Virologe: Lockerungen kommen nicht zu früh
Öffnen trotz Rekord-Inzidenzen - wie passt das zusammen? Streeck ordnet ein
Es hätte alles so schön sein können: Nachdem die Corona-Zahlen vor Kurzem endlich gesunken sind, steigen sie jetzt wieder an – und wie! Auch wenn die Freude über die nun anstehenden Corona-Lockerungen überwiegt: So ganz geheuer scheint einem die aktuelle Situation nicht zu sein. Am 20. März soll der nächste Öffnungsschritt stattfinden; vieles ist ab dann wieder erlaubt. Aber ist das überhaupt sinnvoll und mit den Rekord-Inzizenzen von über 1.300 vereinbar? Virologe Hendrik Streeck ordnet ein.
Lese-Tipp: Alle aktuellen Informationen zum Coronavirus finden Sie in unserem Live-Ticker auf RTL.de
"Es ist wichtig, nicht nur auf die Inzidenzen zu schauen, sondern auf die Hospitalisierungsrate"
Die Zahl der täglichen Corona-Neuinfektionen ist auf einen neuen Höchststand gestiegen. Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Donnerstag 262.752 Neuinfektionen binnen 24 Stunden, die Inzidenz liegt bei 1.388,5 (Stand: 10. März).
Aber: Vergangene Woche hatte das Bundesgesundheitsministerium noch erklärt, der Höhepunkt der Pandemie-Welle mit der hochansteckenden Omikron-Virusvariante sei überwunden. Die Bundesländer hatten erst am Freitag weitreichende Corona-Lockerungen umgesetzt, darunter zum Beispiel das Öffnen von Clubs und Diskotheken. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und Justizminister Marco Buschmann hatten am Mittwoch zudem einen Entwurf für ein abgespecktes Infektionsschutzgesetz vorgestellt, das den Großteil der Corona-Maßnahmen ab dem 20. März streicht. Die Länder sollen aber bis zum 3. April Zeit haben, die neuen Regelungen umzusetzen. Danach sollen umfassendere Maßnahmen zur Pandemie-Bekämpfung nur noch in sogenannten Hotspots erlaubt sein, also Regionen mit besonders hohen Corona-Fällen und einem belasteten Gesundheitssystem.
Lese-Tipp: Lauterbach plant Hotspot-Maßnahmen - was bedeutet das?
Trotzdem stellt sich die Frage: Können wir überhaupt noch optimistisch auf die bevorstehenden Lockerungen blicken – oder sind Öffnungen derzeit nicht eigentlich kontraproduktiv? Der Bonner Virologe Hendrik Streeck erklärt gegenüber RTL: „Es ist wichtig, nicht nur auf die Inzidenzen zu schauen, sondern auf die Hospitalisierungsrate. Und dort sehen wir im Moment – und auch auf den Intensivstationen im Übrigen – einen relativ flachen Verlauf, einen Rückgang.“ Selbst wenn wir einen Anstieg bei den Inzidenzen sehen – auch unter Geimpften: Das bedeute nicht gleich, dass die Lage angespannter werde, so Streeck weiter. Dennoch müsse man das weitere Infektionsgeschehen weiter beobachten.
Leicht übertragbare Subvariante von Omikron - BA.2 - breitet sich weltweit aus
Streeck geht davon aus, dass die Lockerungen nicht zu früh kommen, man die verschiedenen Eindämmungsmaßnahmen aber getrennt voneinander betrachten müsse. Zum einen gibt es nämlich die Regeln, „von denen wir gar nicht so genau wissen, ob sie überhaupt einen Effekt haben, wie zum Beispiel die 2- oder 2+G-Regel.“ Das Tragen einer Maske hingegen sei äußerst effektiv gewesen und mache Sinn. „Ich denke daher ist es ein guter Zeitpunkt, nach und nach und behutsam einzelne Maßnahmen zurückzunehmen und darauf zu verweisen, dass bestimmte Regeln wirklich sinnvoll sind und jeder sich daran halten sollte.“ Ebenfalls sinnvolle Maßnahmen seien das Impfen und Boostern.
Wo man dennoch weiterhin vorsichtig sein sollte? In Innenräumen, wo keine Maske getragen wird: „Das Infektionsgeschehen findet noch immer vornehmlich in Innenräumen statt und nicht draußen. Draußen ist die Übertragung viel unwahrscheinlicher, anders ist es hingegen in Bars und Clubs. Da kann es bei einem so hohen Infektionsgeschehen wie aktuell durchaus zu Übertragungen kommen.“
Dass die Zahlen überhaupt wieder so ansteigen, begründet Hendrik Streeck unter anderem mit der Subvariante von Omikron BA.2. Sie sei noch einmal leichter übertragbar als Omikron selbst: „Wir sehen weltweit, dass sie das Geschehen übernimmt.“ Man müsse sich allerdings keine großen Sorgen machen, weil Menschen nicht schwerer erkranken als an BA.1 oder etwa anderen Virus-Mutationen wie Alpha oder Delta. (vdü)
Lese-Tipp: Wie geht's weiter mit Corona? Experten nennen vier Szenarien
Empfehlungen unserer Partner
VIDEO-PLAYLIST: Alles, was Sie über Corona wissen müssen
Playlist: 30 Videos
Spannende Dokus zu Corona gibt es auf RTL+
Das große Geschäft mit der Pandemie: Ausgerechnet in einer Zeit, in der jeder um seine Gesundheit bangt, finden Betrüger immer wieder neue Wege, illegal Geld zu machen. Ob gefälschte Impfpässe, negative Tests oder Betrügereien in den Testzentren – die Abzocke lauert überall. Sogar hochrangige Politiker stehen in Verdacht, sich während der Corona-Zeit die eigenen Taschen vollgemacht zu haben. Unsere Reporter haben europaweit recherchiert – die ganze Doku auf RTL+.