Der Verdächtige läuft frei herum
Nach mutmaßlicher Vergewaltigung: Astrid wartet seit drei Jahren auf einen Prozess
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von Franziska Carla Starck und Kai Ziemen
Es ist der 1. Mai 2019, als Astrid auf einer Party einen jungen Mann kennenlernt. Sie geht mit ihm nach Hause. Dort kommt es Astrid zufolge erst zu Handgreiflichkeiten – dann soll er sie vergewaltigt haben. Astrid erstattet Anzeige, der mutmaßliche Täter wird geschnappt. Aber erst drei Jahre später soll es auch zum Prozess kommen.
Wie Astrid damit umgeht, dass ihr mutmaßlicher Vergewaltiger frei herumläuft, sehen sie im Video.
Aus Mangel an Beweisen freigelassen
Kurze Zeit nach der mutmaßlichen Tat schnappt die Polizei den Verdächtigen. Auch belastende Videos stellen die Beamten sicher. In Untersuchungshaft kommt der Mann mangels Haftgründen trotzdem nicht. „Die Staatsanwaltschaft hat das so begutachtet, dass das wohl im Einvernehmen stattgefunden hat. Die haben ihn wieder gehen lassen – weil er wohl noch nie auffällig geworden ist“, erzählt Astrid im RTL Nord-Interview.
Astrid sei kein Einzelfall
Die schwierige Beweislage sei einer von vielen Gründen, die Opfer sexueller Gewalt von einer Anzeige abschrecken, so die Opferhilfe Hamburg. „Dann kommt noch dazu, dass der Prozess erst viel später überhaupt beginnt. Dann das Risiko, dass man dem Täter oder der Täterin gegenüber sitzen muss. Die große Angst, dass einem nicht geglaubt wird. Oder dass man selber Schuld zugesprochen bekommt“, erklärt Iris Hannig. Laut einer Studie des Bundesfamilienministeriums hat jede siebte Frau in Deutschland mindestens einmal sexuelle Gewalt erlebt. In nur neun Prozent der Fälle wird demnach Anzeige erstattet.
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Behörden zum Teil überlastet
Allein in Hamburg bearbeitet das Landeskriminalamt gerade knapp 660 Fälle sexueller Gewalt. Das führt offenbar zu Engpässen: Laut Polizei liegen insgesamt 81 Fälle unbearbeitet auf Eis. Dies seien aber keine schweren Taten. "Die Anzahl überschreitet die Kapazität der Sachbearbeiter. Das sind Belastungsspitzen, das kennen wir auch aus anderen Bereichen. Aber letztendlich ist es kontinuierliche Führungsaufgabe, solche Belastungsspitzen zu erkennen und Maßnahmen dagegen zu treffen", heißt es von Polizeisprecher Holger Vehren. Delikte wie Vergewaltigung hätten aber höchste Priorität in der Bearbeitung, so die Polizei.