Frau posiert vor KZ-Gedenkstätte

Auschwitz-Komitee tobt nach geschmacklosem Touri-Foto: „Ihr fehlt jedes Feingefühl für den Ort!“

Kay Nietfeld
Eingangstor des ehemaligen deutschen Konzentrationslagers Auschwitz mit dem Schriftzug "Arbeit macht frei". Foto: Kay Nietfeld/dpa
deutsche presse agentur

Ein Foto mit einem Lächeln, das verstört. Das freundliche Gesicht wurde mit einer selbst darstellenden Pose vor dem KZ in Auschwitz aufgenommen. Genau dort, wo Millionen Menschen auf grausamste Weise ihr Leben lassen mussten. Im Netz gab es für die Aktion der Frau mächtig Ärger. Jetzt meldet sich auch das Internationale Auschwitz Komitee zu Wort.

Fröhliches Foto am Ort des Todes

Zu sehen ist eine Frau, die lächelnd auf den Gleisen sitzt, auf denen vor vielen Jahrzehnten Züge rollten, die Menschen in das Konzentrationslager brachten. Eine Fahrt in den sicheren Tod. Zwischen einer und 1,5 Millionen Menschen verhungerten dort, wurden gequält, auf unterschiedliche Art und Weise gnadenlos ermordet. Die genaue Zahl der Opfer lässt sich nicht mehr ermitteln. Das Foto löst im Netz eine Welle der Empörung auch. Aber nicht nur dort.

„Sich an jedem Ort und in jeder Situation in den Mittelpunkt zu stellen und egoistisch zu posieren, wirkt gerade in Auschwitz besonders schamlos“, so Christoph Heubner, der Exekutiv Vizepräsident des Internalen Auschwitz Komitees im Interview mit RTL. „Offensichtlich fehlt ihr jedes Feingefühl für den Ort.“ Heubner erklärt weiter, dass solche Szenen der Gefühlslosigkeit und Gedankenlosigkeit eher selten vorkommen. Jedoch beobachtet er regelmäßig, dass Touristinnen und Touristen viele Fotos und auch Selfies vor dem KZ machen. Heubner vermutet dahinter eine Art Übersprungshandlung, um mit dem beklemmenden Gefühl und den schrecklichen Fakten vor Ort umzugehen: „Es ist schwer, sich mit Auschwitz zu konfrontieren, weil man auch immer in einen Spiegel schaut: Das hier war und ist menschenmöglich.“

Lese-Tipp: Touristin posiert vor KZ Auschwitz, als wäre sie am Eiffelturm

Auschwitz: Ein von Deutschen organisierter Massenmord

Das Konzentrationslager Auschwitz wurde zum Synonym für den Holocaust. Eine systematische Tötung an Juden und anderen Menschen. Organisiert von den Deutschen im zweiten Weltkrieg. Nur weil den Nationalsozialisten ihre „Nase“ nicht passte. Die Mauern des KZs spiegeln noch heute das unfassbare Leid der Menschen, die dort brutal umgebracht wurden, wider.

Lese-Tipp: 75 Jahre nach der Befreiung des KZ Auschwitz: Niemals vergessen

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Holocaust auch in den Köpfen von jungen Menschen

Heubner ist mit einer Gruppe Auszubildender eines großen Autoherstellers vor Ort. Die jungen Erwachsenen helfen gemeinsam mit dem Internationalen Auschwitz Komitee, die Gedenkstätte zu erhalten. Kolja ist einer von ihnen. Er ist 22 Jahre alt, trotzdem ist ihm bewusst, welche Bedeutung das Vernichtungslager in Auschwitz hat. So wie die meisten Menschen empfindet er das Verhalten der Touristin als unangebracht. „Ich hoffe, dass ich den Mut finden würde, diese Frau anzusprechen und ihr klarmachen könnte, wie unverschämt und respektlos ihr Verhalten und ihre Inszenierung ist: Das bin ich und das sind wir alle den hier Getöteten schuldig“, so Kolja zu RTL. (she)

Lese-Tipp:"Abscheulicher Angriff": Baracken in KZ Auschwitz-Birkenau antisemitisch beschmiert