Prozess nach Tötung zweier Polizisten bei Kusel geht weiterBekannter warnte Andreas S. schon vor Jahren: "Nicht, dass deine Kinder dich eines Tages im Gefängnis besuchen müssen"

07.07.2022, Bayern, München: Der Angeklagte sitzt auf der Anklagebank und wird von einem Fotografen fotografiert. Dem Mann wirft die Staatsanwaltschaft vor, die beiden im rheinland-pfälzischen Kusel getöteten Polizisten verunglimpft haben. Foto: Britta Schultejans/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Andreas S. wird zweifacher Mord vorgeworfen.
bsj vge, dpa, Britta Schultejans

Die kaltblütige Hinrichtung zweier Polizisten am 31. Januar im Landkreis Kusel schockierte ganz Deutschland. Die Staatsanwaltschaft ist sich sicher: Jagd-Fan Andreas S. hat Alexander K. und Yasmin B. erschossen, um seine illegalen Geschäfte geheim zu halten. Beim Prozess in Kaiserslautern bleibt der Angeklagte bei seiner bisherigen Version: Er habe in Notwehr gehandelt. Einige Zeugen zeichnen dagegen ein düsteres Bild von Andreas S.: Der 39-Jährige habe Vögel vor seinem Fenster abgeknallt als er nicht schlafen konnte. Ein anderer sagt, er habe Andreas S. schon vor Jahren vor dem Gefängnis gewarnt.

Polizistenmord in Kusel: Prozess gegen Andreas S. geht weiter

„Andreas, es ist so gekommen, wie ich es dir prophezeit habe“, will Werner T. einst zu Andreas S. gesagt haben. „Pass auf, wenn du hier illegal Geschäfte machst. Nicht dass deine Kinder dich eines Tages im Gefängnis besuchen müssen.“

Andreas S. war in der Vergangenheit bereits wegen Insolvenzverschleppung und nicht bezahlter Gehälter angeklagt worden, zudem soll er einen Überfall auf seine Bäckerei vorgetäuscht und einen anderen Jäger angeschossen haben. Vor dem Landgericht Kaiserslautern ist er nun allerdings wegen eines deutlich gravierenderen Verbrechens angeklagt: Es geht um zweifachen Mord.

Tatverdächtiger soll Vögel abgeschossen haben, als er nicht schlafen konnte

ARCHIV - 04.02.2022, Rheinland-Pfalz, Ulmet: Blumen und Kerzen stehen an dem Tatort, an dem Ende Januar 2022 bei Kusel zwei Polizeibeamte bei einer Verkehrskontrolle erschossen wurden. (zu dpa «Die Stille nach dem Hilferuf - Erste Zeugen in Polizistenmord-Prozess») Foto: Sebastian Gollnow/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Blumen und Kerzen an dem Tatort, an dem zwei Polizeibeamte bei einer Verkehrskontrolle erschossen wurden.
scg cul sab alf, dpa, Sebastian Gollnow

Andreas S. sei ein begeisterter Schütze und Jäger gewesen, da sind sich praktisch alle Zeugen vor Gericht einig. Aber: Der Angeklagte sei auch leicht reizbar und teilweise aggressiv gewesen, auch das gilt als nahezu unstrittig.

Sein ehemaliger Klassenlehrer Karl-Udo O. erzählt vor Gericht eine Geschichte, die tief blicken lässt: Vor vielen Jahren habe Andreas S. nachts nicht schlafen können, das habe der Tatverdächtige selbst erzählt. Daraufhin begann er, Vögel vor seinem Fenster zu erschießen – weil ihr Gesang ihn gestört habe.

Der „Stern“ berichtet unter Berufung auf Ermittlungsunterlagen, dass Andreas S. eine Tat wie den Mord an den beiden Polizisten bereits zuvor angekündigt habe. Er werde sich den Weg freischießen, falls ihn jemand beim Wildern kontrollieren sollte, soll er einem Jagdfreund von sich mehrfach gesagt haben.

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Prozess nach Polizistenmord in Kusel: Andreas S. belastet erneut Florian V.

Andreas S. sagte am Dienstag erneut aus und blieb dabei bei seiner Aussage, er habe aus Notwehr gehandelt. „Jetzt hört auf! Hört endlich auf!“, will er dem schießenden Polizisten entgegengerufen haben. Er selbst habe nur drei Schüsse abgegeben, auf Yasmin B. habe er nicht geschossen, behauptet der Tatverdächtige.

Damit belastet Andreas S. den ebenfalls angeklagten Florian V.: Der Komplize des 39-Jährigen hat bereits eingeräumt, bei der Tat anwesend gewesen zu sein, er habe aber keinen Schuss abgegeben, so Florian V, die Staatsanwaltschaft glaubt seinen Aussagen. Florian V. war kein geübter Schütze, vermutlich schoss Andreas S. mit zwei Waffen auf die Polizisten.

Zeuge über Angeklagten Andreas S.: „Wir sind beide gute Christen“

Den Vater des getöteten Alexander K. kannte Andreas S. sogar persönlich. Der Vater des Polizisten sei ebenfalls Jäger gewesen, sagten Zeugen vor Gericht aus. Bei einigen Kaffeerunden seien sich der Tatverdächtige und der Vater des Opfers begegnet. Unmittelbar nach dem Tod seines Sohnes habe der Vater seinen Jagdschein abgegeben.

Andere Bekannte aus dem Jagdverein von Andreas S. schildern vor Gericht, dass der 39-Jährige viel Wert auf Tradition und das Einhalten von Regeln gelegt habe. Neben der Jagd sei der Tatverdächtige auch in der Gemeinde aktiv gewesen, erzählt Schulfreund Heiko S.: „Wir sind beide gute Christen“, sagt er. (jda)