Trotz Gefängnisurteil
Haftverschonung: Linksextremistin Lina E. kommt vorerst frei!
Zum Gefängnis verurteilt, aber trotzdem auf freiem Fuß? Wie geht das denn?
Die als linke Gewalttäterin zu fünf Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilte Lina E. kommt nach zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft vorerst frei. Der Haftbefehl gegen sie werde gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt, sagte Hans Schlüter-Staats, Vorsitzender Richter der Staatsschutzkammer am Oberlandesgericht Dresden, am Mittwochabend zum Abschluss der Urteilsbegründung.
Proteste im Gerichtssaal nach Urteilsverkündung
Die Reststrafe muss sie erst verbüßen, falls das Urteil rechtskräftig wird.
Dass Lina E. einen Großteil der Strafe bereits in U-Haft abgesessen hat, soll einer der Gründe sein. Zudem soll sie sich in bisheriger Haft mustergültig verhalten zu haben. Demnach wäre eine verminderte Strafe wegen guter Führung denkbar.
Sie muss sich nun zweimal wöchentlich bei der Polizei melden, darf den in der Akte vermerkten Wohnsitz nur mit Zustimmung des Gerichts wechseln und muss nach ihrem Reisepass auch den Personalausweis abgeben.
Das Oberlandesgericht hatte die mutmaßliche Linksextremistin wegen mehrerer Angriffe auf Rechtsextreme verurteilt. Es ließ Revision zu.
Die 28-jährige Studentin E. und drei weitere Angeklagte haben zwischen 2018 und 2020 diverse Mitglieder aus der rechten Szene in Leipzig, Wurzen und Eisenach brutal zusammengeschlagen. Alle seien der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung schuldig, so das Gericht.
Nach der Urteilsverkündung wurden Zwischenrufe wie "Feuer und Flamme der Repression" und "Schweinesystem, weil ihr Fascho-Freunde seid" laut. Richter Schlüter-Staats ließ die Verhandlung unterbrechen und die Störer aus dem Gericht bringen.
Gericht bleibt unter Forderung der Bundesanwaltschaft
Die drei Mit-Angeklagten E.s wurden ebenfalls zu Haftstrafen verurteilt: Lennart A. muss als Mitglied der Vereinigung für drei Jahre ins Gefängnis. Jannis R. wurde als Unterstützer zu zwei Jahren und fünf Monaten verurteilt. Phillip M. muss wegen Unterstützung der kriminellen Vereinigung und wegen einer Tat in Berlin für insgesamt drei Jahre und drei Monate hinter Gitter.
Die Bundesanwaltschaft hatte für Lina E. acht Jahre Haft gefordert. Die Verteidigung kritisierte das Verfahren als „politischen Prozess“ und hatte Freisprüche gefordert.
Bis zum Urteil fielen fast 100 Verhandlungstage an. Lina E. saß seit zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft. Die anderen Angeklagten waren bis zum Urteil auf freiem Fuß.
Empfehlungen unserer Partner
Video: Linksradikale sollen Brandanschlag geplant haben
30 weitere Videos
Linke und Unterstützer kündigen Proteste an
Das Ende des Prozesses fand unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen statt. Zuschauer und Medienvertreter konnten den Verhandlungssaal nur durch Sicherheitsschleusen betreten.
In der linken Szene wurde zu Demonstrationen für Lina E. und ihre Mitstreiter aufgerufen. Etwa 50 Menschen protestierten vor der Urteilsverkündung. Im Tagesverlauf waren Kundgebungen in Dresden und Leipzig geplant. Für Samstag wurde bundesweit zu Protesten aufgerufen. Sicherheitsbehörden befürchten Ausschreitungen. Ein Großaufgebot der Polizei soll im Einsatz sein. (dpa/uvo/tpo)