Doch es gibt neue Hoffnung für Bärin "Gaia"
Schwester von "Problem-Bär Bruno" tötete Jogger - jetzt geht Italien auf Jagd
Nach dem tragischen Tod eines jungen Mannes in Norditalien wächst nun auch in Bayern die Angst vor neuen Bärenangriffen. Denn der Angriffsbär aus der Gemeinde von Val di Sole stammt aus derselben Population im Trentino, aus der in den vergangenen Jahren immer wieder Problemtiere nach Bayern einwanderten. Jetzt steht fest: Die Bisse an der Leiche stammen von der Bärin „Gaia“, das ist ausgerechnet die Schwester des 2006 in Bayern erschossenen Problembären Bruno – mehr dazu im Video.
Kratzer und Bisswunden am ganzen Körper

Auslöser der Bärenjagd-Debatte ist der Tod des 26-jährigen Andrea Papi. Der junge Mann war am letzten Donnerstag in der italienischen Gemeinde Caldes zum Joggen aufgebrochen und nicht zurückgekehrt. Nahe eines Forstweges fand man den leblosen Körper des Mannes. Dieser wies Kratzer und schwere Bisswunden auf. Wegen des Zustands der Leiche ordneten die Behörden eine Autopsie an, die am Freitag dann die Bestätigung brachte: Der Mann starb durch den Angriff eines Bären.
Für die Bewohner der Berggegend ein Schock. Laut der größten italienischen Umweltschutzorganisation Legambiente, handelt es sich in Italien um die erste Tötung eines Menschen durch einen Bären seit 150 Jahren. Es sei aber „offensichtlich, dass es in der Provinz ein Problem beim Zusammenleben zwischen den Menschen und den Wildtieren gebe". Ein "Massen-Abschuss" könne aber nicht die Lösung sein, so die Umweltschützer.
Doch Angriffe der Wildtiere sind leider keine Seltenheit. Wie italienische Behörden berichten, soll es im italienischen Alpenraum seit 2014 sieben Angriffe auf Wanderer gegeben haben. Auch Tiere wurden gerissen.
Problembären-Familie um Bruno, Gaia und ihre Eltern Jose und Jurka
Am Mittwoch bestätigt die Staatsanwaltschaft Trient, dass die Auswertung der DNA-Spuren am Opfer ergeben habe, dass es sich bei dem Angriffstier um eine Bärin mit der Bezeichnung JJ4 handle. Sie soll eine Schwester des 2006 in Bayern erschossenen Problembären Bruno sein.
Bruno, auch bekannt unter dem Code JJ1, war in Bayern als sogenannter Problembär bekannt: Er riss Schafe, plünderte Bienenstöcke und Kaninchenställe. Seine Bezeichnung als Problembär durch den damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber wurde vor 17 Jahren zum geflügelten Wort.
Die Eltern von JJ4 und JJ1 sind zwei slowenische Bären, Jose und Jurka, die zwischen 2000 und 2001 im Rahmen des EU-Projekts „Life Ursus“ nach Italien gebracht wurden. Bruno wanderte damals nach Bayern aus.
Das 17-jährige Bärenweibchen JJ4 ist im Trentino nicht unbekannt. Es hat laut Staatsanwaltschaft unter anderem bereits im Sommer 2020 zwei Menschen, einen Vater und seinen Sohn, auf dem Monte Peller angegriffen. Bereits damals sollte sie eigentlich getötet werden, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Ein Verwaltungsgericht hob die Entscheidung jedoch auf. Die Bärin wurde mit einem Funkhalsband ausgestattet, das jedoch derzeit nicht funktioniert und keine Daten über ihre Bewegungen übermittle, hieß es weiter.
Video-Highlight: Bär ganz nah
Wiederansiedelungsprogramm der Bären aus dem Ruder gelaufen
In dem Wiederansiedelungsprogramm der Trentiner Landesregierung, das vor rund 25 Jahren begann, waren Medienberichten zufolge, ursprünglich 50 Bären vorgesehen. Mittlerweile leben aber zwischen 100 und 120 Bären auf einem 1.500 Quadratkilometer großen Gebiet. Das entspricht nur einem Viertel der gesamten Provinz.
Die Bärenpopulation stammt eigentlich aus Slowenien und wurde im Rahmen eines EU-Projektes vor Jahrzehnten nach Italien gebracht, um ihr Aussterben zu verhindern. Jetzt werden sie zum Problem. Auch Deutschland ist besorgt, denn die bayrischen Alpen liegen nur knapp 120 Kilometer von der Provinz Trient entfernt.
Antonio Maini, der Bürgermeister der Gemeinde Caldes, aus der das Todesopfer stammt, warnt laut der FAZ deshalb vor der „Gefahr der Untätigkeit“, die dazu führen könne, dass die Menschen beschließen, das Gesetz selbst in die Hand zu nehmen und der Wilderei nachzugehen. Denn der Angriffsbär ist noch immer frei in der Provinz unterwegs.
Italien geht auf Bärenjagd
Deshalb beginnt in der bewaldeten Berggegend, jetzt eine Bärenjagd, die vornehmlich dem Zweck dient, den Bären zu fangen, der Andrea Papi getötet hat. Angeordnet von Maurizio Fugatti, dem Präsidenten der Region Trentino. Auch drei weitere als aggressiv geltende Bären sollen laut Medienberichten erlegt werden. Sie sollen aus der gleichen Population stammen wie der Angriffsbär.
Hoffnung für Bärin Gaia
Für die Schwester von Problembär Bruno könnte es aber bald ein Happy End geben: Die italienische Tierschutzorganisation LAV – Lega Anti Vivisektion – hat ein neues Zuhause für Gaia gefunden, in das sie sofort einziehen kann. Diesen Vorschlag hat der Verein bereits mit einem Brief an den Fugatti und den Umweltminister offiziell gemacht. In diesem bitte LAV darum, die Anordnung der Tötung der Bärin zurückzuziehen, da sie sofort umgesiedelt werden könnte. „Die von Präsident Fugatti angeordnete Tötung des Bären ist daher sinnlos und ihre Ausführung kann den Straftatbestand der 'unnötigen' Tötung eines Tieres erfüllen, da es eine konkrete Alternative gibt“, so Gianluca Felicetti, der Präsident der Organisation. Bisher gibt es keine Reaktion auf diese Forderung.
Italien: Familie des getöteten Joggers will klagen
Der Schutz der Menschen stehe laut lokalen Politikern an erster Stelle. Deshalb bestehe das Fernziel auch darin, die Bärenpopulation von 100 bis 120 auf rund 50 Tiere zu senken – nicht nur durch Tötung, sondern unter Umständen auch durch Umsiedlung. Wie genau das Ablaufen soll, ist jedoch noch unklar. Tierschützer warnen hingegen vor einer Überreaktion und verweisen auf die bedrohte Biodiversität.
Die Familie des getöteten Joggers Andrea Papi prüft, ob sie den Staat Italien und die Provinz Trient verklagen kann, nicht zuletzt, weil es vor der Bärenansiedlung Ende der Neunzigerjahre kein Referendum gab. (cbl, swi/ mit dpa)