vor Gericht.

Nachdem Krzysztof P. sich zum Prozessauftakt nicht äußert, gibt er sich im Laufe weiterer Verhandlungstage als trauernder Vater. Er bricht in Tränen aus als die Staatsanwaltschaft ihr Plädoyer verliest, sagt mit zittriger Stimme, dass sein Herz gebrochen sei und er seinen Sohn unfassbar vermisse. Am Tag der Urteilsverkündung äußert er sich nicht. Nicht einmal bei der Beerdigung des Kindes in Polen ist er gewesen.

Ihr schreiendes Baby überfordert Sie? Das können Sie tun

Wenn Sie sich überfordert fühlen, empfehlen Experten folgendes Vorgehen:

  • Legen Sie Ihr Baby sicher ab
  • Holen Sie sich Unterstützung oder rufen Sie jemanden an
  • Atmen Sie tief durch
  • Schauen Sie wieder nach Ihrem Baby
  • Machen Sie sich immer bewusst, dass Schütteln keine Lösung ist und töten kann.

Hier bekommen Sie Hilfe: Am Kinderkompetenzzentrum des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf gibt es eine permanente Telefon-Hotline für Eltern, die durch das Schreien ihrer Babys akut gestresst sind und akut Hilfe brauchen: 0152 22 89 52 61.

Auch die örtlichen Jugendämter bieten verschiedene kostenlose Beratungen und Unterstützungen an. Im Familienportal des Bundesministeriums für Familie, Senioren Frauen und Jugend können Sie nach den entsprechenden regional Beratungsstellen suchen.

Bei diesen Anlaufstellen bekommen Eltern, Kinder und Jugendliche Unterstützung: