Umfrage der Bertelsmann Stiftung
Mehrheit der Deutschen befürwortet soziale Pflichtzeit für alle

Der Wehrdienst ist abgeschafft, einen Zivildienst gibt es auch nicht mehr. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte daher eine sozial Pflichtzeit für alle vorgeschlagen. Im Sommer erntete er dafür noch viel Kritik – aber auch Zustimmung. Doch wie sieht es die Bevölkerung jetzt?
Umfrage der Bertelsmann Stiftung zur Pflichtzeit

Altersunabhängig und für alle sollte es sein, das soziale Pflichtjahr. Angestoßen hatte es Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Sommer. Gänzlich abwegig scheint der Gedanke wohl nicht zu sein. So zumindest lassen sich die jüngsten Umfrage-Ergebnisse zum Thema deuten.
Um ein aktuelles Stimmungsbild zur Pflichtzeit-Debatte einzufangen, ist das Liz Mohn Center der Bertelsmann Stiftung dieser Frage nachgegangen. Das Ergebnis ist eindeutig: Rund zwei Drittel der Befragten würde einer soziale Pflichtzeit unabhängig vom Alter zustimmen. Das ging aus der repräsentativen Umfrage hervor. Im Umkehrschluss spricht sich aber auch ein Drittel der Befragten gegen die soziale Pflichtzeit aus.
Lese-Tipp: Steinmeier für Einführung eines sozialen Pflichtdiensts - Ampelministerinnen dagegen
Der ideale Zeitpunkt für Pflichtdienst scheint nicht zu existieren
So angesehen die Idee der Pflichtzeit auch sein mag, sie stößt an ihre Grenzen. Insbesondere dann, wenn es um die Ausführung geht, scheint laut Befragung kein Zeitpunkt ideal zu sein. So plädiert nur jeder Dritte dafür, das verpflichtende soziale Engagement direkt an den Abschluss der schulischen Laufbahn zu knüpfen. Doch gerade für junge Menschen stellt das eine besondere Hürde dar. Sie zieht es aktuell deutlich schneller ins Berufsleben.
Dementsprechend sehen knapp 57 Prozent der Befragten eine Pflichtzeit nach dem Schulabschluss als unnötige Verzögerung für ihren weiteren Werdegang an. Jeder Fünfte ist sogar der Meinung, dass es keinen idealen Moment gibt. Nur acht Prozent sind überzeugt, dass der Zeitpunkt frei wählbar sein sollte und zudem die Rahmenbedingungen stimmen müssten.
Lese-Tipp: CDU für verpflichtendes Gesellschaftsjahr
Ihre Meinung ist gefragt: Wäre ein soziales Pflichtjahr denkbar für Sie?
Die Ergebnisse der Umfrage sind nicht repräsentativ.
Mehr Anreize und Anerkennung für sozialen Pflichtbeitrag

Um Anreize für den sozialen Pflichtbeitrag zu schaffen, müssten damit gewissen Vorteile einhergehen. Neben einer höheren sozialen Anerkennung, sollten Verkürzungen der Wartezeiten auf einen Studienplatz möglich sein. Außerdem könnte die Attraktivität gesteigert werden, wenn Anrechnungen auf Renten oder Steuervergünstigungen Teil des Vorhabens wären. Das gaben zumindest zwei Drittel der Befragten an. Somit sind 38 Prozent überzeugt davon, dass ein freiwilliger sozialer Dienst genauso hoch vergütet werden solle wie der Freiwilligendienst bei der Bundeswehr.
Lese-Tipp: Mehr als 180 neue Freiwillige im Dienst des DRK Sachsen
Sozialer Pflichtdienst kein Notnagel für Fachkräftemangel
Wirtschaft und Politik seien gefragt, wenn es um die Stärkung des sozialen Pflichtjahres ginge, sagt Jörg Habich. Der Geschäftsführer des Liz Mohn Centers will aber nicht, dass die dadurch geschaffenen Strukturen aktuelle Missstände kompensieren. Sozialer Pflichtdienst sei „keine Lösung für den Personalmangel in sozialen Berufen“. Zudem könne er „schlechte Arbeitsbedingungen“ nicht kompensieren, sagt Habich. Er fordert neue rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen „die alle Beteiligten motivieren und überzeugen“.
Lese-Tipp: Scharf: Bundesweite Strategie für mehr Personal im Sozialen
Politik & Wirtschaftsnews, Service und Interviews finden Sie hier in der Videoplaylist
Spannende Dokus und mehr
Sie lieben spannende Dokumentationen und Hintergrund-Reportagen? Dann sind Sie bei RTL+ genau richtig: Sehen Sie die Geschichte von Alexej Nawalny vom Giftanschlag bis zur Verhaftung in „Nawalny“.
Außerdem zur aktuellen politischen Lage: „Krieg in der Ukraine – So hilft Deutschland“ und „Klima-Rekorde – Ist Deutschland noch zu retten?“
Spannende Dokus auch aus der Wirtschaft: Jede sechste Online-Bestellung wird wieder zurückgeschickt – „Retouren-Wahnsinn – Die dunkle Seite des Online-Handels“ schaut hinter die Kulissen des Shopping-Booms im Internet.