Jahrelang sexuell missbraucht

Das war kein Kuscheln! Katha Rosa singt über das Monster ihrer Kindheit

Katha Rosa verarbeitet in ihren Songs ihre schreckliche Vergangenheit.
Katha Rosa verarbeitet in ihren Songs ihre schreckliche Vergangenheit.
RTL Nord
von Laura Rihm und Nicole Ide

Mobbing, Depressionen und sexueller Missbrauch - was Musikerin Katha Rosa als Kind durchmacht, ist erschreckend.
Es dauert Jahre, bis ihr Peiniger, der Lebensgefährte ihrer Mutter vor Gericht steht. Das Urteil fühlt sich nicht angemessen an und Katha Rosa sucht sich ihren eigenen Weg, mit der quälenden Vergangenheit fertig zu werden.
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"Musik ist mein bester Freund"

Viele Opfer von sexuellem Missbrauch schweigen aus Scham, aus Angst und weil sie keinen Menschen an ihrer Seite haben, der ihnen glaubt. So ging es auch der Hamburger Musikerin Katha Rosa, sie wurde als Kind mehrfach von dem Lebensgefährten ihrer Mutter missbraucht. „Musik ist mein bester Freund, ich habe damit ganz viel verarbeiten können, das war immer wie ein Ventil, wo man alles rauslassen kann“, erklärt sie im Interview mit RTL in ihrem Hamburger Tonstudio.In ihrem Song singt sie: „Sie schreien: ‚Hey Mädchen, du siehst echt immer fetter aus.‘ Keiner weiß, dass sie nur isst, damit er sie nicht mehr missbraucht. Mama hat zugenommen und das macht ihn nicht mehr geil.“

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Mit elf Jahren das erste Mal sexuell missbraucht

Vom Lebensgefährten ihrer Mutter missbraucht. Katha Rosa sagt, er habe meine Kindheit zerstört.
Vom Lebensgefährten ihrer Mutter als Kind missbraucht. Katha Rosa sagt, er habe meine Kindheit zerstört.
RTL Nord

Katha Rosa erzählt, sie sei elf Jahre alt gewesen, als ihr Stiefvater sich regelmäßig an ihr und ihrer Zwillingsschwester vergeht. „Das war dann so, dass ich morgens irgendwie einen Kaffee ans Bett bringen sollte oder abends ein Bier“, beschreibt Katha die übergriffigen Situationen zu Hause. „Und dann in dem Zuge, wenn man schon am Bett stand, hat er mich festgehalten und zu sich ins Bett gezogen und gekuschelt - was aber kein Kuscheln war.“ Als sie dann älter wird, sei er dann auch nachts in ihr Zimmer gekommen. „Ich bin dann davon wachgeworden, dass die Tür aufging und er sich zu mir ins Bett gelegt hat und mich missbraucht hat.“

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Ihr Peiniger schlägt sie, damit sie schweigt

Der damals 36-Jährige zwingt die beiden Mädchen auch, mit ihm zu baden, so Katha Rosa. Auch mental habe er Druck ausgeübt, damit die Mädchen schweigen. „Der hat uns dann auch geschlagen, wenn wir uns nicht so verhalten haben, wie er es wollte.“ Und die Schwestern sollten sagen: „Ich habe dich lieb, Papa“, obwohl beide ihn nicht als ihren Papa angesehen haben.

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Katha Rosa findet keine Hilfe

Hilfe habe sie damals nicht bekommen, blickt Katha Rosa zurück. Damals habe sie immer wieder versucht, sich jemandem anzuvertrauen. Mitschüler sagten ihr daraufhin, sie wolle ja nur Aufmerksamkeit. Ein Sozialarbeiter habe auch bei ihr Zuhause angerufen, aber es folgten Prügel. Ihre Oma habe ihr geraten, auszuharren bis sie volljährig ist und dann einfach auszuziehen. Und ihre Mutter habe den Schrei ihrer Kinder nicht gehört, sie habe es einfach nicht gecheckt. „Ich glaube, man selber will das auch einfach nicht wahrhaben, dass der Freund, mit dem man zusammen ist, den man liebt und dem du vertraust, dass der ein Monster ist“, resümiert Katha.

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Mit 16 Jahren vertraut Katha Rosa sich endlich ihrer Mutter an

Aber endlich mit 16 Jahren, bricht es auf einer Autofahrt aus ihr heraus. Sie berichtet ihrer Mutter im Detail, was in ihrem Kinderzimmer passiert. Diese stellt ihren Lebensgefährten erstmals zur Rede, wirft ihn raus und ermutigt ihre Töchter zur Anzeige. „Er hat es nicht gestanden. Die Psychologin hat gesagt, wir sagen die Wahrheit. Aussage gegen Aussage.“ Dann sei der Fall vertagt worden und Jahre seien vergangen. Erst als sie volljährig ist, wird der Prozess wieder aufgenommen. Der Ex-Freund ihrer Mutter wird zu zwei Jahren Bewährungsstrafe und 3.000 Euro Schmerzensgeld verurteilt.

Täter lebt jetzt mit neuer Familie zusammen

„Ich fands einfach unfair, dass er meine Kindheit zerstört hat - jahrelang und dann einfach so rausspaziert“, ist Kathas Kommentar zur Bewährungsstrafe. „Was ich dann auch schlimm fand, ist, dass er dann wieder eine neue Frau hatte mit Kindern.“ Die Vergangenheit kann Katha Rosa nicht ändern, aber ihrer Mutter hat sie vergeben. Jetzt lässt sie sich den Mund nicht mehr verbieten und in ihren Songtexten schreit sie das heraus, was sie erlebt hat. Vor zweieinhalb Jahren stellt sie erstmals ihren Song "Du kannst mir nicht wehtun" auf TikTok und geht damit viral. „Ganz viele haben geschrieben: Danke, dass du das aussprichst, mir ist es auch passiert“, so die Musikerin. Laut Kriminalstatistik werden in Deutschland jeden Tag 48 Kinder Opfer sexueller Gewalt. Darüber zu reden oder zu singen, das weiß Katha Rosa heute, hilft - ihr selbst und auch anderen.

Hilfsangebote für Betroffene

Seid Ihr Opfer von sexuellem Missbrauch oder habt etwas beobachtet? Dann wendet Euch an das Hilfe-Telefon. Unter der 0800-22 55 530 werden Kinder, Jugendliche und Erwachsene vertraulich beraten. Auch online unter www.hilfe-telefon-missbrauch.online gibt es Hilfe.