Psychologen unterscheiden vier Phasen der Trauer
Trauerbewältigung: Wie verkraftet man den Tod geliebter Menschen?
„Ich stehe wieder auf. Mein Mann hat das auch immer so gemacht."
Mit Trauer geht jeder Mensch anders um. Während die einen beim Verlust eines geliebten Menschen nur wanken, fallen andere regelrecht um.
„Das hier ist gerade die schwerste Zeit meines Lebens, und ich habe immer noch nicht alles begriffen, verstanden. Mein Herz will das auch noch nicht.“ Es sind die ersten Worte von Jasmin Herren nach dem unerwarteten Tod ihres Mannes Willi bei Instagram. Der 42-Jährigen ist die Trauer ins Gesicht geschrieben, doch Jasmin schaut nach vorn: „Ich stehe wieder auf. Mein Mann hat das auch immer so gemacht. Und ich werde auch wieder richtig fest stehen – irgendwann.“
Manch einer steht nach einem Jahr wieder auf und lebt das Leben weiter, ein anderer knabbert jahrelang am Verlust und kann sein eigenes Leben nicht mehr bewältigen. Trauer wird von einer Vielzahl von Gefühlen wie Wut, Angst, Ohnmacht und Hilflosigkeit begleitet. Das Durchleben dieser Gefühle ist notwendig, um den Verlust zu verarbeiten und dem eigenen Leben einen neuen Sinn zu geben.
1. Phase: Nicht-Wahrhaben-Wollen und Verleugnung
Die Schweizer Psychologin Verena Kast benennt in ihrem Buch „Trauern“ vier Trauerphasen. Diese Phasen sind wichtig, um mit dem Schmerz abzuschließen. Die vier Phasen treten nicht unbedingt hintereinander auf, vielmehr gehen sie ineinander über und treten im Lauf des Trauerprozesses auch wechselweise wieder auf. Intensität und Dauer sind dabei individuell sehr unterschiedlich. Sollten Sie das Gefühl haben, dass Sie in einer Trauerphase feststecken, kann Ihnen ein Trauerbegleiter oder Psychologe professionelle Unterstützung bieten. Gerade erst ist ein geliebter Mensch gestorben und wir wollen es einfach nicht wahrhaben. Wir sind uns sicher, dass er jeden Moment zur Tür hereinkommt und alles nur ein böser Traum ist. Wir stehen unter Schock. Mit Kindern funktioniert man nur, um ihren geregelten Tagesablauf beizubehalten.
2. Phase: Aufbrechende Gefühle
Wir haben realisiert, dass der Verstorbene nicht wiederkommt und das Gefühl der Verzweiflung macht sich breit. Jeder Gedanke an den geliebten Menschen schmerzt einfach nur. Diese Phase durchlebt jeder Mensch anders: Manche bekommen keinen Bissen mehr herunter, andere essen wahllos alles. Manche können nicht schlafen, andere wiederum kommen nicht mehr aus dem Bett. Diese Phase ist mit einer Depression vergleichbar, denn wir fragen uns, wie wir je wieder glücklich werden können und warum das Leben so erbarmungslos ist. Diese Phase ist die schmerzlichste und schwierigste Phase der Trauerbewältigung.
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3. Phase: Langsame Neuorientierung
Wenn Phase 2 überwunden ist - unabhängig wie lange sie dauert - begreifen wir langsam, dass sich die Welt weiterdreht. Wir nehmen noch nicht hundertprozentig am Leben teil, orientieren uns aber wieder daran. Die Trauer ist dennoch allgegenwärtig und übermannt uns von Zeit zu Zeit.
4. Phase: Neues Gleichgewicht
In dieser Phase ist der schmerzvollste Teil der Trauerbewältigung überwunden. Es geht bergauf und betroffene Hinterbliebene sehen wieder das berühmte Licht am Ende des Tunnels. Manch einer geht mit neuem Elan und Mut an das Leben und erinnert sich gern an die schönen Zeiten mit dem Verstorbenen zurück. Dieser liebe Mensch, den wir verloren haben, ist dennoch allgegenwärtig. Wie lange ein Trauernder jede Phase durchläuft, lässt sich pauschal nicht vorhersagen. In jeder Phase gibt es Menschen, die dort für längere Zeit verharren. In dem Fall helfen dann auch keine gut gemeinten Ratschläge wie „Die Zeit heilt alle Wunden“.
Hilfe bei der Trauerbewältigung
Als Außenstehender ist man oft überfordert mit der Trauer eines anderen Menschen. Man weiß nicht, wie man mit dem Tod und der Reaktion des Trauernden umgehen soll. Was in allen vier Trauerphasen hilft: da sein, zuhören, den Trauernden nicht alleine lassen. Dabei sollten nahe Menschen darauf Acht geben, dass die oder der Trauernde nicht t in der dritten Phase verharrt.
Es gibt Menschen, die eine „komplizierte Trauer“ erleben und die nicht ohne Hilfe von außen über die dritte Phase hinaus finden. Jetzt liegt es am sozialen Umfeld des Trauernden, diese Hilfe zu vermitteln, denn der Trauernde selbst erachtet sein Verhalten als normal.
Für Trauernde und ihr nahes Umfeld gibt es zahlreiche Selbsthilfegruppen, beispielsweise TrauerWelten e.V., einen Verein zur Begleitung trauernder Menschen. Auch Wohlfahrtsverbände, die es in jeder größeren Stadt gibt, wie die Arbeiterwohlfahrt oder das Deutsche Rote Kreuz haben Experten zur Trauerbewältigung.
Wer einfach mit jemandem reden möchte, egal zu welcher Uhrzeit, kann sich auch an die Telefonseelsorge wenden (0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222). Vielen Menschen hilft aber auch ihr starker christlicher Glaube. Dort finden Trauernde Unterstützung. Aber egal, wo sich Betroffene Hilfe suchen, Unterstützung erfahren sie überall, denn Reden hilft bei der Trauerbewältigung mehr als das alleinige Auseinandersetzen.