Sie wurde 1987 in Paris getötet

Serienkiller nach 35 Jahren enttarnt: Mord an deutschem Au-pair (20) aufgeklärt

Mit einem Phantombild jagte die französische Polizei den in den Medien als "Le Grêlé" bezeichneten Serienmörder François Vérove.
Mit einem Phantombild jagte die französische Polizei den in den Medien als "Le Grêlé" bezeichneten Serienmörder François Vérove.
Polizei

Am Donnerstagabend war in einer Mietwohnung in Südfrankreich die Leiche des pensionierten Polizisten François Vérove gefunden worden. Der 59-Jährige hat sich das Leben genommen – und der Nachwelt einen brisanten Abschiedsbrief hinterlassen. Es ist das Geständnis eines Serienkillers, der in den 80er und 90er-Jahren im Großraum Paris sein Unwesen trieb. Auch eine Deutsche ist unter den Opfern des „Pockennarbigen“.

Video: Hier fand die Polizei die Leiche des Killers

Killer quälte Irmgard M. und Arbeitgeber mit Messer und glühender Zigarette

„Ich gestehe, ein großer Krimineller zu sein, der bis Ende der Neunzigerjahre unverzeihliche Taten begangen hat“, zitiert „Le Parisien“ aus dem Abschiedsbrief. Ein DNA-Abgleich mit Tatort-Spuren bestätigte die ungeheuerliche Aussage: Der pensionierte Polizist François Vérove ist der „Pockennarbige“, ein Phantom, das die französische Polizei mehr als 35 Jahren gejagt hat. Auf sein Konto gehen Vergewaltigungen und mindestens drei Morde zwischen 1986 und 1994 im Großraum Paris, wie unter anderem „Le Figaro“ und „Le Parisien“ berichten:

7. April 1986, Sarah (8), wird in ihrem Pariser Wohnhaus überfallen. Den Eltern erzählt sie später, der Täter habe sich als Polizist ausgegeben und ein vernarbtes Gesicht gehabt. Er habe sie im Aufzug angesprochen, in den Keller gebracht und dort mit einem Schal so lange gewürgt, bis er die Schülerin für tot hielt. Tatsächlich hatte die Kleine nur das Bewusstsein verloren.

5. Mai 1986: Cécile Bloch (11) wird im dritten Untergeschoss ihres Wohnhauses im 19. Pariser Arrondissement tot aufgefunden. Das Kind ist in einen schmutzigen Teppich eingerollt worden, nachdem es vergewaltigt, erstochen und erwürgt worden war. Ein Zeuge sprach auch hier von einem Mann mit unebenmäßiger Haut. In den Medien bekommt der Täter, den die Polizei mit Phantombild jagt, schnell den Spitznamen „Le Grêlé“. „Der Pockennarbige“.

29. April 1987, das deutsche Au-pair-Mädchen Irmgard M. (20) und ihr Arbeitgeber, der 38-jährige Gilles Politi werden erdrosselt. Ihr Mörder war in die Wohnung im Pariser Stadtteil Marais eingedrungen und hatte die beiden mit einem Messer und einer glühenden Zigarette gefoltert.

26. Oktober 1987, ein Mann bedroht die 14-jährige Marianne mit einer Waffe und zwingt sie zu ihrem Haus, wo er sie vergewaltigt. Das Opfer beschreibt die Haut seines Angreifer später jedoch als „glatt“.

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Rätsel um Pariser Serienkiller „Le Grêlé“gelöst: ein bittersüßes Ende

Erst mithilfe von moderner Ermittlungstechnik konnten die Ermittler später einen Zusammenhang zwischen all diesen Taten, weiteren Vergewaltigungen und sexuellen Übergriffen herstellen und beweisen, dass ein und derselbe Täter hinter den Verbrechen steckt: François Vérove. Ein Cold Case, der nach rund 35 Jahren intensiver Polizeiarbeit mit dem Freitod des Mannes abgeschlossen werden kann. Ein bittersüßes Ende.

„Es ist einerseits frustrierend zu wissen, dass er der Justiz all die Jahre entwischen konnte und es keinen Prozess gegeben hat, aber andererseits auch eine Erleichterung, dass ihn seine Verbrechen endlich eingeholt haben“, sagte Jean-Claude Disses, Anwalt der Familie von Cécile Bloch, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ zufolge.

DNA-Massentest: Ermittler erhöhen Druck - François Vérove begeht Suizid

Zuletzt hatte sich die Schlinge der Ermittler immer enger zugezogen. Immer wieder hatte es Hinweise darauf gegeben, wonach der Killer ein Polizist sein könnte. Im Großraum Paris waren daraufhin im Lauf der letzten Monate 750 Gendarmen, die in der fraglichen Zeit in Paris stationiert waren, zu einer DNA-Probe aufgefordert worden – unter ihnen auch der 1962 geborene François Vérove, der die Polizeitruppe 1988 verlassen hatte, rekonstruieren „Le Figaro“ und andere französische Medien den Hergang der Ereignisse. Demnach sei Vérove für den 24. September vorgeladen gewesen, jedoch nicht zum Test erschienen. Drei Tage später habe seine Frau den 59-Jährigen vermisst gemeldet.

Am 29. September soll sich Vérove nach übereinstimmenden Berichten in seiner Wohnung in Grau-du-Roi am Mittelmeer mit einer Medikamenten-Überdosis das Leben genommen haben. Schriftlich legte er eine Beichte voller Reue ab, ohne dabei Namen von Opfern oder Details zu nennen. Das bestätigten Ermittler der französischen Nachrichtenagentur AFP. Demnach habe der Familienvater in dem Schreiben behauptet, er habe im Affekt gehandelt und seine Probleme später in den Griff bekommen. Seit 1997 habe er „nichts mehr getan“.

Patricia Tourancheau, Journalistin mit Schwerpunkt Kriminalität sagte im Podcast „L'Heure du Crime“: „Dass wir weitere Opfer finden werden, ist sicher.“ Die Liste ungeklärter Fälle sei lang, die Ermittlungen laufen auch nach dem Tod von François Vérove weiter, damit die Angehörigen und Opfer endlich Gewissheit bekommen.(cwa)