Kasseler Regierungspräsident von Neonazi erschossenMordprozess Lübcke: Stephan Ernst bezeichnet AfD-Demo als Auslöser

Es ist der 1. Juni 2019. CDU-Politiker Walter Lübcke (†65) wird auf seiner Terrasse mit einem Kopfschuss getötet. Neonazi Stephan Ernst soll den Regierungspräsidenten von Kassel mit seinem Komplizen Markus H. im Garten überrascht und dann brutal ermordet haben. Jetzt gestand der Hauptangeklagte Ernst vor Gericht: Die Teilnahme an einer AfD-Demo soll der Auslöser für die konkrete Planung der Tat gewesen sein.
Nach Schweigemarsch: Ernst wollte Lübcke "angreifen"
Im Prozess um den Mord an Walter Lübcke hat Neonazi Stephan Ernst seine Beteiligung an einer AfD-Kundgebung in Chemnitz am 1. September 2018 als Anlass für die Vorbereitung auf die Hinrichtung des Politikers beschrieben, berichtet der Evangelische Pressedienst. Gemeinsam mit dem Mitangeklagten Markus H. habe er am „Schweigemarsch“ teilgenommen, so Ernst am Montag vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt am Main.
Nach der Demo hätte das rechtsextreme Duo beschlossen, Lübcke in dessen Wohnort Wolfhagen-Istha „anzugreifen“. Während die Sonne bei knapp 30 Grad auf die traditionelle Weizenkirmes im Ort schien, wollten Ernst und sein Komplize den Politiker töten. Das beliebte Volksfest sei eine ideale Gelegenheit gewesen, um einerseits in der Menge unerkannt zu bleiben und andererseits den rechten Terror unter die Feiernden zu bringen, sagte Ernst in seiner ersten Vernehmung.
Killer-Neonazi machte Wahlkampf für die AfD

Doch bevor er die freudige Stimmung der Kirmes für seine Horror-Tat ausnutzte, radikalisierte sich Stephan Ernst weiter in den Kreisen der AfD. Zwar seien er und H. nicht Mitglied einer Partei, aber häufiger bei AfD-Stammtischen dabei gewesen, erklärte Ernst am Montag vor Gericht. Bei der Bundestagswahl 2017 habe er Wahlplakate für die AfD aufgehängt. Er sei mit H. in den letzten Jahren häufiger auf Kundgebungen der Partei und auf Demonstrationen gegen Gegendemonstranten gewesen, berichtet der Evangelische Pressedienst weiter.
Islamistische Terroranschläge in mehreren europäischen Ländern, die Übergriffe in der Kölner Silvesternacht durch Migranten sowie Hinrichtungsvideos der IS-Terrormiliz hätten sie zu der Überzeugung gebracht, die für die Flüchtlingsaufnahme verantwortlichen Politiker gehörten „erschossen, aufgehängt“. Als ein Deutscher von zwei Asylbewerbern in Chemnitz erstochen worden sei, hätten sie gedacht: „Es reicht“.
Komplize will sich weiter nicht äußern

Wie die Nachrichtenagentur weiter schreibt, habe die konkrete Planung an einem Apriltag 2019 auf einem Parkplatz stattgefunden. Ernst schilderte am Montag, dass das Duo vereinbart hätte, dass H. erst Lübcke schlagen und treten solle, bevor Ernst den tödlichen Schuss abgebe. Dass die Tat anders verlief, erklärte Ernst mit Hemmungen seines Mittäters, Lübcke zu schlagen.
Markus H. gibt sich im Verfahren weiter schweigsam. Ihm wird Beihilfe zur Last gelegt. CDU-Politiker Walter Lübcke war zu Lebzeiten wegen seines Einsatzes für die Aufnahme von Flüchtlingen öffentlich angefeindet und wiederholt mit dem Tode bedroht worden.