Junge hatte immer wieder blaue Flecken

Nick (2) tot gequält - Freund der Mutter vor Gericht: "Jetzt, wo er tot ist, habe ich ihn irgendwie doch gemocht"

Relativ regungslos und ohne jegliche Emotionen verfolgt Manfred B. das Verfahren gegen sich. Der 33-Jährige muss sich vor dem Landgericht Ellwangen wegen der Tötung und Misshandlung des 23 Monate alten Nick verantworten. Zum Prozessbeginn schwieg der Angeklagte zu den Vorwürfen. Diana L., die Mutter des kleinen Nick, macht sich indes im RTL-Interview schwere Vorwürfe.

25.04.2022, Baden-Württemberg, Ellwangen: Ein Mann sitzt im Landgericht mit gesenktem Kopf auf der Anklagebank neben seinen Verteidigerinnen Sandra Ebert (l) und Sarah Schwegler. Der Mann soll das Kleinkind seiner Lebensgefährtin so schwer misshandelt zu haben, dass es starb. Foto: Stefan Puchner/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Vor dem Landgericht Ellwangen begann der Prozess wegen des Mordes an einem Kleinkind.
puc htf, dpa, Stefan Puchner

Bopfingen: Wurde der kleine Nick vom Freund der Mutter zu Tode geprügelt?

Er sollte sich um den kleinen Nick kümmern, der Junge wurde ihm von seiner Lebensgefährtin anvertraut – doch wenige Monate später ist das Kind tot. Nick wurde nur 23 Monate alt, mutmaßlich tot geprügelt vom Freund der Mutter.

Die Staatsanwaltschaft wirft Manfred B. vor, das knapp zwei Jahre alte Kind seiner Lebensgefährtin aus Bopfingen (Ostalbkreis) im September und Oktober 2021 mehrfach schwer misshandelt und letztlich durch einen Tritt in den Bauch getötet zu haben. Motiv für die mutmaßliche Tat soll Hass sein. Denn das Kind soll seinem leiblichen Vater sehr ähnlich gesehen haben. Das habe der Angeklagte nicht ertragen können, heißt es. Im RTL-Interview erinnert sich Diana L. an die Tatnacht:

„In der gleichen Nacht, wo wir vom Krankenhaus zurückgekommen sind, da hat er dann vor meinem Großen und mir gesagt gehabt: Jetzt, wo er tot ist, habe ich ihn irgendwie doch gemocht. Und als er noch gelebt hat, habe ich ihn gehasst.“

Die Staatsanwaltschaft hat Manfred B. deshalb wegen Mordes und Misshandlung von Schutzbefohlenen angeklagt und führt dazu Grausamkeit und niedere Beweggründe an. Die Schwurgerichtskammer des Landgerichts sieht diese Mordmerkmale jedoch als nicht gegeben und hat die Anklage nur wegen Totschlags zugelassen.

Mutter Diana L. macht sich selbst schwere Vorwürfe

Nicks Mutter Diana L. ist am Boden zerstört. Dass ihr Lebensgefährte zu solch einer Tat imstande sein soll, hätte sie niemals gedacht. „Ich habe ihm blind vertraut“, erzählt L. im RTL-Interview. „Er hat sich vor mir immer rührend um die Kinder gekümmert, hauptsächlich auch mit dem Kleinen. Er ist auch viel raus gegangen, zumindest mit dem Leon (dem ältesten Sohn, Anm. der Redaktion). Ich frage mich heute noch, wie das passieren konnte.“ Sogar ihr ältester Sohn habe sie auf die blauen Flecken angesprochen, erinnert sich Diana L. „Ich habe natürlich schon mehr geguckt, weil mein Großer gesagt hat: Mensch, guck mal bisschen mehr danach. Bist du dir wirklich sicher, dass Nick ständig hinfällt?“ L. spricht ihren Lebensgefährten auf die Vermutung an, der reagiert extrem aggressiv. „Wenn dein Großer so etwas noch behauptet, schlage ich ihn durch die ganze Wohnung durch“, soll Manfred B. gesagt haben.

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Wegen unterlassener Hilfeleistung: Auf Diana B. wartet eigenes Verfahren

„Ich hätte niemals gedacht, dass er so ein Mensch ist. Ich habe mir schon selber gewünscht an meinem Sohn seiner Stelle zu sein“, sagt Diana B. den Tränen nah. Nicks Mutter muss sich auch wegen unterlassener Hilfeleistung in einem gesonderten Verfahren vor Gericht verantworten. Gleich zu Beginn des dritten Prozesstages verweigerte die Mutter des toten Jungen daher die Aussage.

Landgericht Ellwangen: Urteil soll Anfang Juni fallen

Der kleine Nick war am 21. Oktober 2021 zur Wiederbelebung in ein Krankenhaus gekommen und ist dort gestorben. Einen Tag nach seinem zweiten Geburtstag wurde der Junge beigesetzt. Schnell richtete sich der Verdacht gegen den damals 32-Jährigen, der das Kind seiner Lebensgefährtin laut Staatsanwaltschaft mehrfach allein betreut haben soll. Der Angeklagte sitzt seit Oktober in Untersuchungshaft. Für den Prozess sind elf Verhandlungstage bis Anfang Juni geplant.

Häusliche Gewalt: Hier finden Betroffene Hilfe

Allein im Jahr 2020 sind 158.477 Betroffene häuslicher Gewalt polizeilich registriert worden, Frauen, Männer und auch Kinder. Die Dunkelziffer ist vermutlich deutlich höher. Es zeigt: Immer mehr Deutsche werden im scheinbaren Schutz des eigenen Heims geschlagen und missbraucht. Bei welchen Anlaufstellen Opfer und Angehörige Hilfe finden, erfahren Sie hier. (kra)