Am 8. November wird der Kongress neu gewählt
Midterms-Wahlen in den USA: Es geht um die politische Zukunft von Joe Biden

Kann Joe Biden die zweite Hälfte seiner Amtszeit durchregieren? Die Chancen stehen nicht gut. Am 8. November entscheiden die Menschen in den USA neu über die Mehrheiten in Senat und Repräsentantenhaus. Unser Washington-Korrespondent Christopher Wittich erklärt, warum die Wahlen so wichtig sind.

Bidens Umfrage-Werte im Keller - Donald Trump läuft sich warm
Wenn die Menschen nun in den USA einen neuen Kongress wählen, geht es um Joe Bidens Zukunft. Der 46. Präsident der USA steht selbst nicht zur Wahl aber seine Politik. Denn ohne Mehrheiten im Parlament wird das Regieren für Biden in den nächsten beiden Jahren sehr schwer. Und er muss in der zweiten Hälfte der Amtszeit glänzen, wenn er die Präsidentschaftswahl 2024 gewinnen will. Im Moment sind seine Umfragewerte im Keller. Dass er aber nochmal antreten will, hat er mittlerweile mehrfach beteuert.
Joe Biden ist schon jetzt der älteste Präsident im Amt, den die USA jemals hatten. Am 20.11. feiert der Demokrat seinen 80igsten Geburtstag. Seinen Wahlkampf für eine zweite Amtszeit 2024 würde er mit dann 82 Jahren bestreiten.
Aber auch Donald Trump läuft sich warm. Der Republikaner unterstützt ganz gezielt Kandidaten mit extremen Positionen. Sollten sie gewinnen, schulden sie Trump Loyalität, so sieht er es. Je mehr von ihnen durchkommen, je stärker ist Trumps Position für eine erneute Kandidatur. Es sind bei den Abgeordneten viele dabei, die im ländlichen Raum Punkte machen, weil sie Trumps Lüge von der gestohlenen Präsidentschafts-Wahl nacherzählen und Zweifel an der Demokratie und den Institutionen streuen, wo immer es geht. Aus mehreren Bundesstaaten werden Abgeordnete mit solchen Standpunkten im Kongress in Washington bald einen Sitz haben. Politische Kämpfe werden hässlicher, zumindest mal im Ton.
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Einen Präsidenten ohne Mehrheiten nennen die Amerikaner "Lame duck" - lahme Ente
Daran, dass die Republikanische Partei die Mehrheit der 435 Sitze im House of Representatives holt, zweifelt kaum noch ein Umfrage-Institut. Alle zwei Jahre müssen sich die Abgeordneten dort zur Wiederwahl stellen. Im Senat, der anderen Kammer ist es knapper. Schon jetzt gibt es dort eine Patt-Situation. 50 Sitze belegen die Republikaner, 50 Sitze die Demokraten. Die Geschäftsordnung des Kongresses sieht in solchen Situationen vor, dass die Vorsitzende Stimmrecht bekommt. Diesen Posten füllt die Vize-Präsidentin aus, Kamala Harris. Da sie Demokratin ist, haben die Demokraten somit eine Mehrheit von einer Stimme - und die wackelt.
100 Sitze gibt es im Senat, 35 werden neu vergeben und in mindestens fünf Bundesstaaten ist das Rennen wahnsinnig knapp. Der Abstand zwischen den Kandidaten liegt zwischen 0,3 und 2,5 Prozentpunkten. Auch diese Kammer könnten die Demokraten und damit Präsident Biden verlieren. Passiert das, hat er gar keine eigenen Mehrheiten mehr, um beispielsweise Ukrainehilfen freizusetzen, schärfere Waffen-Gesetze und die Stärkung der Abtreibungsrechte durchzubringen – für alles bräuchte er die Republikaner, und die werden sich quer stellen und blockieren. Eben weil dann Gesetzgebung und Einigungsprozesse ewig dauern, nennen die Amerikaner einen Präsidenten ohne Mehrheiten eine „Lame Duck“, eine lahme Ente.
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VIDEO: Millionen Menschen werden nicht satt - mitten in den USA!
In seiner Reportage zeigt Christopher Wittich, mit welchen Problemen die Amerikaner derzeit konfrontiert sind: Das wichtigste Thema bei den Wahlen ist das Leben, das immer teurer wird. Die Benzinpreise in nie gekannten Höhen, die Mieten in einigen Regionen komplett entfesselt – doch für immer mehr Familien geht es um noch grundsätzlicheres. Millionen Menschen werden nicht mehr satt, weil das Geld nicht reicht für Lebensmittel – und das obwohl viele von ihnen arbeiten.
Verliert Biden die Mehrheiten wird er in der Amtszeit keine Fortschritte vorweisen können
Kommt es so, wird die Bilanz von Joe Biden gegen Ende der Amtszeit kaum nennenswerte Fortschritte offenbaren und der politische Gegner würde auf das Weiße Haus zeigen und ihm Tatenlosigkeit vorwerfen. Das könnte den einfachen Parolen Donald Trumps Aufwind bringen. Über die neuen Abgeordneten, die es als Trump-Anhänger ins Parlament geschafft haben, werden dann diese Parolen auch im Parlament verbreitet. Eine größere Aufmerksamkeit ist ihnen dadurch sicher.
Es geht also am kommenden Dienstag nicht nur um einen neuen Kongress – es geht auch um die politische Macht des Präsidenten. Die Aussichten sind nicht gut, für Joe Biden. Aber noch wird Wahlkampf betrieben, nächsten Dienstag wird abgestimmt. Nach einem Gesetz von 1848 findet diese Wahl übrigens immer am Dienstag nach dem ersten Montag im November statt. Damals waren die Argumente für den Zeitpunkt: Die Ernte ist vorbei, der strenge Winter mit eiskalten Temperaturen aber noch nicht da – das sollte für eine möglichst hohe Wahlbeteiligung sorgen. Die wäre auch im Jahr 2022 ein Gewinn für die Demokratie.
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