Schlafwandler-Prozess in Lübeck
Ex-Staatsanwalt wegen Vergewaltigung seines Sohnes verurteilt
Jetzt ist das Urteil da!
Die Staatsanwaltschaft Lübeck hat einen Ex-Staatsanwalt wegen sexuellen Missbrauchs und Vergewaltigung seines Sohnes zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.
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Mann wegen Vergewaltigung verurteilt
Das Urteil bedeutet auch: Die Kammer glaubt der Version des Angeklagten nicht, dass er während der Tat geschlafwandelt haben könnte. Der Mann hat sich während des Prozesses nicht zu den Vorwürfen geäußert.
Staatsanwaltschaft hielt Verurteilung für unwahrscheinlich
Dass sich das Landgericht überhaupt mit dem Fall beschäftigt hat, liegt an der Nebenklage. Denn sowohl die Kieler Staatsanwaltschaft als auch die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein hielten eine Verurteilung ihres ehemaligen Kollegen für unwahrscheinlich. Daher stellten sie frühere Ermittlungsverfahren gegen ihn ein. Der Grund: Es sei nicht abschließend zu klären gewesen, ob der Mann während der Tat tatsächlich geschlafwandelt ist oder nicht.
Die Mutter des Kindes wollte sich damit nicht zufriedengeben. Nach einem erfolgreichen sogenannten Klageerzwingungsverfahren vor dem Oberlandesgericht musste die Staatsanwaltschaft schließlich Anklage gegen ihren Ex-Mann erheben.
War Stress bei der Arbeit der Auslöser für die Tat?
Der Ex-Staatsanwalt hatte zuerst angegeben, sich an nichts erinnern zu können und später behauptet, er sei geschlafwandelt. Die fehlende Erinnerung könne der Wahrheit entsprechen, es könne aber auch eine Schutzbehauptung sein, heißt es am Mittwoch in der Urteilsbegründung. Die Kammer geht davon aus, dass die Tat eine „dysfunktionale Bewältigungsstrategie“ gewesen sein könnte, weil der Mann unter anderem beruflichen Stress gehabt haben soll.
Beim Schlafwandeln kommt es zu motorischen Aktivitäten, obwohl die Person nicht richtig wach ist. Grundsätzlich sei es dann möglich, Dinge zu tun, die im wachen Zustand nicht dem eigenen moralischen Kompass entsprechen, meint Thomas Pollmächer vom schlafmedizinischen Zentrum im Klinikum Ingolstadt im Gespräch mit der Deutschen Presseagentur.
Urteil nach Missbrauch an Kind
Können Sexualstraftäter sich also in Zukunft darauf berufen, sie hätten die Tat beim Schlafwandeln begangen? Im Falle eines Freispruchs für den Angeklagten, wäre das wohl nicht auszuschließen gewesen. „Wir hatten ja die Sorge, dass das Ganze Schule macht und dann von anderen diese rein theoretische Möglichkeit zum Anlass genommen wird, sich damit zu verteidigen“, sagt Lena Alpay-Esch, die Anwältin des Sohnes, im RTL-Interview. „Ich glaube auch, dass große Erleichterung eintritt, weil der Angeklagte nach wie vor Umgang (mit seinem Sohn – Anm. d. Red.) fordert und das mit diesem Urteil für die nahe Zukunft sicherlich erstmal ausgeschlossen werden kann“.
Die Verteidiger des Angeklagten haben bereits angekündigt, das Urteil anzufechten und in Revision zu gehen. Auch die Staatsanwaltschaft prüft jetzt, die nächste Instanz. Neben der Verteidigung hatte auch der Staatsanwalt in seinem Plädoyer den Freispruch des Mannes gefordert. Für die Anklagebehörde ist ein solches Plädoyer eher selten.(dka/rhe)