Aufnahmen aus dem Krieg in der Ukraine offenbaren mutmaßliches Kriegsverbrechen

Video zeigt ukrainische Schüsse auf sterbenden russischen Soldaten

02.04.2022, Ukraine, Dmytriwka: Ein ukrainischer Soldat geht auf einer Straße an einen zerstörten russischen Panzer vorbei. Foto: Efrem Lukatsky/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Kriegstrümmer in der Nähe von Dmytriwka.
EL aju, dpa, Efrem Lukatsky
von Sergej Maier, Jan Dafeld und Christian Berger

Der Krieg in der Ukraine sorgt weiterhin für schreckliche Bilder. Diese entstehen durch russische, teilweise allerdings auch durch ukrainische Hand: Im Westen von Kiew haben ukrainische Truppen offenbar gefangen genommene Soldaten aus Russland getötet. Das geht aus einem Video hervor, das von unserem Verifizierungsteam als echt eingeschätzt wurde.
Lese-Tipp: Alle aktuellen Informationen rund um den Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit im Liveticker

Ukraine: Russischer Gefangener wird erschossen

Auf dem Video ist ein russischer Soldat mit einer Jacke über dem Kopf zu sehen. „Der lebt noch“, sagt einer der umstehenden Männer. „Filmt diese Plünderer. Der röchelt noch.“ Daraufhin schießt ein Soldat dreimal auf den Russen. Bis dieser sich nicht mehr bewegt.

Die Kamera wandert weiter. Man sieht drei weitere Soldaten. Sie liegen in der Nähe des ersten Opfers – tot. Einer der Männer hat seine Hände hinter dem Rücken gefesselt. Die weißen Armbinden der Opfer deuten darauf hin, dass es sich um Soldaten der russischen Armee handelt.

Ehemaliger Leibwächter auf Video zu sehen

Es sind zudem Wracks zerstörter gepanzerter Fahrzeuge auf der Straße zu sehen. Dann kommt ein Mann ins Bild, den wir mit der Hilfe von einer speziellen Gesichtserkennungs-Software zuordnen können.

Wir finden das Foto eines Mannes, der klar in dem Video zu erkennen ist, auf einer VK-Seite, der osteuropäischen Variante von Facebook. Der Mann ist mit einer Ukrainerin aus Kiew verheiratet. Er stammt aus Georgien. Pikant: Offensichtlich war er als Leibwächter des früheren georgischen Präsidenten Micheil Saakaschwili aktiv. Auch darüber gibt es Fotos im Internet. In späteren Aufnahmen war er zudem auch an der Seite des rechtsextremistischen ukrainischen Politikers des „Rechten Sektors“ Dmytro Jarosch zu sehen.

Ein georgischer Mann in dem Video konnte von uns verifiziert werden.
Ein georgischer Mann in dem Video konnte von uns verifiziert werden.
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Aufnahmen stammen aus der Nähe von Butscha

Die Szenen stammen unseren Recherchen zufolge aus dem Umkreis von Dmytriwka, einem Dorf in der Nähe von Butscha, wo nach dem Abzug russischer Truppen ein Massaker an der Zivilbevölkerung festgestellt werden konnte.

Die Aufnahmen entstanden sehr wahrscheinlich am 30. März in der Folge eines Gegenangriffs der ukrainischen Truppen. Ende März und Anfang April gelangen dem ukrainischen Militär mehrere Erfolge im Kampf gegen die russischen Invasoren, die sich daraufhin aus mehreren Kiewer Vororten zurückzogen – so auch im Umkreis von Butscha.

Kommentar zum Massaker von Butscha: Ein Massaker mit Ansage

Das ukrainische Verteidigungsministerium hatte das ukrainische Manöver sowie die erfolgreiche Zerstörung russischer Fahrzeuge vor rund einer Woche offiziell bestätigt. In einem Video bestätigte ein Soldat damals zudem, dass mindestens zwei russische Soldaten gefangen genommen worden seien.

Aus dem Krieg in der Ukraine werden zahlreiche Fotos und Videos von Zerstörungen oder auch Tötungen veröffentlicht. Viele der Bilder können von unabhängiger Seite nicht direkt verifiziert werden. Mithilfe von anderen Aufnahmen – teilweise auch von Satelliten – konnten unabhängige Medien, darunter auch unser Verifizierungsteam, allerdings zahlreiche Videos bestätigen. Das gelang beispielsweise bei mehreren Aufnahmen aus Butscha.

Im Video: So arbeitet das RTL-Verifizierungsteam