Verkehrsunfall verhinderte Schlimmeres

22-Jähriger soll Jungen zum Missbrauch entführt haben - Opfer sagt unter Tränen aus

Nur ein Verkehrsunfall verhinderte offenbar, dass ein mutmaßlicher Kindesentführer aus Velbert sein elfjähriges Opfer missbrauchte. Der Tatverdächtige Collins D. muss sich seit Freitag vor dem Landesgericht in Wuppertal verantworten. Er soll den Jungen laut Anklage aggressiv in seinen Wagen gedrängt haben, um ihn sexuell zu missbrauchen. Der elfjährige Junge musste vor Gericht erscheinen. Er machte seine Aussage unter Tränen. Für ihn und seine Eltern ist der Prozess sehr belastend. Im Video beschreibt Mutter Jennifer E., wie es sich angefühlt hat, dem Angeklagten gegenüber zu sitzen.

Psychologin erklärt die Tränen bei der Aussage des Jungen

Der Junge soll seinem mutmaßlichen Peiniger im Gerichtssaal nicht in die Augen blicken müssen. Zu diesem Zweck wurde eine weiße Trennwand zwischen Opfer und Angeklagtem aufgebaut. Die Öffentlichkeit wurde für die Aussage des Jungen vom Prozess ausgeschlossen. Seine Mutter bestätigte jedoch bei RTL, dass ihr Sohn während seiner Aussage geweint habe.

Häufig kann den Opfern bei Gerichtsprozessen eine solche Belastung erspart werden, wenn ein umfassendes Geständnis vom Täter abgelegt wurde. Im Prozess von Wuppertal geht es aber vor allem darum, dem Angeklagten eine Missbrauchsabsicht nachzuweisen. Die Aussage des Jungen soll dabei helfen. Denn bislang hat Collins D. nur gestanden, den Jungen in seinem Auto mitgenommen zu haben.

Traumapsychologin Sybille Jatzko erklärt im Gespräch mit RTL.de, die Tränen seien Hinweis darauf, dass das Kind das Geschehene mit seinen Gefühlen verknüpfen könne. Oftmals könnten Kinder nur erzählen, was passiert sei - ohne ihre Gefühle und Wahrnehmungen damit zu verknüpfen. „Beim Kind wird durch die Aussage im Prozess alles aktualisiert, was mit dem Ereignis abgespeichert ist“, erklärt Jatzko. Wichtig sei, dass nach der Aussage mit dem Jungen therapeutisch gearbeitet werde, damit er die Erfahrungen und den Umgang mit seiner Angst in sein leben integrieren könne.

Elfjähriges Opfer hatte Glück im Unglück

Prozess wegen Kindesentführung und versuchtem Missbrauch in Velbert
Auch das Entführungsopfer, ein zehnjähriger Junge aus Velbert, musste vor Gericht aussagen.
RTL

Der Elfjährige ist offenbar nur durch großes Glück einem Missbrauch oder gar noch Schlimmerem entkommen. Laut Anklage war der Junge im Februar mit seinem Tretroller auf dem Weg zur Schule, als er aus dem Auto heraus von Collins B. angesprochen wurde. Erst freundlich, dann aggressiv soll der Angeklagte den Jungen eingeschüchtert und in sein Auto gedrängt haben.

Dann soll er erst den Weg zur Schule gefahren sein, bevor er mit den Worten „ich kenne eine Abkürzung“ in ein Waldstück abbog. Kurz darauf baute der Angeklagte einen Unfall, der Junge fing an zu weinen. Mit dem weinenden Kind am Straßenrand habe der Angeklagte zu viel Aufsehen erregt und keine Chance mehr gesehen, seinen Missbrauchs-Plan umzusetzen, so die Anklage. Der Junge konnte daraufhin fliehen. Er setzte seinen Schulweg fort und ging in die Schule, wo er seinen Lehrern von dem Vorfall erzählte.

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Angeklagter suchte im Internet nach Kindesentführung, Missbrauch und Mord

Dank seiner genauen Auto- und Täterbeschreibung konnte die Polizei kurze Zeit später Collins B. als Tatverdächtigen ermitteln. Der 22-Jährige soll sich vor der Tat im Internet intensiv mit dem Entführen, Missbrauchen und Ermorden von Kindern beschäftigt haben.

Erst daraufhin konnte die Polizei einen Haftbefehl gegen ihn erwirken. Den entscheidenden Hinweis gab ein Werkstattbesitzer. Bei ihm hatte Collins B. den schwarzen Kleinwagen vor dem Vorfall gemietet und danach mit entsprechenden Unfallspuren zurückgebracht.

Angeklagter präsentiert eigene Version der Tat

11.10.2019, Nordrhein-Westfalen, Wuppertal: Der wegen Freiheitsberaubung und versuchten sexuellen Kindesmissbrauchs Angeklagte (M) kommt in den Gerichtssaal. Der mutmaßliche Entführer eines Zehnjährigen in Velbert muss sich in Wuppertal vor dem Landgericht verantworten. Foto: Oliver Berg/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Mutmaßlicher Kindesentführer von Velbert vor Gericht
obe gfh, dpa, Oliver Berg

Der Angeklagte streitet die Vorwürfe ab. Vor Gericht präsentiert er seine ganz eigene Version des Tatablaufs. Er gab zwar zu, den Elfjährigen im Februar 2019 auf seinem Schulweg angesprochen und ihn mit einem angemieteten Wagen mitgenommen zu haben – doch er habe den Jungen nur mit zur Schule nehmen wollen, da er sich dort für ein Praktikum bewerben wolle. Demnach hatte er vor, zu einem Freund nach Velbert zu ziehen. Er mache gerade Fachabitur, wofür er das Praktikum benötige.

Der 22-Jährige muss sich wegen Freiheitsberaubung und versuchten sexuellen Kindesmissbrauchs verantworten. Das Wuppertaler Landgericht hat für den Prozess sechs Verhandlungstage angesetzt.