"Es wird nichts mehr so, wie es einmal war"Psychologin erklärt: Wie überbringt man Todesnachrichten?

Ein Verlust des Partners ist schwer
Wie schafft man es, nicht an der Trauer zu zerbrechen?

Was Michael Ballack und seine Ex-Frau Simone Mecky-Ballack gerade durchstehen müssen, ist kaum vorstellbar. Am Donnerstag (5. August) haben sie ihren gemeinsamen Sohn verloren. Emilio Ballack kam im Alter von nur 18 Jahren bei einem Quad-Unfall in Portugal ums Leben. Es gibt keine Worte, um zu beschreiben, was in den Eltern vorgehen muss. Was gibt in solchen traumatischen Momenten Halt, wie schafft man es, nicht an der Trauer zu zerbrechen? Psychologin Dr. Doris Wolf arbeitet seit Jahren mit Menschen, die den oft plötzlichen Tod einer geliebten Person zu verarbeiten haben. Im RTL-Interview erzählt sie uns von ihrer Arbeit.

Wie genau man die Nachricht übermittelt, hängt von vielen Faktoren ab

Dr. Doris Wolf ist Psychologin in Mannheim und hat schon viele Ratgeber zur Trauerbewältigung, unter anderem "Einen geliebten Menschen verlieren", geschrieben. Das Ziel der Arbeit von Seelsorgern und Psychotherapeuten sei es, Betroffene in den ersten Stunden nach Bekanntgabe des Todesfalls zu begleiten und zu verhindern, dass diese sich schlimmstenfalls selbst schaden. Den einen Weg, Todesnachrichten zu überbringen, gebe es nicht. „Es hängt von den Todesumständen, der Persönlichkeit des Trauernden und auch von der Persönlichkeit des Seelsorgers ab. Man sollte darauf achten, sie [die Nachricht] sachlich und klar zu übermitteln“, erklärt Wolf.

"Manche Menschen brechen in Tränen aus, andere funktionieren weiter wie ein Uhrwerk"

"Darf" eine neue Liebe nach dem Tod des Partners sein?
Halt von vertrauten Menschen ist in der Trauer eine wichtige Stütze.
Rawpixel Ltd. (Rawpixel Ltd. (Photographer) - [None]

So individuell, wie man eine Todesnachricht überbringt, ist auch die Reaktion der Betroffenen, weiß Psychologin Doris Wolf: „Manche Menschen brechen in Tränen aus und schreien verzweifelt, andere verstummen und wiederum andere funktionieren weiter wie ein Uhrwerk.“ Am wichtigsten sei es für die Seelsorger, „einfach da zu sein“ und den Betroffenen zu signalisieren, dass ihre Reaktionen normal sind. Dabei würden sie auch für ganz praktische Dinge sorgen: „Zum Beispiel die Abschirmung von Neugierigen am Unfallort, warme Decken, etwas zum Trinken, die Benachrichtigung Angehöriger. Falls der Wunsch nach körperlicher Nähe besteht, halten sie die Hand oder umarmen.

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Trauerbewältigung kann Jahre dauern

Trauern Menschen anders, wenn der Tod des geliebten Menschen plötzlich (zum Beispiel durch einen Unfall) kam – im Vergleich zum Tod nach einer langen Krankheit, oder hohem Alter? „Generell geht aus Untersuchungen hervor, dass plötzliche, unerwartete Todesfälle schwieriger zu verarbeiten sind als solche, auf die Betroffene sich einstellen können“, sagt Wolf und merkt an: „Wie schnell sie den Tod annehmen und ihr Leben neu einrichten können, hängt von vielen Faktoren wie ihrem Alter, Persönlichkeitsmerkmalen, ihrer finanziellen und beruflichen Situation, Anzahl und Alter der Kinder, Gesundheitszustand, ihrer generellen Lebenseinstellung oder ihren Erfahrungen mit Verlusten ab“. Das kann oftmals Jahre dauern.

Silke Kaufmann ist ehrenamtliche Trauerbegleiterin und hält es für wichtig, sich auch bei plötzlichen Todefällen vom Verstorbenen zu verabschieden. „Es hilft in der Trauerverarbeitung“, so Kaufmann. Sie sagt aber auch: „Trauern hilft den Schmerz zu verarbeiten und wieder neuen Lebensmut zu bekommen.“

Trauer braucht Zeit - unterstützende Begleitung ist wichtig

Hände Trauer
Die Unterstützung anderer Menschen kann dabei helfen, die schweren Phasen der Trauer durchzustehen.
Yuri Arcurs, iStockphoto

Silke Kaufmann trifft viele Menschen, denen der Tod eines geliebten Menschen den Boden unter den Füßen wegzieht. „Der Tod eines Menschen, insbesondere der Tod eines Kindes verändert das Leben für die Angehörigen insbesondere der Eltern ein Leben lang. Es wird nichts mehr so, wie es einmal war. Dieses Leben ohne Kind ist schmerzlich und braucht Zeit, viel Zeit“, so Kaufmann. Dem Umfeld rät sie, auf die Trauernden zuzugehen: „Die Eltern möchten über ihr Kind erzählen. Immer und immer wieder. Sprecht die Eltern auf ihr Kind an, teilt die Erinnerungen.

Dr. Doris Wolf rät: „Oft sind besonders lebenspraktische Dinge wie Essen vorbeibringen, zu einem Spaziergang mitnehmen, zu Behörden mitgehen oder Korrespondenz erledigen hilfreich.“ Wichtig sei es auch, großzügig zu sein und zu verzeihen. Betroffene hätten oft nicht die Kraft, auf andere einzugehen, seien gereizt oder würden Vereinbarungen absagen.

Niemand muss allein trauern: Hier finden Sie Hilfe

Für Trauernde und ihr nahes Umfeld gibt es zahlreiche Selbsthilfegruppen, beispielsweise TrauerWelten e.V., einen Verein zur Begleitung trauernder Menschen. Auch Wohlfahrtsverbände, die es in jeder größeren Stadt gibt, wie die Arbeiterwohlfahrt oder das Deutsche Rote Kreuz haben Experten zur Trauerbewältigung. Wer schon länger als sechs Monate intensiv trauern und daran therapeutisch arbeiten möchten, kann sich bei der Studie "Progrid – Therapie anhaltender Trauer" anmelden.

Wer einfach mit jemandem reden möchte, egal zu welcher Uhrzeit, kann sich auch an die Telefonseelsorge wenden (0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222). Vielen Menschen hilft aber auch ihr Glaube und suchen den Kontakt zu ihrer Gemeinde. Aber egal, wo sich Betroffene Hilfe suchen, Unterstützung erfahren sie überall, denn Reden hilft bei der Trauerbewältigung mehr als das alleinige Auseinandersetzen. (fge)