Plattform muss illegale Inhalte künftig schneller entfernen

Twitter-Streit um Falschaussagen - Richterin: "Das Internet ist kein rechtsfreier Raum"

ARCHIV - 26.04.2022, Bayern, Kempten: Das Logo von Twitter auf dem Display eines Laptops. (zu dpa "Neue Abo-Regelung führt zu Fake-Accounts von Promis auf Twitter") Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
LT KQ OZ LT cul jat, dpa, Karl-Josef Hildenbrand

Twitter muss künftig dafür sorgen, dass illegale Inhalte wie Beleidigungen oder Falschaussagen dauerhaft gelöscht werden und auch in ähnlicher Formulierung nicht mehr auftauchen. Das hat das Landgericht Frankfurt entschieden. Kommt die Plattform dem nicht nach, droht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro je Fall. Außerdem kann Ordnungshaft angeordnet werden. Damit gaben die Richter Baden-Württembergs Antisemitismusbeauftragtem Michael Blume im wesentlichen Recht. Er hatte Twitter wegen Verleumdungen gegen seine Person verklagt.

Urteil: Twitter muss bei illegalen Inhalten nachbessern

„Die Entscheidung zeigt, das Internet ist kein rechtsfreier Raum“, sagte die Vorsitzende Richterin Ina Frost bei der Urteilsverkündung. In dem Eilverfahren hatten Blume und die unterstützende Organisation HateAid Twitter vorgeworfen, für die Verbreitung von Verleumdungen mitverantwortlich zu sein.

Konkret war in den Tweets laut Blume behauptet worden, dieser gehe fremd und er betrüge seine Frau mit Minderjährigen. Außerdem wurde dem Gericht zufolge verbreitet, er sei in „antisemitische Skandale“ verstrickt und „Teil eines antisemitischen Packs“. Laut der Gerichtsentscheidung sind diese „ehrenrührigen Behauptungen unwahr“. Die Bezeichnung als Antisemit sei zwar zunächst eine Meinungsäußerung, sie sei aber in dem gewählten Kontext rechtswidrig, denn sie trage nicht zur öffentlichen Meinungsbildung bei und ziele erkennbar darauf ab, Stimmung gegen Blume zu machen, hieß es.

Lese-Tipp: Twitter: Neue Abo-Regelung führt zu Fake-Accounts von Promis

24.11.2022, Hessen, Frankfurt/Main: Der Antisemitismusbeauftragte für Baden-Württemberg, Michael Blume, sitzt im Gerichtssaal. Michael Blume will erreichen, dass der Kurznachrichtendienst Twitter Verleumdungen gegen ihn umgehend von der Plattform entfernt und sie nicht wiederhergestellt werden dürfen. Foto: Hannes P. Albert/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Antisemitismusbeauftragter Michael Blume
han kno, dpa, Hannes P Albert

Was bedeutet das Urteil des Frankfurter Landgerichts für Twitter?

Twitter muss illegale Inhalte künftig nicht nur dauerhaft löschen, sondern die Richter gingen noch einen Schritt weiter. Sie entschieden, dass das Unterlassungsverbot nicht nur dann greife, wenn eine Äußerung wortgleich wiederholt werde, „sondern auch, wenn die darin enthaltenen Mitteilungen sinngemäß erneut veröffentlicht werden“. Ob das der Fall ist, muss die Plattform der Kammer zufolge eigenständig prüfen.

Allerdings erklärte das Gericht auch, dass Twitter mit Blick auf seine rund 237 Millionen Nutzer keine allgemeine Monitoring-Pflicht auferlegt werde. Eine Prüfpflicht bestehe nur dann, wenn jemand Persönlichkeitsrechtsverletzungen konkret beanstandet.

Bei dem Urteil handelt es sich nach Medienberichten um eine Musterklage, die das Landgericht nun im Grundsatz bestätigt hat. Rechtskräftig ist die Entscheidung noch nicht. Twitter kann noch Berufung einlegen.

Lese-Tipp: Große Aufräum-Auktion: Elon Musk mistet im Twitter-Hauptquartier aus

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Twitter-Urteil: Nicht alle angeprangerten Inhalte strafbar

Als zulässig erachtete das Frankfurter Landgericht dagegen die Äußerung eines Nutzers, wonach der Antisemitismusbeauftragte Blume in die jährlich vom Wiesenthal-Zentrum in Los Angeles veröffentlichte Liste der größten Antisemiten weltweit aufgenommen worden ist. Unabhängig davon, ob dies gerechtfertigt sei, dürfe darüber informiert werden, hieß es. Dagegen müsse sich Blume im öffentlichen Meinungskampf zur Wehr setzen. (dpa/sbl)

Politik & Wirtschaftsnews, Service und Interviews finden Sie hier in der Videoplaylist

Playlist 50 Videos

Spannende Dokus und mehr

Sie lieben spannende Dokumentationen und Hintergrund-Reportagen? Dann sind Sie bei RTL+ genau richtig: Sehen Sie die Geschichte von Alexej Nawalny vom Giftanschlag bis zur Verhaftung in „Nawalny“.

Außerdem finden Sie Dokus zu Politikern wie die persönlichen Einblicke zu Jens Spahn oder zur aktuellen politischen Lage: „Klima-Rekorde – Ist Deutschland noch zu retten?“

Spannende Dokus auch aus der Wirtschaft: Jede sechste Online-Bestellung wird wieder zurückgeschickt – „Retouren-Wahnsinn – Die dunkle Seite des Online-Handels“ schaut hinter die Kulissen des Shopping-Booms im Internet.